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Ein Haus zum Traumen

Ein Haus zum Traumen

Titel: Ein Haus zum Traumen
Autoren: Roberts Nora
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Hälfte der Liste fielen ihr die Augen zu. Da sie um acht Uhr morgens bereits ausgecheckt haben und auf der Baustelle sein wollte, schaltete sie den Fernseher und das Licht aus.
    Beim Einschlafen hörte sie die Stimmen aus dem Nebenzimmer deutlicher. Janet Hardys schöne Stimme sang ein herzzerreißendes Liebeslied.
    »Perfekt«, murmelte Cilla, während das Lied ihr in den Schlaf folgte.
    Sie saß auf der hübschen Terrasse mit vollem Blick auf den Teich und die grünen Hügel, die sanft in die blauen Berge übergingen. Rosen und Lilien erfüllten die Luft mit ihrem betäubenden Duft, die Bienen summten trunken, und ein Koli bri, glitzernd wie ein Smaragd, tauchte seinen gebogenen Schnabel in den Nektar. Die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel und tauchte alles in ein goldenes Märchenlicht. Die Vögel zwitscherten sich die Seele aus dem Leib. Es herrschte eine Harmonie wie in einem Disney-Film.
    »Ich erwarte, jeden Moment Bambi mit Klopfer herumspringen zu sehen«, sagte Cilla.
    »So habe ich es auch erlebt. In den guten Zeiten.« Jung, schön, in einem zarten weißen Kleid trank Janet einen Schluck von ihrer prickelnden Limonade. »Perfekt wie eine Bühnenszene und bereit für meinen Auftritt.«
    »Und in den schlechten Zeiten?«
    »Ein Zufluchtsort, ein Gefängnis, ein Irrtum, eine Lüge.« Janet zuckte mit ihren schönen Schultern. »Aber immer eine andere Welt.«
    »Warum hast du deine eigene Welt mitgebracht?«
    »Ich brauchte sie. Ich konnte nicht alleine sein. Wenn du alleine bist, ist zu viel Raum um dich herum. Wie willst du ihn füllen? Freunde, Männer, Sex, Drogen, Partys, Musik. Aber trotzdem war es manchmal hier sehr still. Ich konnte eine Rolle spielen, so tun, als sei ich wieder Gertrude Hamilton. Obwohl sie starb, als ich sechs war, und Janet Hardy zur Welt kam.«
    »Möchtest du wieder Gertrude sein?«
    »Natürlich nicht.« Ein Lachen, hell und kühn wie der Tag, tanzte durch die Luft. »Aber ich tat gerne so, als ob. Gertrude wäre eine bessere Mutter gewesen, eine bessere Ehefrau, wahrscheinlich überhaupt eine bessere Frau. Aber Gertrude wäre nicht halb so interessant gewesen wie Janet. Wer hätte sich schon an sie erinnert? Und Janet? Sie wird niemals vergessen werden.« Janet legte den Kopf schräg und lächelte ihr berühmtes Lächeln – Humor und Wissen, gepaart mit einer Spur von Sex. »Bist du nicht der Beweis dafür?«
    »Möglich. Aber meiner Meinung nach ist das, was mit dir und mit diesem Ort passiert ist, eine schreckliche Verschwendung. Ich kann dich nicht zurückholen, dich nicht kennen lernen. Aber das hier kann ich.«
    »Tust du es für mich oder für dich?«
    »Für uns beide, glaube ich.« Sie sah die blühenden, duftenden Bäume, die Pferde, die auf grünen Wiesen grasten, goldene und weiße Umrisse vor den Hügeln. »Ich sehe es nicht als perfektes Bühnenbild. Perfektion brauche ich nicht. Ich sehe es als dein Vermächtnis an mich, und wenn ich es zurück holen kann, ist es mein Tribut, den ich dir zolle. Ich komme von dir und durch meinen Vater, von diesem Ort. Das möchte ich wissen und spüren.«
    »Dilly hat es hier gehasst.«
    »Ich weiß nicht, ob das immer schon so war. Aber jetzt stimmt es.«
    »Sie wollte Hollywood – in großen, glänzenden Buchstaben. Dieser Wunsch wurde ihr in die Wiege gelegt, aber sie hatte nicht genug Talent oder Mumm, sich ihn auf Dauer zu erfüllen. Du bist nicht wie sie. Auch nicht wie ich. Vielleicht …« Janet trank lächelnd noch einen Schluck. »Vielleicht bist du eher wie Gertrude. Mehr wie Trudy.«
    »Wen hast du in jener Nacht getötet? Janet oder Gertrude?«
    »Das ist die Frage.« Janet warf lächelnd den Kopf zurück und schloss die Augen.
    Aber was war die Antwort darauf?, fragte sich Cilla am nächsten Morgen, als sie zur Farm fuhr. Und warum spielte es eine Rolle? Warum stellte sie in einem Traum überhaupt Fragen?
    Tot war tot. Und bei ihrem Vorhaben ging es nicht um Tod, sondern um Leben. Darum, aus etwas Zerstörtem etwas für sich selbst zu schaffen.
    Als sie anhielt, um die alten Eisentore aufzuschließen, die die Einfahrt versperrten, überlegte sie, ob sie sie nicht entfernen lassen sollte. Wäre das eine symbolische Öffnung oder einfach nur unglaublich dumm, weil so jeder eindringen konnte? Quietschend protestierten die Tore und hinterließen Rost an ihren Händen, als sie sie aufschob.
    Ach was, dachte sie, weder das eine noch das andere. Die Tore kamen weg, weil sie lästig waren. Später konnte sie sie
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