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Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau

Titel: Ein Kleid von Dior, Freund mit Rolls-Royce, Mrs. Harris fliegt nach Moskau
Autoren: Paul Gallico
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«Genaugenommen sind sie auch nicht mehr wert. Nur hat die Regierung erlaubt, daß sie geprägt werden. Und die Franzosen haben es bis jetzt noch nicht gemerkt. Aber gültig sind sie.» Er führte sie durch die Menge, die Rampe hinauf und setzte sie in ein Taxi. «Wohin soll er Sie bringen?»
    Mrs. Harris saß da, den schmalen, von der harten Arbeit hageren Rücken kerzengerade aufgerichtet. Die rosa Rose zeigte genau nach Norden, ihr Gesicht war ruhig und gefaßt wie das einer Herzogin. Nur die kleinen Augen tanzten vor Erregung. «Sagen Sie ihm, er soll mich zu dem Modesalon von Christian Dior fahren», erklärte sie. Der Mann von der Fluggesellschaft starrte sie an. Er traute seinen Ohren nicht. «Wie bitte, Madam?»
    «Sie hören doch: zum Modesalon Dior.»
    Natürlich hatte er es gehört, aber sein Gehirn, gewohnt, mit Notfällen und ungewöhnlichen Dingen aller Art fertig zu werden, konnte es nicht fassen, was eine Londoner Reinmachefrau, eine aus jenem ungeheuren Heer, das jeden Morgen zum Sturmangriff auf den Schmutz in den Büros und Wohnungen der Großstadt antrat, in dem elegantesten Modezentrum der Welt zu suchen hatte, und er zögerte immer noch.
    «Na, nu los! Machen Sie doch schon!» befahl Mrs. Harris scharf. «Was ist denn dabei, wenn sich eine Dame in Paris ein Kleid kaufen will?»
    Bis ins Mark erschüttert, verhandelte der Mann von der Fluggesellschaft mit dem Taxichauffeur französisch: «Bringen Sie Madame zum Haus Christian Dior in der Avenue Montaigne. Wenn Sie versuchen, sie auch nur um einen Sou zu betrügen, werde ich dafür sorgen, daß Sie nie wieder auf diesem Platz stehen dürfen.»
    Als Mrs. Harris abfuhr, ging er kopfschüttelnd zurück. Er hatte den Eindruck, eben ein ganz ungewöhnliches Erlebnis gehabt zu haben.
    Während Mrs. Harris mit klopfendem Herzen dahinfuhr, wanderten ihre Gedanken zurück nach London, und sie hoffte, Mrs. Butterfield werde es gelingen, mit allem zu Rande zu kommen.
    Mrs. Harris’ Kundenliste blieb immer ziemlich gleich, außer wenn sie bisweilen den einen oder anderen aufgab — das Umgekehrte geschah nie. Manchen widmete sie täglich mehrere Stunden, andere bedurften ihrer Dienste nur dreimal in der Woche. Sie arbeitete zehn Stunden am Tag, begann morgens um acht und hörte abends um sechs Uhr auf; dazu kam der halbe Samstag, den sie einigen bevorzugten Kunden reservierte. Diesen Arbeitsplan hielt sie zweiundfünfzig Wochen im Jahr durch. Da der Tag nur eine bestimmte Anzahl von Stunden hat, konnte sie nicht mehr als sechs bis acht Kunden annehmen. Sie beschränkte sich auf die vornehme Gegend des Eaton und des Belgrave Square, so daß sie ohne weite Wege von Haus zu Etage und von Etage zu Atelier gelangte.
    Da war ein Major Wallace, ihr Junggeselle, den sie natürlich verwöhnte und an dessen zahlreichen, stets wechselnden Liebesaffären sie eifrigen Anteil nahm.
    Dann Mrs. Schreiber, die etwas verdrehte Frau eines in London lebenden Hollywooder Filmagenten; die mochte sie gern, weil sie von amerikanischer Herzlichkeit und recht großzügig war. Besonders, wenn es um Mrs. Harris’ Stundenlohn ging.
    Die elegante Lady Dent, für die sie ebenfalls arbeitete, war die Frau eines reichen Industriebarons. Er besaß neben einer Etagenwohnung in London noch ein Herrenhaus auf dem Lande — Lady Dents Bild war immer wieder bei Jagdbällen oder Wohltätigkeitsveranstaltungen in den Zeitschriften The Queen und The Tatler zu finden, und darauf war Mrs. Harris stolz.
    Doch hatte sie auch noch andere: die Gräfin Wyszcinska, eine Weißrussin, deren Überspanntheit Mrs. Harris himmlisch fand; ein junges Ehepaar mit einer reizend eingerichteten Wohnung, die ihr sehr gefiel; dann die geschiedene Mrs. Fford Foulks, eine wahre Fundgrube für Klatsch aus dem Leben der Reichen, und noch einige andere, darunter auch eine kleine Schauspielerin, Miss Pamela Penrose, die darum kämpfte, Anerkennung zu finden und dann aus ihrem Kellerraum in eine eigene Atelierwohnung ziehen zu können.
    All diese Haushalte betreute Mrs. Harris ganz allein. Doch im Notfall konnte sie darauf rechnen, daß Mrs. Violet Butterfield für sie einsprang, ihre Freundin, ihr alter ego gleichsam, die, Witwe und Putzfrau wie sie selber, dazu neigte, immer nur die düstere Seite des Lebens und der Dinge zu sehen.
    Mrs. Butterfield, so dick und robust wie Mrs. Harris dünn und zart, hatte natürlich ihren eigenen Kundenstamm, aber glücklicherweise in der gleichen Gegend, so daß die beiden einander
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