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Ein Hueter erwacht

Ein Hueter erwacht

Titel: Ein Hueter erwacht
Autoren: Vampira VA
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geöffnet worden waren. Keines Wortes hatte es dazu bedurft, ein bloßer Blick in die Augen der Wächter hatte ge nü gt Dort oben warteten sie auf ihn. Sie, die ihm ihre besondere Kraft, ihr besonderes Leben verdankten - ihm und dem Kelch, den er hütete und von Land zu Land trug. Seit tausend Jahren.
    Der Verwalter des Unheiligtums der Alten Rasse ließ den Blick umherschweifen, über die Stadt hinweg. Wie sehr hatte sie sich doch verändert in all dieser Zeit. Aus einer kleinen Ansiedlung war ein jetzt schon bedeutendes Handelszentrum geworden, und dem Wachstum dieser Stadt schien kein Ende zu sein.
    Ein Lächeln ging über die Züge des Hüters. O ja, es war damals die rechte Entscheidung gewesen, hier in dieser Stadt einen der Grundsteine zu legen, auf denen die Macht der Alten Rasse sich gründen sollte. Es war diese Entscheidung so richtig gewesen wie viele andere.
    Er hatte die Aufgabe nicht nur des Kelchhüters, sondern mehr noch des Schöpfers eines ganzen Volkes mit Bravour gemeistert. In tausend Jahren war es aus kleinen Anfängen prachtvoll gediehen, und heute reichten die Wurzeln der Alten Rasse schon tief hinein in jedes Menschenvolk dieser Welt.
    Die tausendjährige Reise hatte an den Kräften des Hüters gezehrt, obgleich er sich an ihren Anfang noch erinnerte, als läge er kaum einen Tag zurück. In tiefer Dunkelheit war er einst erwacht und in vollkommener Stille, die ihm rückblickend noch tiefer erschien als jene des Todes, die er im Laufe der langen Jahre ein ums andere Mal kennengelernt hatte. Nichts und niemand hatte ihm damals eingesagt, was fortan seine Aufgabe wäre; er hatte sie übernommen, als wäre sie Teil seines umfassenden Wissens, das alles Notwendige über die Menschheit und die Welt an sich enthalten hatte. Und so hatte er den Ort seines langen Schlafes, dessen Vorher ihm nie von Interesse gewesen war, verlassen und war hingegangen, um seinen Auftrag zu erfüllen.
    Über die Jahrhunderte hatte er das Wachsen seines Volkes verfolgen können, und mit der Zeit hatten sie ihn in einen besonderen Status erhoben - sie sahen in ihm eine Art Gott; in jedem Fall aber hielten sie ihn für den Mächtigsten aller Vampire, und das mochte er wohl auch sein, wenngleich er seine wahre Macht selbst nie erfahren hatte, denn es war nicht notwendig gewesen, sie bis zur Neige auszuschöpfen. Die Ignoranz und Dummheit der Menschen hatten stets für Kelch und Hüter gearbeitet, so daß es kaum je Schwierigkeiten gegeben hatte, die Alte Rasse zu etablieren.
    Obwohl aber die Macht der Vampire prächtig gediehen war und Früchte trug, durfte der Hüter in seinem Bemühen, diese Macht zu mehren, nicht nachlassen. Denn die Welt wuchs stetig in dieser Zeit; neues, bis dahin unbekanntes Land wurde besiedelt, und überall dort war das Wirken von Kelch und Hüter erforderlich, sollte die Geheime Herrschaft der Alten Rasse weiter wachsen. Und das sollte sie, natürlich, aus gutem Grunde, der da hieß - Der Ausdruck im wahren Gesicht des Hüters (in jenem also, das unter seiner Maske lag) wurde überlegend. Der Grund, über den er eben nachgesonnen hatte - er wußte, daß es ihn gab; und doch kannte er ihn nicht. Noch nicht ... Zugleich aber hatte er das Gefühl, daß dieser Grund zum Greifen nahe war - daß er ihn erfahren würde, bald schon. Als Lohn für sein Wirken?
    »Was ist nur mit mir«, fragte er sich leise, »daß mich gerade in dieser Stunde solche Gedanken heimsuchen?«
    Als müßte er sich dazu zwingen, sah der Hüter wieder hinauf zum Versammlungsort der hiesigen Sippe. Dorthin mußte er, dort wurde er erwartet, wohl sehnlichst schon.
    Gerade wollte er seinem Pferd die Fersen in die Weichen stoßen, um es weiter den Weg hinaufzutreiben, als er inmitten der Bewegung verhielt.
    Weil - etwas zu ihm sprach! Etwas, das ihn tausend Jahre lang begleitet und immerdar geschwiegen hatte. Und nun plötzlich .
    »Deine Zeit ist um! Geh dorthin zurück, woher du einst kamst! Geh sofort. Du wirst erwartet!«
    Der Hüter spürte die unmögliche Bewegung auf seinem Gesicht, und die Worte kamen von Lippen, die zu seinen geworden waren. Dennoch war es nicht seine Stimme, die da sprach, sondern - - die der Maske!
    Sie lebte! Diese tote Haut, die sein wahres Gesicht seit tausend Jah-ren vor jedem Blick verbarg, lebte!
    Damals, als er erwacht war, hatte er die Maske zu seinen Füßen gefunden. Wie von selbst hatte er sie sich übergestülpt und an seiner Haut befestigt, und im Laufe der Zeit war sie ihm so vertraut
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