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Ein Haus zum Traumen

Ein Haus zum Traumen

Titel: Ein Haus zum Traumen
Autoren: Roberts Nora
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einen Moment bewegungslos da. Das Jammern am Schluss hatte darauf hingewiesen, dass Dilly fertig war, ins Bett gehen oder sich einfach an Ort und Stelle zu Boden sinken lassen und einschlafen würde. Aber vorher begab sie sich immer erst auf vermintes Gebiet.
    Cilla drückte die Kurzwahltaste, unter der sie Ehemann Nummer fünf gespeichert hatte. »Mario«, sagte sie, als er abnahm. »Wo bist du?«
    Sie brauchte keine Minute, um ihm die Situation zu schildern, und dann schnitt sie dem besorgten Mario das Wort ab und legte auf. Cilla zweifelte nicht daran, dass er sofort nach Hause fahren und Dilly mit dem Mitgefühl, der Aufmerksamkeit und dem Trost überschütten würde, die sie verlangte.
    Hellwach und gereizt schlüpfte sie aus ihrem Schlafsack. Sie ging zur Toilette, und dann huschte sie im Schein der Taschenlampe in die Küche hinunter, um sich eine neue Flasche Wasser zu holen. Sie öffnete die Haustür und betrat die Baustelle auf der Veranda.
    Alle funkelnden Lichter waren mittlerweile erloschen, und die Hügel waren tiefdunkel. Trotz der Sterne, die durch die Wolken am Himmel blinkten, war es wie ein Grab. Schwarz, stumm und kalt. Die Berge erhoben sich schwarz vor ihr, und die Luft war so still, dass sie beinahe dachte, das Haus hinter sich atmen hören zu können.
    »Freund oder Feind?«, fragte sie laut.
    Mario würde in das Haus in Bel Air eilen, murmeln und streicheln, schmeicheln und liebkosen, und schließlich seine betrunkene Frau in seine muskulösen (und jüngeren) italienischen Arme nehmen, um sie in ihr Bett zu tragen.
    Dilly sagte ständig, sie sei so allein, immer so allein. Aber sie wusste gar nicht, was das hieß, dachte Cilla. Sie wusste nicht, was Alleinsein wirklich bedeutete.
    »Und du?«, fragte sie Janet. »Ich glaube, du wusstest, was es heißt, alleine zu sein. Von so vielen Menschen umgeben und doch schrecklich, jämmerlich alleine zu sein. Na ja, ich weiß es auch. Und das hier ist auf jeden Fall besser.«
    Es war besser, dachte Cilla, in einer stillen Nacht alleine zu sein, als in einer Menschenmenge alleine zu sein. Viel besser.
    Sie ging wieder hinein und schloss die Tür.
    Um sie herum seufzte das Haus.

3
    F ord verbrachte zwei Stunden damit, Cilla durch sein Fernglas zu beobachten und sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu zeichnen. Die Art ihrer Bewegungen war für seinen Entwurf genauso wichtig wie ihr Aussehen. Linien, Rundungen, Form und Farbe – alles gehörte dazu. Aber Bewegung war das Wichtigste. Anmut und Sportlichkeit. Nicht wie eine Ballerina, nein. Eher wie … eine Sprinterin. Zielgerichtete Stärke statt fließender Kunst.
    Die Anmut einer Kriegerin, dachte er. Ökonomisch und tödlich.
    Er wünschte, er könnte sie mit offenen Haaren sehen, statt immer nur mit dem Zopf. Auch eine genaue Betrachtung ihrer Arme und ihrer Beine wäre nützlich. Und natürlich könnte es auch nicht schaden, die übrigen Körperteile zu kennen, die ab und zu ins Bild kamen.
    Er hatte sie gegoogelt und einige Fotos studiert. Außerdem hatte er sich ihre Filme bestellt, damit er sie sich darin anschauen konnte. Aber ihr letzter Film – I’m Watching, Too! – war fast acht Jahre alt.
    Er wollte die Frau, nicht das Mädchen.
    Die Geschichte hatte er bereits im Kopf, und sie wollte unbedingt heraus. Am Abend zuvor hatte er sich zwei Stunden von seinem neuen Seeker -Roman weggestohlen, um das Exposé zu schreiben. Und vielleicht würde er sich heute auch noch ein bisschen Zeit dafür nehmen, aber zuerst einmal wollte er ein paar Bleistiftzeichnungen machen, und das konnte er erst, wenn er detailliertere Skizzen hatte.
    Das Problem war nur, dass sein Modell viel zu viel anhatte.
    »Ich würde sie wirklich gerne mal nackt sehen«, sagte er, und Spock grunzte kennerisch. »Nein, nicht so. Na ja, doch, so auch. Aber eigentlich meine ich es in professioneller Hinsicht.«
    Spock wälzte sich stöhnend und ächzend auf die Seite. »Natürlich bin ich ein Profi. Schließlich bezahlen sie mich dafür, und nur deshalb kann ich mir dein Futter leisten.«
    Spock nahm den kleinen, zerkauten Bär, den er immer mit sich herumschleppte, ins Maul, erhob sich und legte ihn Ford vor die Füße. Dann begann er, hoffnungsvoll hin und her zu tanzen. »Das haben wir doch schon besprochen. Du bist für ihn verantwortlich.«
    Ford wandte sich von dem Hund ab und dachte wieder an Cilla. Er würde ihr noch einmal einen gutnachbarlichen Besuch abstatten. Vielleicht konnte er sie ja dazu überreden, ihm Modell zu
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