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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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Und wozu führt das auch? ... In meiner ersten Jugend war ich ein Träumer; ich liebte es, abwechselnd bald traurige bald freudige Bilder, welche meine unruhige und gierige Phantasie schuf, zu hätscheln. Aber, was ist mir davon geblieben? Nichts als jene Müdigkeit, die man nach einem nächtlichen Kampfe mit einem Gespenst empfindet, und eine traurige Erinnerung voller Bitterkeit.
     
    In diesen vergeblichen Kämpfen habe ich die Glut meiner Seele und jene Willenskraft erschöpft, welche für ein thätiges Leben unumgänglich nothwendig sind. Als ich in dieses Leben eintrat, hatte ich es schon im Geiste durchlebt, und ich empfand eine Langeweile und einen Widerwillen, wie Jemand, der eine schlechte Nachahmung eines ihm schon längst bekannten Werkes liest.
     
    Die Vorgänge dieses Abends hatten einen tiefen Eindruck auf mich gemacht und meine Nerven erschüttert. Ich weiß in der That nicht, ob ich jetzt an Vorherbestimmung glaube oder nicht, aber an jenem Abende glaubte ich fest daran. Der Beweis war überzeugend, und obgleich ich mich über unsere Vorfahren und ihre dienstwillige Astrologie lustig machte, war ich doch unwillkürlich in dasselbe Geleise gefallen. Aber ich hielt mich selbst rechtzeitig auf diesem gefahrvollen Wege an, und da es Grundsatz bei mir war, nichts entschieden zu verwerfen oder blindlings zu glauben, so warf ich die Metaphysik bei Seite, um die Erde unter meinen Füßen zu sehen. Eine solche Vorsicht war durchaus am Platze, – denn beinah wäre ich über etwas Dickes und Weiches, aber dem Anschein nach, Lebloses gefallen.
     
    Ich neige mich herab – der Mond schien bereits gerade auf den Weg ... Und was sehe ich? Vor mir lag ein Schwein, das mit einem Säbel mitten durchgehauen war ... Kaum hatte ich es erblickt, als ich das Geräusch von Schritten vernahm: Zwei Kosaken kamen aus einem benachbarten Gäßchen hervorgestürzt. Der Eine näherte sich mir und fragte mich, ob ich einen betrunkenen Kosaken gesehen, der ein Schwein verfolgt hätte. Ich sagte ihnen, daß ich dem Kosaken nicht begegnet sei, zeigte ihnen aber das unglückliche Opfer seiner übelangebrachten Tapferkeit.
     
    "Ein solcher Räuber!" rief der zweite Kosak. "Wenn er zu viel Most getrunken hat, vernichtet er alles, was ihm in den Weg kommt. Wir wollen ihm nacheilen, Jeremeitsch wir müssen ihn binden, sonst ..."
     
    Sie entfernten sich; ich setzte meinen Weg mit größerer Vorsicht fort und gelangte endlich glücklich in mein Quartier.
     
    Ich wohnte bei einem alten Corporal, den ich wegen seines guten Charakters, vor allem aber um der hübschen Nastja, seines Töchterchens willen gerne leiden mochte.
     
    Wie gewöhnlich erwartete sie mich, in ihren Pelz gehüllt, an dem Pförtchen. Der Mond beleuchtete ihre schönen Lippen, welche von der nächtlichen Kälte etwas blau geworden waren. Als sie mich erkannte, lächelte sie; aber ich war nicht in der Stimmung, mich mit ihr zu befassen.
     
    "Guten Abend, Nastja," sagte ich, indem ich an ihr vorüberging. – Sie wollte etwas antworten, seufzte jedoch nur.
     
    Ich schloß hinter mir die Thür meines Zimmers, steckte ein Licht an und warf mich auf das Bett. Allein der Schlaf ließ diesmal länger als gewöhnlich auf sich warten. Im Osten begann es bereits hell zu werden, als ich endlich einschlummerte, – aber ohne Zweifel stand es im Buch des Schicksals geschrieben, daß ich diese Nacht ohne Schlaf verbringen sollte. Gegen vier Uhr Morgens klopften zwei Fäuste an mein Fenster. Ich sprang auf.
     
    "Was gibt's?"
     
    "Steh' auf, kleide dich an!" riefen mir mehrere Stimmen zu. Ich kleidete mich rasch an und ging hinaus.
     
    "Weißt du auch, was geschehen ist?" sagten zugleich drei Offiziere, – sie waren leichenblaß.
     
    "Was denn?"
     
    "Wulitsch ist todt." – Ich war wie versteinert.
     
    "Ja, todt!" fuhren sie fort. "Komm' schnell mit."
     
    "Wohin denn?"
     
    "Das wirst du unterwegs erfahren."
     
    Wir gingen. Sie erzählten mir Alles, was geschehen war, nicht ohne verschiedene Bemerkungen einzuflechten über die sonderbare Vorherbestimmung, welche ihn noch eine halbe Stunde vor seinem Tode von einem unvermeidlichen Untergange gerettet hatte. – Wulitsch war über die finstere Straße allein nach Hause gegangen. Da war ihm der betrunkene Kosak begegnet, der das Schwein umgebracht hatte, und vielleicht wäre er, ohne ihn zu bemerken, an ihm vorübergegangen, wenn nicht Wulitsch plötzlich stehen geblieben wäre und ihn gefragt hätte: "Wen suchst du,

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