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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom
Autoren: Val McDermid
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den Augen der Zollbeamten in der Nähe von Budapest mit ganz legaler Ware beladen worden. Hier, wo Fuchs und Has sich Gute Nacht sagten, trafen sie aufeinander, und die Ladungen wurden ausgetauscht. Das Schiff würde viel länger brauchen, um Rotterdam zu erreichen, aber es war weniger wahrscheinlich, dass es durchsucht wurde, da es gültige Dokumente und Siegel hatte. Wenn neugierige Beamte tatsächlich Zweifel hegten, konnte man auf die zuständigen Behörden verweisen, die das Beladen überwacht hatten. Und der Lkw, der viel eher angehalten und durchsucht wurde, konnte mit seiner harmlosen Fracht die Fahrt an den Zielort fortsetzen. Wenn irgendjemand am Flughafen oder im Lagerhaus etwas gesehen hatte, das er verdächtig genug fand, um die Behörden zu unterrichten, würden sie nur eine Wagenladung Dosen mit Kirschen finden. Sollten die Beamten bemerken, dass die ungarischen Zollsiegel beschädigt worden waren, konnte der Fahrer dies leicht als Beschädigung durch Dritte oder einen versuchten Diebstahl abtun.
    Auf dem Weg des Zollbeamten zurück zum Lkw trat Tadeusz ihm entgegen. »Einen Augenblick, bitte. Wo ist das Päckchen für Berlin?«
    Krasic runzelte die Stirn. Er hatte schon gedacht, dass sein Boss es sich noch einmal überlegt hätte und in Bezug auf das chinesische Heroin, mit dem die illegalen Einwanderer einen Teil ihrer Reise bezahlten, eine vernünftigere Entscheidung getroffen hätte. Es gab keinen Grund für Tadzio, den Ablauf zu ändern, den Krasic mit so großer Sorgfalt ausgearbeitet hatte. Keinen anderen Grund außer den albernen, abergläubischen Vorstellungen, denen er seit Katerinas Tod anhing.
    Der Zollbeamte zuckte mit den Schultern. »Der Fahrer wird’s wohl wissen«, sagte er und grinste nervös. Er hatte den großen Boss noch nie gesehen und legte auch jetzt auf dieses Privileg keinen gesteigerten Wert. Krasic war im Bestechungsnetz von ganz Mitteleuropa für seine Brutalität im Dienst von Tadeusz berüchtigt.
    Tadeusz blickte den Fahrer an und zog eine Augenbraue hoch.
    »Ich hebe es in meinem Funkgerät auf«, sagte der Fahrer. Er führte Tadeusz um das Führerhaus herum und nahm das Gerät aus seinem Gehäuse. Darin war genug Platz für vier versiegelte Riegel des gepressten braunen Pulvers.
    »Danke«, sagte Tadeusz. »Sie brauchen sich auf der Fahrt nicht darum zu kümmern.« Er fasste hinein und zog die Päckchen heraus. »Das Geld kriegen Sie natürlich trotzdem.«
    Krasic sah zu, und ihm sträubten sich die Nackenhaare. Er konnte sich an keine Gelegenheit erinnern, bei der er die Grenze auch nur mit einem Joint passiert hatte. Mit vier Kilo Heroin quer durch Europa zu fahren erschien ihm verrückt. Vielleicht fühlte sein Chef eine Todessehnsucht, aber Krasic hatte keine Lust, sich ihm anzuschließen. Er murmelte ein Gebet zur Jungfrau Maria und folgte Tadeusz zurück zu seinem Wagen.

Kapitel 2
    C arol Jordan sah lächelnd in den Spiegel der Damentoilette und boxte vor heimlicher Freude wild in die Luft. Ihr Vorstellungsgespräch hätte nicht besser laufen können, wenn sie selbst den Text dazu geschrieben hätte. Sie hatte alles gewusst, und man hatte ihr die Art von Fragen gestellt, bei denen sie ihr Wissen zeigen konnte. Das Team, das sie befragt hatte, zwei Männer und eine Frau, hatte öfter, als sie in ihren wildesten Träumen hätte hoffen können, genickt und zustimmend gelächelt.
    Zwei Jahre hatte sie für diesen Nachmittag gearbeitet. Sie war von ihrer Stelle, der Kripo-Leitung in Seaford, Yorkshire, wieder zur Met in London zurückgekehrt, damit sie die beste Gelegenheit haben würde, als Quereinsteigerin bei der Elitegruppe, dem National Criminal Intelligence Service – dem Kriminalnachrichtendienst NCIS  –, mitzuarbeiten. Jeden Kurs in Kriminalistik und Fallanalyse, den es gab, hatte sie belegt und fast ihre ganze Freizeit geopfert, um Fachbücher und Forschungsergebnisse zu studieren. Sogar eine Woche ihres Jahresurlaubs hatte sie für ein Praktikum bei einer privaten Softwarefirma in Kanada hergegeben, die sich auf Programme zur Verbrechensverknüpfung spezialisiert hatte. Carol störte es nicht, dass ihre sozialen Kontakte sehr eingeschränkt waren; sie mochte ihre Arbeit und hatte sich angewöhnt, sich nicht mehr zu wünschen. Sie schätzte, dass es wahrscheinlich keinen Detective Chief Inspector im ganzen Land gab, der die Thematik besser kannte als sie. Und jetzt war sie bereit für den nächsten Schritt.
    Sie wusste, dass ihre Referenzen untadelig
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