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Das rätselhafte Iksilon

Das rätselhafte Iksilon

Titel: Das rätselhafte Iksilon
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Die Zeit geht rückwärts
     
    Einmal nach dem Abendessen kündigte uns meine Mutter an, dass uns alle am kommenden Wochenende eine Überraschung erwartete. Unsere Verwandten, drei alte Tanten, die manchmal komisch waren, und ein uralter Onkel, hatten nämlich Bescheid gegeben, dass sie uns mal wieder besuchen wollten. So stand es schwarz auf weiß in dem Brief. Besser gesagt, blau auf weiß, denn der Brief war mit blauer Tinte geschrieben.
    »Am Samstagmorgen werden sie hier sein.«
    »Schon am Samstag«, sagte ich. Ich hatte überhaupt nichts sagen und noch weniger etwas fragen wollen, aber der Satz rutschte mir einfach heraus.
    »Schon? Was bedeutet ›schon‹, mein Sohn?«
    »Nichts! Hast du sie eingeladen? Oder, oder kommen sie schon wieder einfach so?«
    »Was bedeutet ›schon‹, mein Sohn?«
    »›Schon‹ bedeutet ›schon wieder‹, und das bedeutet, dass sie zu oft kommen, um uns zu besuchen.«
    »Zu oft? Das letzte Mal waren sie vor genau vier Jahren hier, und für dich ist das zu oft?«
    »Sie sehen aber so komisch aus«, murmelte ich.
    »Aber ihre Geschenke findest du nicht komisch.« Die Mutter lächelte nicht mehr. »Mit dem Ball spielst du noch immer. Und die Rollschuhe, sind die vielleicht auch komisch?«
    »Die Rollschuhe sind mir zu klein geworden. Sie passen mir nicht mehr.«
    »Ich mag die Rollschuhe auch nicht. Sie sind zu groß und zu gefährlich für mich«, meldete sich plötzlich meine kleine Schwester zu Wort. »Ich bin schon zwei Mal hingefallen. Das tut weh!«
    »Aber mit deiner Lieblingspuppe spielen, das tut nicht weh.« Mutter versuchte wieder zu lächeln. Sie strich meiner Schwester über das Haar und sagte mit sanfter Stimme: »Ich bin sicher, sie werden dir wieder ein schönes Geschenk mitbringen.«
    »Aber diesmal werde ich sie nicht küssen«, sagte meine Schwester mit trotzigem Gesicht.
    »Warum nicht?«, fragte die Mutter neugierig. »Warum?«
    »Weil sie stinken«, rief ich mutig. »Ihre Haare, ihre Lippenstifte, ihre Gesichtscremes und Parfüms stinken. Ich werde sie nie wieder küssen.«
    »Ich auch nicht«, sagte meine Schwester.
    »Ich auch nicht«, sagte Vater und begann zu lachen.
    »So was möchte ich nie wieder hören.« Die Stimme meiner Mutter war sehr ernst. »Man spricht nicht so über alte Leute. Nicht in unserem Hause.« Mein Vater versuchte die Mutter zu beruhigen, aber das war im Moment nicht möglich.
    »Und du«, die Mutter zeigte auf mich, »du gehst jetzt sofort ins Bett, und zwar ohne Wenn und Aber.«
    »Soll ich vorher noch die Zähne putzen oder nicht?«
    »Sei nicht unverschämt. Putz dir die Zähne, geh ins Zimmer und mach das Licht aus! Statt vor dem Einschlafen ein Buch zu lesen, denk lieber noch ein bisschen drüber nach, wie du dich benommen hast. Gute Nacht!«, sagte die Mutter und begann den Tisch abzuräumen, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen. Ich wartete noch eine Weile und dann, als ich sah, dass von Vater keine Hilfe zu erwarten war, stand ich vom Tisch auf. Es dauerte nicht lange, und ich war in meinem Bett. Ich legte mich auf den Rücken und dachte nach. Ich wollte mir etwas ausdenken, um mich vor diesem unangenehmen Besuch zu retten. Plötzlich hörte ich, wie etwas draußen an meiner Türe kratzte. Ich hörte die Katzenkratze.

 
    Die Katzenkratze
     
    Erst dachte ich, dass mein Kater Ugetz zu mir gekommen sei. Er schlief so gerne bei mir, aber er war es nicht. Stattdessen hörte ich die Stimme meiner Schwester: »Ich muss unbedingt mit dir reden.«
    »Was willst du? Was ist los?«, rief ich leise zurück.
    »Mama hat gesagt, dass wir die Tanten und den Onkel küssen müssen.«
    »Du musst sie küssen, aber ich nicht.«
    »Mama hat gesagt, dass du sie auch küssen musst.«
    »Sag Mama, dass ich das nicht tun werde.«
    »Sag ihr das selber, wenn sie zu dir kommt.«
    »Sonst noch was?«, fragte ich böse.
    »Oh ja, weil ich brav bin, darf dein Kater heute bei mir schlafen«, sagte die Schwester und verschwand.
    Einige Zeit war es draußen still und dann hörte ich die Schritte meiner Mutter. Sie klopfte einmal kurz, streckte ihren Kopf zur Tür herein und fragte: »Schläfst du schon?«
    »Schon lange«, murmelte ich mit müder Stimme.
    »Wenn du mir versprichst, dass du dich anständig benimmst, wenn die Verwandten kommen, will ich vergessen, was du heute gesagt hast.«
    »Ja, ja, schon gut. Ich gebe dir mein Wort. Gute Nacht, Mama.«
    »Gute Nacht, mein Sohn. Schlaf gut.« Sie sagte es und machte vorsichtig die Tür zu.
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