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Ein Hund zu Weihnachten

Ein Hund zu Weihnachten

Titel: Ein Hund zu Weihnachten
Autoren: Greg Kincaid
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einfach verschonen und mit allen Mitteln vermeiden, uns zu sagen, dass Todd leicht behindert war. Was für ein hässliches Wort. Niemand spricht es gerne aus. Also hörten wir Begriffe wie autistisch oder lernbehindert. Wir hörten etwas von pränatalem Schlaganfall, Entwicklungsrückstand, Epilepsie und wahrscheinlich noch mehr. Tatsache war, dass er geistig nicht ganz auf der Höhe war. Eine exakte Diagnose war mir gar nicht so wichtig. Alle Ärzte waren sich einig, dass Todds Zustand sich nicht verbessern würde.
    Er mochte zwar Probleme beim Baseball, Fußball und bei Lesewettbewerben haben, aber wir liebten und akzeptierten ihn so, wie er war, was machte es also für einen Unterschied? Er brauchte uns, und wir brauchten ihn - vielleicht sogar noch ein bisschen mehr.
    Todd bereicherte unser Leben unendlich. Er lehrte uns in unzähligen kleinen, täglichen Lektionen Freundlichkeit, Toleranz und Geduld. Mit der Zeit verstanden wir, was für ein besonderes Geschenk Todd war. Als er geboren wurde, versprachen wir uns, niemals die Ausrede »Ich bin müde« oder »Ich bin zu alt« gelten zu lassen, wenn für Todd etwas getan werden musste.
    Ich rief mir dieses Versprechen in Erinnerung, als ich die Nummer wählte.
    »Cherokee-County-Tierheim«, meldete sich eine Stimme am anderen Ende der Leitung. »Hier spricht Hayley.«
    Ich nahm an, dass es sich um Hayley Donaldson handelte, eine ehemalige Schülerin von Mary Ann und eine Klassenkameradin meiner Tochter. Ich räusperte mich, versuchte, mich auf mein Anliegen zu konzentrieren und sagte: »Hayley, hier ist George McCray. Mein Sohn Todd interessiert sich für die Weihnachtshund-Aktion. Er hat davon im Radio gehört.«
    »O ja, Sie sind Hannahs Vater, nicht wahr?«
    »Das stimmt.«
    »Was möchten Sie wissen?«
    »Todd hat mir schon einiges erzählt, aber ich möchte sichergehen, dass er auch alles richtig verstanden hat.« Ich sah zu meinem Jungen hinüber. Seine Augen strahlten. Mir wurde ganz warm ums Herz, als ich ihn so glücklich sah. Aber gleichzeitig wurde mir bei dem Gedanken daran, einen Hund aufzunehmen, doch etwas mulmig.
    »An den Feiertagen möchten viele Leute anderen etwas Gutes tun«, fing Hayley an. »Wir vom Tierheim  bieten Tierfreunden die Möglichkeit, etwas Gutes für Tiere zu tun. Sie kommen einfach ab dem 18. Dezember bei uns vorbei und suchen sich Ihren Hund aus. Sie behalten ihn mindestens bis zum 26. Dezember. Danach können Sie ihn jederzeit zurückbringen. Uns ist vor allem wichtig, dass sich die Weihnachtshund-Aktion gut mit Ihrer Familie vereinbaren lässt und dass Sie eine schöne Zeit mit unseren Hunden haben. Sie füttern den Hund, schenken ihm viel Aufmerksamkeit, und dann bringen Sie ihn zurück, falls Sie das möchten. Ansonsten bleiben unsere Hunde über die Feiertage in ihren doch recht beengten Zwingern. In der Weihnachtszeit haben viele unserer Mitarbeiter frei, und so bleibt meistens kaum Zeit für Streicheleinheiten.«
    Etwas lauter, damit Todd auch alles verstehen konnte, fragte ich: »Und ich gehe keine Verpflichtung ein, den Hund zu behalten?«
    »Überhaupt keine.«
    »Haben Sie denn genug Interessenten?« Ich wusste, dass die Frage absurd war.
    »Nein, Mr McCray. Wir haben nie genug Interessenten. Es scheint, als hätten wir immer mehr Hunde als gute Plätze für sie.«
    Ich konnte mir vorstellen, dass die Weihnachtshund-Aktion bei uns gut klappen würde, aber mir gingen noch viele Fragen durch den Kopf. Wollten  die Mitarbeiter des Tierheims sich damit einfach ein paar freie Tage bescheren? Woher sollten die Hunde denn wissen, dass Weihnachten war? Galten die Feiertage denn nicht eigentlich für Menschen? Würde ich Schuldgefühle haben, wenn ich den Hund zurückbrachte? Würde Todd die begrenzte Dauer der Aktion verstehen und akzeptieren?
    Letztendlich war das einer der Momente in meinem Leben, wo ich tief Luft holte und darauf vertraute, dass es schon gutgehen würde. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die glauben, dass der Weg in die Hölle mit guten Absichten gepflastert ist. Ich bin sogar gegenteiliger Auffassung.
    »Wir werden vorbeikommen und uns die Hunde ansehen«, sagte ich widerstrebend.
    »Das ist toll. Wenn Sie sich dafür entscheiden, einen Hund über die Feiertage aufzunehmen, müssen Sie ein paar Formulare ausfüllen. Aber wir kennen Ihre Familie, deshalb ist das nur eine Formsache.«
    »Danke, Hayley. Wir sehen uns dann in ein paar Wochen.«
    Todd war offensichtlich glücklich, dass ich angerufen hatte.
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