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Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts
Autoren: Claudia Gray
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1
    Ich schnappte so angestrengt nach Luft, dass meine Brust schmerzte. Mein Gesicht fühlte sich heiß an, und Haarsträhnen klebten an meinem schweißnassen Nacken. Jeder einzelne Muskel tat mir weh.
    Vor mir befand sich Eduardo, einer der Anführer dieser Zelle des Schwarzen Kreuzes, und er hielt einen Pflock in seiner Hand. Überall um uns herum standen seine Vampirjäger, eine zusammengewürfelte Armee in Jeans und Fleece, und beobachteten uns schweigend. Keiner von ihnen würde mir zu Hilfe kommen. Wir standen uns – von ihnen getrennt in der Mitte des Raumes – gegenüber. Grelles Deckenlicht malte tiefe Schatten auf Eduardos Gesicht.
    »Komm schon, Bianca. Spiel mit.« Er konnte seine Stimme wie ein Knurren klingen lassen, und jedes einzelne Wort wurde vom Betonboden und den Metallwänden der verlassenen Lagerhalle zurückgeworfen. »Dies ist ein Kampf auf Leben und Tod. Willst du denn nicht wenigstens versuchen, mich aufzuhalten?«
    Wenn ich einen Satz auf ihn zumachen und probieren würde, ihm seine Waffe aus der Hand zu reißen oder ihn niederzuschlagen, dann würde ich ihm nur die Gelegenheit verschaffen, mich zu Boden zu werfen. Eduardo war schneller als ich, und er war schon seit vielen Jahren auf der Jagd. Vermutlich hatte er Hunderte von Vampiren getötet – und zwar solche, die älter und mächtiger waren als ich.
    Lucas, was soll ich denn nur tun ?, hätte ich am liebsten gefragt, aber ich wagte es nicht, mich nach Lucas umzusehen. Ich wusste, wenn ich auch nur eine Sekunde lang den Blick von Eduardo abwenden würde, wäre der Kampf vorbei.
    Stattdessen machte ich einige Schritte zurück, strauchelte dabei aber blöderweise. Die geborgten Schuhe, die ich trug, waren mir viel zu groß, und einer von ihnen rutschte mir vom Fuß.
    »Wie ungeschickt«, höhnte Eduardo und drehte den Pflock zwischen seinen Fingern, als ob er sich zu entscheiden versuchte, aus welchem Winkel er zustoßen sollte. Er war so überzeugt von sich, und sein Lächeln war so selbstgefällig, dass meine Angst verflog und tiefem Zorn Platz machte.
    Ich griff meinen Schuh und schleuderte ihn Eduardo mit aller Macht ins Gesicht.
    Er traf seine Nase, und die Zuschauer brachen in Gelächter aus. Einige von ihnen klatschten Beifall. Die Anspannung war wie weggeblasen, und ich war wieder Teil der Gang. Das jedenfalls glaubten sie.
    »Schön«, sagte Lucas, der sich aus dem Kreis der Umstehenden gelöst hatte und seine Hände auf meine Schultern legte. »Sehr schön.«
    »Ich habe eben keinen Schwarzen Gürtel.« Ich war außer Atem. Kampftraining machte mich immer völlig fertig, doch zum ersten Mal hatte es nicht damit geendet, dass ich rücklings flach auf dem Boden lag.
    »Du hast gute Instinkte.« Lucas’ Finger massierten die angespannten Muskeln unter dem Ansatz meines Nackens.
    Eduardo hingegen schien es nicht ganz so lustig zu finden, dass ich ihm einen Schuh ins Gesicht geworfen hatte. Er funkelte mich mit einem Gesichtsausdruck an, der weit furchteinflößender gewirkt hätte, wäre Eduardos Nase nicht leuchtend rot angeschwollen.
    »Süß – im Kampftraining. Aber wenn du meinst, dass eine solche Einlage dich in der wirklichen Welt retten kann …«
    »Das wird sie, wenn Biancas Gegner glaubt, er hätte leichtes Spiel mit ihr, so wie du es gerade erwartet hast«, sagte Kate.
    Das brachte Eduardo zum Schweigen, und er lächelte reumütig. Offiziell waren er und Kate gemeinsam die Anführer dieser Zelle des Schwarzen Kreuzes, doch nach nur vier Tagen bei ihnen wusste ich, dass die meisten Leute sich an Kate wandten, wenn es um das letzte Wort in einer Angelegenheit ging. Eduardo schien das allerdings nichts auszumachen. So empfindlich und reizbar Lucas’ Stiefvater gegenüber anderen auch sein mochte – er schien zu glauben, dass Kate unfehlbar war.
    »Es spielt doch keine Rolle, wie man jemanden niederschlägt, solange er zu Boden geht«, sagte Dana. »Können wir nicht endlich essen? Bianca muss am Verhungern sein.«
    Ich dachte an Blut, sättigend und rot und heiß, köstlicher, als jede andere Form der Nahrung es je sein könnte – und ein kurzer Schauer lief mir über den Rücken. Lucas bemerkte es, legte mir seinen Arm um die Taille und zog mich an sich, als wollte er mich zärtlich drücken. »Alles in Ordnung? «, flüsterte er.
    »Bin nur hungrig.«
    Seine dunkelgrünen Augen suchten meinen Blick. Selbst wenn ich eine Spur von Unbehagen wegen meines Blutdurstes bei ihm erkennen konnte, so war da doch auch
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