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Ein Hund zu Weihnachten

Ein Hund zu Weihnachten

Titel: Ein Hund zu Weihnachten
Autoren: Greg Kincaid
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Er lächelte, nickte und verließ den Schuppen, um sich seinem neuesten gewissenhaft ausgeführten Projekt zu widmen, einer Untersuchung der Frage, wie gut Farbe im Dezember haften bleibt. Ich nahm an, dass die Firma Todd-Farben nach siebenjähriger Experimentierphase nun bald die schockierenden Ergebnisse ihrer Forschungsreihe veröffentlichen würde: Bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt lässt sich Farbe nicht problemlos auftragen und hält auch nicht besonders gut.
    Es war in diesem Jahr kalt für Anfang Dezember, und wir hatten außergewöhnlich viel Schnee. Winterwetter weckt immer angenehme Erinnerungen in mir. Mein Großvater hatte einen sehr wichtigen Posten in Cherokee County. Er fuhr einen Schneeräumer. Man hatte ihm den Titel »Behördlich zugelassener Schneeräumer« verliehen, ein Titel, der gleich nach »Euer Ehren« kam. Am Anfang wurde der Schneeräumer noch von zwei großen Pferden gezogen. Sie hießen Dick und Doc und waren fürstlich in riesigen Boxen in unserer Scheune untergebracht. Später schaffte die Gemeinde einen Schneeräumer an, der durch einen Dieselmotor angetrieben wurde und außerordentlich verlässlich war.
    Aufgabe meines Großvaters war es, die Schotterstraße im Sommer zu planieren und im Winter vom Schnee freizuräumen. Als ich ein Junge war, löste ein starker Schneesturm in unserer Familie immer aufgeregte Betriebsamkeit aus.
    Meine Großmutter kochte dann Kaffee und füllte ihn in eine alte Thermoskanne. Wenn noch vor Sonnenaufgang der Duft von frisch gebrühtem Kaffee  durch das Haus zog, wusste ich, dass es an diesem Tag Schnee geben würde. Meine Großmutter füllte auch eine Tasche mit belegten Broten und Keksen, die meinem Großvater für mehrere Mahlzeiten ausreichen würden.
    Mitten in der Nacht startete Bo McCray dann den alten Schneeräumer. Die Maschine fauchte und spuckte laut, als wollte sie den Schnee, der in dicken Flocken fiel, herausfordern. Sie sprühte Funken in den Himmel wie ein gewaltiger Riese, der aus einem tiefen, jahrhundertelangen Schlaf erwacht. Ich mochte diesen Lärm, wenn das riesige Gefährt in Gang kam. Schließlich brummte der Motor gleichmäßig, und ich konnte hören, wie mein Großvater aus der Auffahrt fuhr und den Schneeräumer nach Westen Richtung Stadt lenkte. Ich lauschte, bis das Geräusch verklungen war, und stellte mir vor, wie der Schnee nur so zur Seite stob.
    Es war eine jener vertrauten kindlichen Vorstellungen, in denen einem die Erwachsenen als haushoch überlegen und mit unbegreiflichen Kräften und Fähigkeiten ausgestattet erscheinen. Wenn der Motorenlärm des Schneeräumers schließlich in der Nacht verschwand, blieb ich mit der Bewunderung für meinen Großvater zurück, der Berge von Schnee wegschaufelte, und ich schlummerte ein, tief vergraben in Flanellbettwäsche und Wolldecken.
    Die Wärme des Holzofens schaffte es nicht bis in den hinteren Teil des Hauses, wo die Kinder untergebracht waren. Wenn ich ein Glas Wasser auf meinem Nachttisch stehen hatte, kam es vor, dass sich bis zum frühen Morgen eine dünne Eisschicht gebildet hatte. Aber das war nicht weiter schlimm, denn ich wusste, dass die Straßen geräumt waren und jeder Tag unendliche Möglichkeiten brachte. Unter anderem standen die Chancen gut, dass die Schule ausfiel, nachdem die Schulleitung meinen Großvater um seine Einschätzung der Wetterverhältnisse gebeten hatte. Mein Großvater wiederum fragte freundlicherweise oft mich nach meiner Meinung.
    Manchmal arbeitete Großvater McCray vierundzwanzig oder sogar sechsunddreißig Stunden am Stück mit dem Schneeräumer. Wenn er müde wurde, kletterte mein Vater auf den Führersitz und übernahm eine Schicht, und als ich älter geworden und mein Vater gestorben war, war ich an der Reihe. Ich liebte das Gefühl beim Schneeräumen, und die Bewunderung unserer Nachbarn war uns sicher.
    Die älteren, kranken oder armen Bewohner unserer Gemeinde fanden ihre eigene Auffahrt oft geräumt vor, wenn sie aufwachten - eine kleine Extratour, die mein Großvater der Gemeindekasse guten Gewissens zumutete.
    Unser aller Leben hing davon ab, dass mein Großvater die Straßen räumte. In vielen Haushalten gab es kein Telefon, um Hilfe zu rufen. Und wenn es einen Telefonanschluss gab, war die Leitung bei schlechtem Wetter unzuverlässig und oft unterbrochen. Wenn die Straßen nicht geräumt waren, waren wir völlig isoliert.
    Während der Weihnachtsfeiertage waren wir die beliebtesten Leute in Cherokee County, Kansas. Am
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