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Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)

Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Ein Knödel zu viel: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Arnold Küsters
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gefühlt. Zum ersten Mal seit langer Zeit. Seine Instinkte hatten sie fasziniert. Sie sah in ihm jemanden, der über den Dingen stand, über den spießigen Vorstellungen von Moral und Ordnung. Jemand, der ihr nahe war wie sonst niemand. Bis er ihr durch die unnötigen Morde an den Mädchen die Augen geöffnet hatte. Aber da war es schon zu spät gewesen für die Erkenntnis, dass sie nicht einem Helden erlegen war, sondern nur dem mörderischen Trugbild ihrer Träume.
    Carina Bauer stutzte. Sie spürte, dass sich etwas verändert hatte. Sie konnte nicht sagen, was es war, aber etwas war anders als vorhin, als sie unter die Dusche gegangen war. Sie hörte Bongarts nicht. Sie hörte überhaupt nichts. Nur das gleichförmige Rauschen des Wassers – und doch war da noch etwas anderes.
    Sie stellte die Dusche ab und war erschrocken über die augenblickliche Stille, die sie umfing. Automatisch griff sie nach einem der Handtücher, die für gewöhnlich in Stapeln im Regal neben der Dusche lagen, aber da waren keine Handtücher. Das Regal war leer. Sekundenlang verharrte sie erstaunt und erschrocken unter dem tropfenden Duschkopf. Sie fühlte sich zum ersten Mal nackt und ungeschützt.
    Ohne weiter nachzudenken, zog sie ihr Trägerkleid über, das sofort auf ihrer Haut klebte. Auf nassen Füßen ging sie zur Tür und zog sie einen Spalt auf.
    Die Sonne hatte sich vollständig aus dem Schlafzimmer zurückgezogen und ein diffuses Licht hinterlassen. Der Tag war dabei, sich endgültig zu verabschieden.
    Bongarts war verschwunden. Nur der Geruch nach altem Schweiß war geblieben, gleichsam als Statthalter bis zu seiner Rückkehr. Bongarts würde sie nicht alleine lassen. Carina Bauer öffnete die Tür vollständig. Vorsichtig, Stück für Stück, aber Bongarts war nirgends zu sehen. Sie ging am Bett vorbei, das nur aus einer Matratze und einem dünnen Oberbett, das nicht bezogen war, bestand.
    Auch im Flur war Bongarts nicht zu sehen. Carina Bauers Muskeln verkrampften sich vor Angst. Jeden Augenblick befürchtete sie, dass er hinter sie treten und sie mit bloßen Händen würgen würde. Im fensterlosen Flur war es schon dunkel. Sie begann zu frieren. Für Sekunden hatte sie das irrwitzige Gefühl, sie sei gerettet, weil Bongarts die Lust an seinem perversen Spiel verloren hatte und auf Nimmerwiedersehen verschwunden war. Doch ihr Verstand weigerte sich, diesem Gefühl zu vertrauen. Bongarts hatte sich in ihr Leben verbissen wie eine Zecke. Sie würde ihn nicht loswerden, nicht bevor er sich mit ihrem Geld vollgesogen hatte. Und auch dann konnte sie sich nicht sicher sein, dass er sie mit seiner Gier nicht schon längst vergiftet hatte und sie sterben ließ.
    Carina Bauer schlich, eng an die Wand gepresst, weiter. Sie fluchte, weil sie ihre Schuhe nicht bei sich hatte. Die standen immer noch auf der Terrasse, wo sie sie vor einer Ewigkeit ausgezogen hatte, um die Wärme des Terrassenbodens zu spüren. Ohne Schuhe würde sie nicht weit kommen, vorausgesetzt, sie würde überhaupt die Tür erreichen. Sie lehnte sich an die Wand. Die Welt da draußen wusste nicht, was sich im Inneren der Ferienwohnung abspielte. Draußen ging alles seinen gewohnten Gang, wurden die Kühe gemolken, frisch gemähtes Gras eingefahren, die Kinder fingen mit ihren Freunden auf der Straße die letzten Sonnenstrahlen des Tages ein, ihre Eltern hatten sich längst auf den Terrassen oder vor den Höfen um den Grill versammelt, wo sie bei einem kühlen Bier oder einem Glas Wein mit ihren Feriengästen plauderten. Und hier drinnen, nur wenige Meter entfernt, loderte die Hölle.
    Carina Bauer meinte in der Ferne Schweine schreien zu hören, die auf ihr Futter warteten. Das Geräusch irritierte sie. Langsam schob sie sich weiter. Wenn sie eine Chance haben wollte, musste sie jetzt schnell handeln. Jede Sekunde war kostbar. Nicht länger an Bongarts denken. Wenn sie erst die Tür erreicht hätte, wäre sie schon fast in Sicherheit.
    Stück für Stück tastete sie sich vor. Dabei meinte sie all die Geräusche zu hören, die sich in den vergangenen Jahren in die Wände gebrannt hatten. Sie hörte das Kinderlachen von Julia Dürselen, obwohl sie nur aus deren Erzählungen wusste, dass sie dieses Haus als Kind geliebt hatte. Sie musste an Julias Tränen denken, als sie davon erzählt hatte. Sie hatte es damals als rührseliges Gefasel abgetan, verstärkt durch zu viel Alkohol und Tabletten, und Julia gegen ihren Willen zurück zu ihrem »Gast« geschickt. Heute
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