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Ein Hund namens Gracie

Ein Hund namens Gracie

Titel: Ein Hund namens Gracie
Autoren: Dan Dye , Mark Beckloff
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dem Versuch herauszufinden, wer sie geschubst hatte. Dann lag sie eine Weile mit geöffneten Augen da, bevor sie beschloss, dass es okay war zu schlafen.
    Von ihren Problemen beim Aufstehen und Hinlegen einmal abgesehen, schien ihr der Sprit auszugehen. Wenn wir sie in Ruhe ließen und Claire sie nicht wegziehen konnte, hatte Gracie nun den Hang zu schlafen. Ein paar Wochen lang hatte ich mich bemüht, sie mit einem langsamen Abendspaziergang etwas aufzulockern. Wir liefen die Auffahrt bis zur Kiesstraße hinunter und mäanderten müßig, wobei Claire buchstäblich in Kreisen um uns herumlief. Gracie ging weder vor noch hinter mir, sie lief immer an meiner Seite.
    Die Auffahrt war fast einen halben Kilometer lang, deswegen war es ein ziemlich langer Spaziergang für Gracie. Wenn wir am Haus ankamen, hechelte sie meistens und wollte nur noch Wasser und ihr Kissen, aber ich hatte nicht ein einziges Mal den Eindruck, dass sie lieber zu Hause geblieben wäre. (Claire dagegen sah den Spaziergang als Aufwärmphase für einen Marathon an, sie war jetzt bereit zu rennen!)
    Es dauerte vielleicht einen Monat, dann ging Gracie die Energie für diese Spaziergänge aus. Ich kürzte unseren Ausflug auf zwei Drittel, und einen Monat später waren wir bei der Hälfte angekommen. Aber wenn wir dann ins Haus zurückkamen, war sie so erschöpft, dass ich merkte, sie tat es nur meinetwegen. Sie meinte, ich bräuchte sie auf meinem Spaziergang. Ich fing an, mir Sorgen zu machen, dass Claires Tempo beim Toben für Gracie zu anstrengend war, deswegen ließ ich sie im Haus und verbrachte diese Zeit nur mit Gracie. In der nächsten Woche verkürzte ich den Weg auf ein Viertel der Auffahrt, aber selbst das war offensichtlich zu viel -danach lag sie fünf Minuten auf der Terrasse und atmete schwer, bevor sie versuchte, sich aufzurappeln und ins Haus zurückzugehen. Also hörte ich auf, sie zu dem Spaziergang zu drängen. Am Abend, wenn ich von der Arbeit nach Hause kam, stellten wir beide uns zusammen auf die Terrasse und lauschten dem Wind. Beziehungsweise hörte ich ihm zu und Gracie reckte ihre große Nase in die Luft, sie las den Wind. Mir wurde bewusst, dass ich vorher noch nie einfach nur dem Wind zugehört hatte. Nacht um Nacht wurde mir klarer, wie viel es wahrzunehmen galt - nicht nur ab und an ein Auto in der Ferne oder die Säugetiere, Insekten und Vögel, sondern das Singen des Windes in den Blättern und Gräsern. Er flüsterte mir etwas ins Ohr und kitzelte uns sanft.
     

     
    Wenn ich Claire dann schließlich erlaubte, sich zu uns zu gesellen, hatte sie je nach Stimmung verschiedene Weisen, sich auf Gracie zu beziehen. Manchmal lief sie wie aufgezogen um Gracies lange Beine herum, während Gracie still wie eine Statue stand. Und manchmal, wenn sie besonders süß war, stellte sich Claire nah an Gracie und hielt die Schnauze hoch in die Luft, schnupperte ganz ruhig mit uns die Abendluft, zufrieden, so nah an ihrer Gefährtin zu sein. Es war, als wisse sie, dass Gracie jetzt mehr denn je auf unsere Freundschaft angewiesen war. Ich war stolz zu sehen, was für ein sensibles und warmherziges Mädchen Gracie großgezogen hatte.
    Eines Nachts gegen Ende des Jahres nahm es mit Gracie eine Wendung zum Schlechten. Es war zur Schlafenszeit, und Gracie ging durch dieselbe Routine wie eh und je - herumkreisen, stampfen, innehalten, mit dem Hinterteil wedeln und sich fallen lassen. Aber dieses Mal hatte sie ihre Position falsch eingeschätzt und ihr Hinterteil schlug hart auf den Boden. Sie keuchte schwer, als habe ihr etwas den Atem genommen, aber anstatt sich umzusehen, welcher Grobian Schuld hatte, sah sie mich an.
    Es war der traurigste Blick, den ich je gesehen hatte. Es war wie ein Eingeständnis ihrer Sterblichkeit - ihr selbst und mir gegenüber: Unsere gemeinsame Reise näherte sich dem Ende.
    Ich wollte unbedingt etwas tun, also brachte ich sie zu Dr. Franklin, unserem neuen Tierarzt, seit wir auf dem Land wohnten. Er war überrascht, wie gesund Gracies Organe für eine Deutsche Dogge ihres Alters noch waren, aber trotzdem war es klar, dass irgendetwas Gravierendes vorlag, und er versprach, mich am nächsten Tag wegen der Laborbefunde anzurufen.
    Er bestätigte Gracies Botschaft. Ihr Herz und die anderen Organe waren in Ordnung, aber sie litt unter einer sich verschärfenden Nervenkrankheit, die sich im ganzen Körper ausbreitete. Vorsichtig skizzierte mir der Tierarzt den weiteren Verlauf in den nächsten Wochen.
    Vor zehn Jahren
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