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Ein Lotterie-Loos

Ein Lotterie-Loos

Titel: Ein Lotterie-Loos
Autoren: Jules Verne
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Herberge zu Dal empfing, keinen Eintrag, und man kannte sie in der ganzen Touristenwelt. War es nicht eine besondere Anziehung, mit Hulda einen »Shake-Hand« zu wechseln, jenen herzlichen Händedruck, mit dem man hier Jeden und Jede bewillkommt?
    Und hatte man dann zu ihr gesagt:
    »Ich danke für das Mahl,
Tak for mad!
…«
    Wie lieblich klang es dann, wenn sie mit ihrer frischen, volltönenden Stimme erwiderte:
    »Möge es Ihnen wohlbekommen,
Wel bekomme!
«
IV.
    Ole Kamp war seit einem Jahre abgereist. In seinem Briefe hatte er mitgetheilt, daß dieser Fischfang, der Winterfischfang an den Gestaden von New-Found-Land, ein recht beschwerlicher sei. Wenn die Leute hier Geld verdienen, so verdienen sie meist ziemlich viel; hier kommen jedoch häufig plötzliche Windstöße vor, welche binnen wenigen Stunden ganze Fischerflottillen zerstören. Dafür wimmelt es aber von Fischen in den Gründen von New-Found-Land und wenn die Mannschaften vom Glück begünstigt sind, finden sie auch reichen Ersatz für die Mühen und Gefahren, welche diese stürmische Gegend bietet.
    Im Uebrigen sind die Norweger vortreffliche Seeleute, die über ihre harte Arbeit nicht murren. Inmitten der Fjords der Landesküste von Christiansand bis zum Nord-Cap, zwischen den Klippen von Finnmarken, in den schmalen Waffenstraßen der Loffoden fehlt es ihnen nie an Gelegenheit, sich mit den Launen des Meeres vertraut zu machen. Wenn sie über den Nordatlantischen Ocean segeln, um in größeren Gesellschaften nach den Fischgründen der Neuen Welt zu ziehen, haben sie schon manche Probe ihres kühnen Muthes abgelegt. Während der Kindheit haben sie schon genug von den Ausläufern der von Westen heranstürmenden Orkane kennen gelernt, um diesen auch an ihrer Ursprungsstelle in New-Found-Land ruhig Trotz zu bieten. Sie kämpfen hier nur gegen den Anfang jener schrecklichen Stürme – das ist der ganze Unterschied.
    Die Norweger haben auch gerechte Ursache, etwas stolz zu sein. Ihre Vorfahren waren unerschrockene Seeleute, zur Zeit, als die Hanseaten sich des Handels im ganzen nördlichen Europa bemächtigt hatten. Vielleicht traten sie in grauer Vorzeit mehr als eine Art Seeräuber auf, doch die Seeräuberei war damals einmal allgemein im Schwunge. Unzweifelhaft hat sich der Handel seitdem moralisch bedeutend gehoben, obwohl die Vermuthung gestattet ist, daß es dabei auch heute nicht ganz mit rechten Dingen zugehen möge.
    Wie dem auch sei, die Norweger waren von jeher kühne Seeleute, sind es noch und werden es auch fernerhin sein. Ole Kamp war sicherlich nicht dazu geschaffen, seine Abstammung Lügen zu strafen. Seine erste Einführung und Ausbildung in jenen rauhen, mühseligen Arbeiten verdankte er einem nun ergrauten Küstenschiffer von Bergen, und auch die ganze Kindheit hatte er schon in diesem Hafen, einem der belebtesten des skandinavischen Königreichs, zugebracht. Ehe er sich auf die weite Fahrt hinaus begab, segelte und schaukelte er in den Fjords umher, stellte den Nestern der Wasservögel nach und betheiligte sich beim Fang der zahllosen Fische, aus denen der Stockfisch bereitet wird. Nachdem er dann Schiffsjunge geworden, hatte er zuerst die Ostsee übersegelt, war dann nach der Nordsee und selbst bis hinauf nach den Grenzen des Eismeeres gekommen. So machte er mehrere Reisen auf großen Fischerfahrzeugen mit und wurde schon Steuermann, als er kaum zwanzig Jahre zählte. Jetzt war er dreiundzwanzig Jahre alt.
    In der Zeit zwischen seinen Seefahrten unterließ er es nie, die einzige Familie wieder aufzusuchen, welche er liebte und die ihm auf der Erde allein geblieben war.
    Wenn er sich dann in Dal befand, konnte sich Joël keinen besseren Kameraden wünschen. Er begleitete diesen bei seinen Zügen durch die Berge bis nach den höchsten Plateaus von Telemarken. Erst durch die Fjords, nun durch die Fjelds – das war dem jungen Seemann so recht nach dem Sinn, und er blieb gewiß niemals zurück, außer wenn es geschah, um seiner Cousine Hulda Gesellschaft zu leisten.
    Zwischen Ole und Joël hatte sich allmählich eine enge Freundschaft entwickelt, und in ganz naturgemäßer Folgerichtigkeit nahm dieses Gefühl gegenüber dem jungen Mädchen eine andere Form an, zumal da Joël ihn fast noch dazu ermunterte. Wo hätte seine Schwester auch in der ganzen Provinz einen besseren Burschen von gleich gewinnendem Wesen, einen ergebeneren Charakter, ein wärmer fühlendes Herz finden können? Huldas Glück mußte gesichert sein, wenn sie Ole zum
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