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Ein Jahr – ein Leben

Ein Jahr – ein Leben

Titel: Ein Jahr – ein Leben
Autoren: Iris Berben , Christoph Amend
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beieinander, als hätten wir uns für diesen Abend miteinander verabredet, und wurden vielleicht auch deshalb von den anderen Gästen in Ruhe gelassen. Wir sind noch in einen anderen Club weitergezogen, viele weitere Getränke, viel Reden und Gucken, eine Nacht, die ich nicht vergesse.
    Ist es nicht schade, wenn man heute weiß, dass Courtney Love damals auf dem Höhepunkt ihrer Karriere war, und wie sie seit Jahren nur noch mit Skandalen auf sich aufmerksam macht, nicht mehr mit Filmen? Wo wäre sie heute, wenn sie disziplinierter gewesen wäre?
    Ach, wer weiß das schon. Bei extremen Künstlern wie ihr entstehen die besten Arbeiten vielleicht gerade,
weil
sie nicht diszipliniert sind. Weil sie sich kein Korsett haben anlegen lassen. In manchen Momenten denke ich: Ich bin diszipliniert, ich ziehe immer wieder Grenzen, ich behalte, wenn es geht, die Kontrolle, und vielleicht bin ich deshalb dort, wo ich heute bin. Aber was wäre geworden, wenn ich es hätte laufen lassen? Wäre ich unglücklicher oder glücklicher als heute? Ich weiß es nicht. Es gibt viele Blickwinkel, einen Menschen zu sehen. Wir sehen die Bilder von Courtney Love heute, wie sie volltrunken irgendwo steht oder liegt, und denken vielleicht, wie schade, weil wir um ihre Offenheit wussten, die sie in Rollen wie in »Larry Flynt« so stark gemacht hat. Aber diese Offenheit hat vor ihrem eigenen Leben nicht haltgemacht. Mein erster Schritt zur Selbstdisziplinierung war, ob bewusst oder unbewusst, weiß ich gar nicht so genau, mein absolutes Ja zu einem Kind. Ich wusste oder besser spürte damals: Das ist eine Form der Disziplin, die mir nur helfen kann.
    Sie waren ungeplant schwanger geworden.
    Ich war in einem Alter, in dem viel auf mich eingeprasselt ist. Die Internatsjahre waren gerade zu Ende gegangen, plötzlich konnte ich mein Leben selbst bestimmen. Die Musik, die Aufbruchstimmung dieser Zeit, diese Intensität – und das bei einem Mädchen, wie ich es war, das vorher geregelt gelebt hatte in den Internaten. Ich hätte mich in dieser Intensität verlieren können. Das Ja zu einem Leben an meiner Seite, zu diesem kleinen Menschen, hat mich zur Disziplin gedrängt. Mein Sohn war ein guter Kompass, auch wenn man wie ich zunächst einmal alleinerziehend war.
    Sie können sich bestimmt an den Moment erinnern, als Sie erfahren haben, dass Sie schwanger sind.
    Das war ein Urknall. Ich habe nicht eine Sekunde lang nachdenken müssen, ob ich nein sage.
    Sie hatten bereits eine Abtreibung hinter sich.
    Es muss ein Instinkt gewesen sein: Jetzt kann ich, jetzt will ich. Obwohl ja eigentlich nichts anders war, ich war genauso jung und unerfahren, und ich lebte alleine.
    Sie wussten, wer der Vater ist.
    Ja.
    Sie haben ihn kontaktiert?
    Das habe ich, ja. Aber die Entscheidung, dass ich das alleine durchziehe, fiel schnell. Ich finde das bis heute nicht außergewöhnlich. Man kann niemanden in eine Verantwortung drängen, die er nicht haben möchte. Wenn wir jahrelang ein Paar gewesen wären, vielleicht schon. Wir waren aber kein Paar. Sie wissen ja, dass ich mich um dieses Thema drücke.
    Das ist allgemein bekannt, Sie haben den Namen des Vaters bis heute nie genannt. Warum eigentlich nicht?
    Das war damals die Abmachung zwischen dem Vater und mir. Es muss zwischen zwei Menschen möglich sein, eine solche Abmachung einzugehen und sich daran zu halten. Der Vater war damals überfordert. Ich habe das verstanden, ein Kind war nicht in seiner Lebensplanung.
    In Ihrer auch nicht.
    Das stimmt, aber ich habe mich auch frei entschieden. Ich habe auf alles verzichtet, auf jegliche Unterhaltszahlung und Unterstützung. Vielleicht auch aus Trotz habe ich mir gesagt: Das schaffe ich allein.
    Das war das Ende des Kontakts mit dem Vater?
    Ja.
    Sie haben nie wieder miteinander gesprochen.
    Doch.
    Und er hat es nie bereut?
    Doch, hat er.
    Mir ist beim Aufschreiben unserer bisherigen Gespräche aufgefallen, dass in Ihren Erzählungen die Männer Ihres Lebens eher en passant erwähnt werden.
    Das hat einen einfachen Grund: Wenn jemand nicht selbst in der Öffentlichkeit steht und deshalb einen gewissen Persönlichkeitsschutz genießt, dann versuche ich, ihm diesen Schutz nicht zu nehmen, indem ich ihn an die Öffentlichkeit zerre. Das war und ist mein Respekt vor den Männern, mit denen ich liiert war, und vor dem Mann, mit dem ich liiert bin. Ich denke, das ist für jeden nachvollziehbar.
    Sie waren da schon früh konsequent.
    Ja, ich finde, dass solche Intimitäten wie die
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