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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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Ende hatte Maite alles und Christina nichts.
    Ángels Schwester und ihr Mann hatten damals, sofort nach
Christinas Verurteilung, das alleinige Sorgerecht für Manuel und Isabel
beantragt. Christina hatte vernünftig sein und an das Wohl der Kinder denken
müssen. Deshalb hatte sie sofort bereitwillig in diese Regelung eingewilligt.
Die Kinder hatten niemanden mehr gehabt. Ihr Vater war tot, und ihre Mutter für
zehn Jahre weg vom Fenster. So hatte sie den beiden Kleinen wenigstens ein
Aufwachsen in einem fremden Umfeld ersparen können und ihnen die Möglichkeit
geboten, bei ihrer Familie, in ihrer gewohnten Umgebung aufzuwachsen.
    Maites Augen waren nur noch schmale, blitzende Öffnungen.
„Du wagst dich noch hier hin? Ich wusste ja, dass du ganz schön frech sein
kannst, Christina, aber so dreist? Was willst du von uns?“
    Christina verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte
äußerlich gelassen zu wirken. Nur nicht aus der Ruhe bringen lassen! Das wird
dich nicht voran bringen, empfahl sie sich selbst. „Guten Tag, Maite! Mein
Besuch gilt eigentlich nicht dir. Ich bin hier, um meine Kinder zu sehen. Also,
kann ich jetzt bitte mit Manuel sprechen?“
    Maite tobte. Sie geriet vollkommen aus dem Häuschen. „Ha!
deine Kinder? Du hast keine Kinder mehr, muchacha! Kannst du sie nicht in Ruhe
lassen? Hast du ihnen nicht schon genug angetan? Du hast unsere Familie
zerstört! Du hast alles kaputt gemacht, Christina! Meine Mutter ist ein
innerliches Wrack. Mein Vater ist ein gebrochener alter Mann. Sie sind niemals
über Ángels Tod hinweggekommen! Du müsstest die beiden Alten mal sehen, wie
hinfällig sie sind.“ Maite hob drohend ihre Lautstärke. „Du wirst die Finger von
den Kindern lassen! Wir leben hier unser Leben, und für dich ist da kein Platz
mehr! Haben wir uns verstanden, Christina? Ich habe mich in den letzten Jahren
um Manuel und Isabel gekümmert. Ich kann dir versichern, dass es ihnen sehr gut
geht. Sie brauchen dich nicht! So, und jetzt geh’ bitte, und komm nie wieder
hier her!“
    Christina stand immer noch unverändert vor dem Schreibtisch.
„Bist du fertig, Maite?“, fragte sie ruhig, aber mit fester Stimme. Ihre
Schwägerin antwortete nicht. „Okay, dann hörst du mir jetzt zu! Manuel und
Isabel sind meine Kinder. Da gibt es nun einmal nichts dran zu rütteln. Ich
denke, der Junge ist erwachsen genug, um selber zu entscheiden, ob er mit mir
reden will, oder nicht. Ich sagte es damals schon, und jetzt sage ich es dir ein
letztes Mal: Dein Bruder hat mein Leben zerstört! Ich habe mich nur gewehrt,
sonst wäre ich dabei draufgegangen. Ich erwarte nicht, dass die Zwei mich mit
offenen Armen empfangen, aber ich MUSS mit ihnen sprechen.“ Christina redete
nun vollkommen leise weiter. Sie hatte einen dicken Kloß im Hals und konnte
kaum noch die Tränen zurückhalten. „Du kannst ganz beruhigt sein. Ich habe
nicht vor in Spanien zu bleiben, keine Angst! Ich werde euch nicht belästigen.
Ich nehme morgen früh den ersten Flieger nach Deutschland und werde nie wieder
einen Fuß in dieses Land setzen. Ich will dir niemanden abspenstig machen.“
    Sie waren inzwischen nicht mehr alleine im Zimmer. Christina
hatte das überhaupt nicht registriert. Lediglich an Maites entgeistertem
Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, dass etwas geschehen war. Sie blickte
sich um.
    Vor ihr stand ein Abbild ihrer selbst. Manuel hatte die
gleiche Gesichtsform, die ununterscheidbaren rehbraunen Augen und das
identische dunkelbraune Haar seiner Mutter. Er war größer als sie, mindestens einen
Meter Fünfundachtzig, kräftig gebaut, aber dennoch gertenschlank. Christina war
nicht in der Lage etwas zu sagen. Sie war ganz und gar ergriffen vom Anblick
ihres Ältesten.
    Maite versuchte ihrem Neffen die Situation begreiflich zu
machen. „Manuel, das ist deine Mutter. Man hat sie wohl aus dem Gefängnis
entlassen, und sie möchte mit dir reden.“
    Manuel schaute Christina stählern in die Augen. „Was will
denn meine Mutter mit mir besprechen?“, fragte er bitter. Christina schluckte
einmal kräftig. Es war genau ihr Komm-mir-bloß-nicht-zu-nahe-Blick, der sie
eisig traf. „Manuel, ich konnte dir so Vieles niemals erklären, und ich würde
das heute gerne tun.“
    Christina hatte ihre Entschlossenheit wiedergefunden. Sie
sprach ganz entspannt und saugte dabei das Aussehen ihres erwachsenen Sohnes
auf. Sie konnte nicht anders. Sie musste ihn berühren, nur einmal anfassen.
Spontan nahm sie seine Hand, doch

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