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Ein Jahr – ein Leben

Ein Jahr – ein Leben

Titel: Ein Jahr – ein Leben
Autoren: Iris Berben , Christoph Amend
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schnell. Ich denke die ganze Zeit, dass wir doch weiterreden müssen, ganz einfach, weil meine Suche nach den Antworten noch nicht zu Ende ist. Durch unsere Gespräche, durch die regelmäßigen Treffen, durch das Reden über das, was in meinem Alltag passiert, ist mir wieder einmal klargeworden, wie wuchtig dieses Leben ist.
    Sie sind selbst davon überrascht?
    Ja. Wie viel gleichzeitig stattfindet und worüber wir reden könnten. Ich könnte Ihnen von den Lesungen in Worms und Koblenz erzählen, die ich vor kurzem gemacht habe, meinen Gedanken während der Olympischen Spiele, die erst vor drei Wochen zu Ende gegangen sind.
    Sie sind in diesem Jahr schon zum Fußballfan geworden, jetzt auch noch die Olympischen Spiele?
    Vielleicht liegt es an dem Gefühl, dass die Welt derzeit immer mehr auseinanderbricht. Und da finden diese Spiele in London statt, und die ganze Welt schaut zu und wird so, wenigstens für ein paar Tage im Sommer, wenigstens im Bereich des Sports, wieder stärker zusammengeführt. Ich bin am Abend der Eröffnungsfeier spät nach Hause gekommen und habe gerade noch mitbekommen, wie das Olympische Feuer entzündet wurde. Jedes Land, das teilgenommen hat, war durch ein kleines Licht vertreten, und als diese Lichter sich vereint haben zu einem großen Olympischen Feuer, hatte ich Gänsehaut. Während der Wettkämpfe habe ich den Sportlern fasziniert zugesehen, wie sie die intimsten, persönlichsten Momente mit der ganzen Welt geteilt haben, Siege und Niederlagen. Die Kameras sind immer dabei. Einer schreit, einer weint, ein Dritter erstarrt, sei es vor lauter Glück oder vor lauter Trauer. Ich saß stundenlang vor dem Fernsehgerät.
    Bei diesen Olympischen Spielen haben viele Sportler die Kameras eingesetzt wie Schauspieler, die wissen: Jetzt habe ich meinen Auftritt.
    Manche nutzen ihre Bühne, völlig richtig, als Schauspielerin beobachte ich das natürlich besonders genau. Was mich mindestens ebenso beschäftigt hat, war die Landung der Sonde auf dem Mars. Plötzlich erfuhr man, dass ein Team der NASA jahrelang damit beschäftigt war, ich hatte das vorher nicht mitbekommen.
    Wie bei einem Film, an dem man jahrelang unbeobachtet arbeitet und der eines Tages Premiere hat.
    Auch eine Parallele zu meinem Beruf, ja. Ich musste sofort an die erste Mondlandung 1969 denken. Schon deshalb müsste ich noch viel länger leben.
    Wie meinen Sie das?
    Sofort hatte ich den Gedanken: Ich werde nicht mehr erfahren, wie es zu Ende gegangen ist mit diesem ersten Mars-Besuch. Gab es Leben dort? Wird es Leben geben können? Den Abschluss dieser Forschungsarbeit werde ich wohl nicht mehr erleben.
    Sie haben gerade erwähnt, wie »wuchtig« Ihnen Ihr Leben vorkommt. Beim Aufschreiben unserer Gespräche habe ich auch gemerkt, wie viel los ist bei Ihnen. Sie kommen immer gerade von irgendwoher, sind schon auf dem Sprung woanders hin, und über Ihnen schweben zig weitere Projekte und Aufgaben.
    Dabei habe ich eher das Gefühl, das alles wird mit mir gemacht, nicht ich mache es. Ich habe aber keinen Vergleich, ich habe nur mich. Ich weiß, dass es viel ist. Diesen Hinweis bekomme ich auch hier und da von den Menschen, die mir nahe sind. Ich weiß, dass ich darauf achten sollte, mehr auszuatmen. Ich atme viel ein, aber zu wenig aus. Und ich weiß, dass es nicht nur darum geht, abzuhaken, sondern auch wirklich zuzulassen, zu empfinden, was ich mache und erlebe. Vor kurzem ist mir eine Begegnung mit Courtney Love vor einigen Jahren eingefallen, der Schauspielerin und Musikerin.

    Sie und Courtney Love, beide mit Zigarette in der Hand. Wann war das?
    Das Bild ist 1996 in Berlin in der Nacht der Deutschlandpremiere ihres Films »Larry Flynt – Die nackte Wahrheit«, entstanden. Der Regisseur war auch da …
    … Miloš Forman. Courtney Love spielt in »Larry Flynt« die Frau von Larry Flynt, dem Verleger der Porno-Zeitschrift »Hustler«. Die Rolle ist bis heute ihr größter Erfolg.
    Ich war auf der Premierenfeier, und normalerweise ziehen sich die internationalen Stars an solchen Abenden schnell zurück, aber Courtney blieb. Wir wurden einander vorgestellt. Ich hatte sie schon länger aus der Distanz beobachtet, ihr Leben mit Kurt Cobain, ihre Leidenschaft für den Rock ’n’ Roll.
    Sie kannte Sie vermutlich nicht.
    Nein, und das hat auch keine Rolle gespielt. Das gemeinsame Zigarettenrauchen hat uns Spaß gemacht, wir haben viel geredet und viel getrunken und haben öfter mal in dieselbe Richtung geguckt. Und so standen wir
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