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Ein Kuss für die Ewigkeit: Roman (German Edition)

Ein Kuss für die Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Ein Kuss für die Ewigkeit: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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Klassenarbeit, versprochen.«
    Sie hatte die fünf Extrapunkte nie bekommen, weil sie bei Klausuren ohnehin fast immer die volle Punktzahl erreichte. Und Geschichte war in jenem Halbjahr ihr absolutes Lieblingsfach.
    »Meinen Sie die Zeit vor dem Vietnamkrieg oder danach?«, hakte Mr. Chapman eben bei der Studentin nach, die sich nach der öffentlichen Einflussnahme auf die Entscheidungen der Regierung erkundigt hatte.
    Kurz entschlossen lenkte Shelley ihre Gedanken wieder auf die Gegenwart. Wetten, er erinnerte sich nicht mehr an »Browning, Shelley« und ihre verschlampte Gymnastikhose? Inzwischen hatte er vermutlich längst verdrängt, dass er knapp vier Monate lang Lehrer an der Poshman Valley Highschool gewesen war. Nach allem, was er durchgemacht hatte! Sentimentalität konnte man sich nämlich nicht leisten, wenn man die Karriereleiter zum Kongressmitglied und Senatsberater hinaufkletterte. Und einen öffentlichen Skandal locker wegsteckte. Immerhin hatte man Grant Chapman ein paar unangenehme Dinge vorgeworfen, die vor Jahren in einer ländlichen Kleinstadt passiert sein sollen und die sein facettenreiches Leben überschatteten.
    Dass er sich für sie kaum verändert hatte, hing vielleicht auch damit zusammen, dass sie ihn zigmal im Fernsehen erlebt hatte. Von Journalisten und Reportern
belagert, hatte er Stellung zu dem Skandal nehmen müssen, der ganz Washington tief erschütterte. Sein Foto war ihr von den Titelseiten der Zeitungen förmlich ins Auge gesprungen. Die Schnappschüsse waren wenig schmeichelhaft gewesen – trotzdem hatte sich sein Gesicht unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt.
    Shelley war sich fast sicher, dass er sie nicht wiedererkannte. Mit sechzehn war sie nämlich eine dürre Bohnenstange gewesen. Inzwischen wirkte ihre schlanke Silhouette femininer, weicher und weiblich proportioniert. Ihre Gesichtszüge hatten sich verändert. Statt kindlicher Pausbacken betonten hohe Wangenknochen ihre rauchblauen Augen.
    Die langen Ponyfransen, die ihr als Schulmädchen kess in die Stirn wippten, waren längst passé. Mittlerweile kämmte sie die Haare streng zurück, so dass sie ihre schön geschwungenen Brauen und den herzförmigen Haaransatz betonten. Von Natur aus brünett, umschmeichelte die dichte, dunkel schimmernde Mähne ihre Schultern wie flüssiges Kupfer.
    Das fröhliche Cheerleader-Girl war Schnee von gestern. Vorbei war die Zeit der Unschuld, des Idealismus. Die Frau, die dort in dem Seminarraum saß, war sich des Unrechts in der Welt und deren Unzulänglichkeiten vollkommen bewusst. Genau wie Grant Chapman. Sie hatten sich beide verändert, waren andere als vor zehn Jahren. Und Shelley fragte sich zum vielleicht hundertsten Mal, warum sie sich ausgerechnet für sein Seminar eingeschrieben hatte.
    »Berücksichtigen Sie bitte die damalige Position Präsident Johnsons«, gab er gerade zu bedenken.
    Shelley warf einen verstohlenen Blick auf ihre Armbanduhr. Das Seminar dauerte nur noch eine Viertelstunde, und sie hatte sich gerade einmal zwei Zeilen notiert. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie mit Bausch und Bogen durch die Prüfung rasseln und das Grundstudium nicht schaffen. Dabei hatte sie im ersten Semester in Staatsbürgerkunde mit Auszeichnung bestanden.
    Sie erinnerte sich an einen kalten, windigen Tag in jenem längst vergangenen Herbst.
    »Hätten Sie nicht Lust, mir an ein paar Nachmittagen pro Woche bei den Unterrichtsvorbereitungen zu assistieren?«, hatte er sie gefragt.
    Sie trug den Windblouson ihres damals aktuellen Boyfriends und hatte die Fäuste in den tiefen Jackentaschen vergraben. Mr. Chapman hatte sie auf dem Schulhof zwischen Sporthalle und Unterrichtsgebäude angesprochen. Seine für die Schulordnung zu langen Haare umwehten wild seinen Kopf. Nur mit einem Trainingsanzug bekleidet, stemmte er sich gegen den beißenden Nordwind.
    »Natürlich, wenn Sie nicht wollen, sagen Sie es mir ruhig …«
    »Nein, nein«, stammelte sie hastig und befeuchtete sich die spröden Lippen. »Das heißt, ja. Also, ich würde das gern machen. Wenn Sie meinen, dass ich das packe.«
    »Sie sind meine beste Schülerin. Ihre Klausur über das Rechtssystem war herausragend.«
    »Danke.« Sie errötete. Mist, und wieso hatte sie aus heiterem Himmel rasendes Herzklopfen? Er war doch nur ein Lehrer. Sicher, aber nicht irgendein Lehrer.
    »Wenn Sie die allgemeinen Fragenkomplexe in den Tests durchgehen, lese ich die Ausarbeitungen. Das spart mir abends eine Menge
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