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Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Hummer macht noch keinen Sommer
Autoren: Tanja Wekwerth
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Küche. Wenig später hörte man ihn rufen: »Frau Schilling! Äh, Natalie, meine Liebe, komm herein. Oooh, was für wunderschöne Blumen bringst du mir! Das brauchst du doch nicht. Und was ist das? Szechuan-Pfeffer? Der passt ja zu allem. Vielen lieben Dank!«
    »Die Frau mit dem Hallux valgus«, flüsterte Hertha David zu.
    »Ich bin sehr gespannt.« David erhob sich, strich sein T-Shirt glatt und ging zur Wohnungstür, um Natalie zu begrüßen. »Klasse Haarschnitt«, sagte er. »Macht Sie zehn Jahre jünger.«
    »Danke.«
    »Ist das eine Tönung oder Ihre natürliche Haarfarbe?«
    »David, lass sie doch erst mal reinkommen, bevor du über sie herfällst.«
    »Ich frag ja bloß.«
    Natalie lachte. »Ziemlich viel natürlich und ein kleines bisschen Chemie.«
    »Siehste«, rief David Theodor zu und reichte Natalie die Hand. »Ich bin David.«
    »Ich hatte bereits einen Verdacht«, erwiderte sie.
    Es klingelte wieder.
    »Theodor!«, rief Hertha aus dem angrenzenden Wohnzimmer. Sie thronte immer noch auf dem Sofa und fühlte sich vernachlässigt. »Es klingelt.«
    »Das höre ich doch.«
    »Dann mach auf.«
    Theodor drückte auf den Türöffner.
    Wenig später wetzte Feivel in die Wohnung, gefolgt von Rosie, die, ohne nach rechts und links zu schauen, auf David zulief und ihm in die Arme sprang. »Meine Lullu-Fee!«, schrie er außer sich vor Freude. »Meine kleine Lullu-Fee! Ich habe dich so vermisst!«
    Jetzt trat auch Rudolf ein.
    »Darf ich vorstellen, Theodor? Das ist mein Freund Rudolf Euter.« David, immer noch Rosie auf dem Arm haltend, deutete auf Rudolf. »Rudolf, das ist mein Lebenspartner Theodor Silberstadt.« Er klopfte Theodor auf die Brust. »Ein ausgezeichneter Therapeut, falls du mal das Bedürfnis haben solltest, dich ein wenig freizusprechen …«
    »Gute Idee«, murmelte Rudolf und reichte Theodor die Hand, bevor er ihm eine Papptüte mit drei Flaschen Wein überreichte.
    »Vielen herzlichen Dank, Herr … Euter «, murmelte Theodor und ermahnte sich, ernst zu bleiben. Mit so einem Nachnamen kann man jederzeit ein paar Therapiestunden gebrauchen, dachte er. Dann rief er gut gelaunt: »Geht doch alle schon mal zu Tisch. David hat Platzkärtchen geschrieben. Ist das nicht reizend? Er hat darauf bestanden. Wer möchte einen Rotwein?«
    Wenig später nahm Natalie zwischen Hertha und Rudolf Platz.
    »Was machen die Füße?«, fragte Hertha.
    »Schon viel besser.« Natalie trank einen Schluck Wein aus dem Glas, das ihr Theodor gerade gereicht hatte, und ließ ihren Blick durchs Zimmer schweifen. Als sie das letzte Mal hier gewesen war, hatte sie nichts angehabt. Sie schauderte. Nicht mehr daran denken.
    »Ich kann Ihnen einen hervorragenden Orthopäden empfehlen«, sagte Hertha. »Schieben Sie das nicht auf die lange Bank. Ich habe Sie übrigens neulich im Fernsehen gesehen.«
    »Was haben Sie denn gesehen?«, fragte Natalie verunsichert.
    »Na, Ihren großen Abgang! Wie Sie dieses alberne Buch in den Brunnen geschmissen haben, das war schon toll.«
    »Ja?«
    »Absolut.« Hertha trank ihr Glas halb leer. »Hat mir gut gefallen. Wir sind ja leider anders erzogen worden. Bei uns hieß es ›Durchhalten und Klappe halten‹. Die Jugend von heute ist viel freier.«
    »Jugend?« Natalie lächelte.
    »Sie sind doch eine junge Frau! Rosie, nimm die Finger vom Grammophon!«
    »Lass sie ruhig, Maman«, sagte Theodor. »Komm, Rosie, ich zeig dir, wie das geht, und die nächste Platte darfst du auflegen. Mit Samtpfötchen.«
    Rosie nickte andächtig. »Mit Samtpfötchen«, wiederholte sie leise.
    »Schau, du drehst an dieser Kurbel, und dann …«
    »Brennt da was, Theodor?«, fragte David.
    Verdutzt sah Theodor auf, dann rannte er schreiend in die Küche, wo seine Vorspeise – im Ofen gegrillte Zucchini – eine schwarze Färbung angenommen hatte. »Mist!«, brüllte er und schlug auf den Rauchmelder ein, der gerade anging. »Aber ich habe noch Grissini, die werde ich einfach mit Schinken umwickeln …«
    »Keine Grissini!«, rief David in Richtung Küche.
    »Warum?«
    »Frag Frau Schilling.«
    »Natalie?« Theodor kam leicht zerzaust ins Wohnzimmer zurück. »Warum keine Grissini?«
    David grinste tückisch.
    »Ich mag Grissini persönlich ganz gern …«, hob sie an.
    »Du lügst!«, rief Theodor.
    »Lass sie aussprechen!«, sagte David. »Sie wird dir sagen, dass Grissini total abgedroschen sind und dass …«
    »Ich habe schon verstanden«, unterbrach Theodor. »Keine Grissini.«
    »Kinder!« Hertha fasste
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