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Tod in Kreuzberg

Tod in Kreuzberg

Titel: Tod in Kreuzberg
Autoren: C Ditfurth
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Prolog
    P ost-Rudi hatte Rosi an der Ecke Hasenheide/Fichtestraße abgesetzt. Sie waren einen trinken gewesen im Clash , und jetzt wollte Rudi heim, weil er morgen früh rausmusste und Rosi sowieso nicht mitkommen würde. Das hatte ihm ein paar Minuten die Laune verhagelt, aber er nahm natürlich trotzdem das Papppäckchen mit, das Rosi ihm gegeben hatte, mit der Bitte, es verschlossen für sie aufzubewahren. Den Kneipenbesuch war sie ihm schuldig gewesen, schließlich hatte er Konny seine Uniform geliehen und sie nicht mehr zurückbekommen, nachdem die Katastrophe geschehen war. Es war gut ein Jahr vergangen seitdem, aber noch immer wachte Rosi mit diesen schrecklichen Bildern auf. Der Golf mit laufendem Motor, die beiden Typen darin, wie die Räder quietschten, als sie auf Konny in der Postleruniform losrasten und ihn totfuhren. Es war Mord gewesen, aber die Bullen hatten ihr nicht geglaubt, hatten sie als Hysterikerin abgetan. Ja, sie war ausgerastet, aber wie soll man einen klaren Gedanken fassen, wenn vor den eigenen Augen ein Freund ermordet wird? Rosi sah Konnys Leiche immer wieder übers Auto fliegen, wie eine Puppe, ohne Kontrolle über die Glieder. Und in ihr bohrte die Frage, ob sie schuldig geworden sei. Ob sie es hätte verhindern können.
    Sie ging die Fichtestraße hoch, rechts das Cochon de Bourgeois , ein französisches Restaurant für Leute mit Brieftasche. Hinter sich hörte sie Schritte.
    Hätte sie Konny warnen können? Dieser Gedanke plagte sie. Hätte sie nicht ahnen müssen, dass die Typen im Golf Konny ermorden wollten, sie hatten schließlich mit laufendem Motor gewartet? Immer wieder sagte sie sich, dass es erst nach dem Mord klar geworden war, ihr jedenfalls. Es konnte so viele Gründe geben, warum zwei Typen parkten und den Motor nicht ausschalteten. Aber das tröstete sie nicht. Konny war tot.
    Rosi hörte es trappeln in ihrem Rücken. Dann ein Schlurfen.
    Auf der anderen Seite sah sie die graue Betonmasse des Gasometers mit seinen zubetonierten Fenstern, die aussahen wie große Schießscharten. Oben aufgesetzt auf den Koloss, der im Krieg als Hochbunker gedient hatte, ein Kasten aus Stahl und Glas. Licht brannte. Links, nach einer Lücke, ein mehrstöckiges weißes Haus, auch viel Glas, modern, teuer, Eigentumswohnungen. Es wurde viel gebaut, die Reichen eroberten den Gräfekiez. Wer die steigenden Mieten nicht bezahlte, musste gehen, nach Neukölln, Moabit, in den Wedding oder noch weiter an den Rand Berlins. Bis auch dort die Immobilienhaie auftauchten.
    Sie erreichte die Kreuzung zur Urbanstraße, die den Kiez sechsspurig teilte. Die Fußgängerampel war rot, Rosi schaute nach beiden Seiten, auch hinter sich, aber da ging nur ein Pärchen Hand in Hand zur Körtestraße. Sie gackerte hell, es hallte. Rosi querte die Urbanstraße, nachdem ein Taxi vorbeigeschlichen war. Sie blickte dem Auto nach und glaubte einen Augenblick, Matti sitze hinterm Steuer. Ihn hatte sie schon eine Weile nicht mehr gesehen. Vielleicht will ich’s nicht, er erinnert mich an Konny, dachte sie. Er, Twiggy und Dornröschen, die Okerstraßen-WG, die hatten angezettelt, was so schrecklich endete. Doch mit Dornröschen hatte sie gestern telefoniert und sich gewundert, dass es einfach so ging, ohne dass sie weinen musste. Sie hatte sich überwunden, weil es wichtig war und ihr niemand besser helfen konnte als Dornröschen. Bei dieser Sache.
    Die Grimmstraße schloss sich an die Kreuzung in nördlicher Richtung an. Die Fahrbahnen waren geteilt durch Grün und einen Spielplatz.
    Ein gutes Stück vor ihr spazierte ein Mann mit schwarzen Haaren und einer Lederjacke. Er hatte einen federnden Schritt. Er sah bestimmt nicht schlecht aus. Vom Kanal her wehte ihr ein lauer Wind ins Gesicht.
    Hinter ihr trappelte es leise. Sie drehte sich um und sah nichts. Vielleicht einen Schatten, der hinter einer Hausecke verschwand. Einbildung, sagte sie sich. Einbildung. Du spinnst. Da ist niemand. Und wenn doch? Na und? Sie spürte den Schweiß auf der Stirn, unter den Armen. Sie fröstelte.
    Ein Klicken, nicht weit von ihr. Sie zuckte zusammen und lief schneller. Sie hatte es nicht mehr weit. Nur bis zum Ende der Grimmstraße. Ein paar Häuser noch, vor dem Casolare . Sie sah schon das Trafohäuschen, übersät mit Graffiti, gegenüber dem italienischen Restaurant. Dessen Fenster waren dunkel.
    Der Mann vor ihr ging langsamer. Auf der Höhe des Schuppens blieb er stehen. Rosi sah es aufglimmen. Das Licht des Feuerzeugs zeigte ein
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