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Ein Hauch Von Sterblichkeit

Ein Hauch Von Sterblichkeit

Titel: Ein Hauch Von Sterblichkeit
Autoren: Granger Ann
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Nachbarschaft. Eine halbe Stunde später steuerte sie ihren Wagen auf den Parkplatz der städtischen Auktionshalle. Sie schloss den Wagen ab und ging über den unregelmäßig geformten Platz in Richtung der offenen Türen eines verschachtelten Gebäudes aus verwittertem Stein. Es machte den Eindruck, als sei es früher einmal ein Mietstall gewesen, doch befand sich ein Schild über dem eichenen Türsturz – ein Schild, das wohl auch schon wenigstens zwei Generationen alt war – mit der Aufschrift:
    BAILEY AND BAILEY Schätzer und Auktionatoren Haushaltsauflösungen Antikes Mobiliar und Memorabilien
    Ein Plakat an einem schwarzen Brett kündigte die bevorstehende Weihnachtsversteigerung an. Die Vorbereitungen waren unübersehbar im Gange. Der Weg in die Auktionsräume war blockiert von einer halbrunden Schubladenkommode aus Walnussholz. Auf Merediths Seite der Kommode, außerhalb des Gebäudes, stand ein stämmiger Mann in einer Schürze aus grünem gewalkten Wollfries, die Arme in die Seiten gestemmt. Auf der anderen Seite der Kommode, schon im Innern der Halle, stand, nur bis zum Bauch sichtbar, ein blasser jüngerer Bursche mit einer Baseballkappe.

    »Wir müssen sie seitwärts nehmen, Ronnie!«, meinte der stämmige Mann.
    »Oder die Schubladen raus«, entgegnete die Baseballkappe.
    »Nicht nötig. Bind einfach dieses Stück Seil herum, dann fallen die Schubladen nicht raus.«
    »Herr im Himmel!«, brüllte eine Stimme von irgendwo drinnen.
    »Nehmt die verdammten Schubladen raus! Und passt auf die Ecken auf! Das ist ein frühviktorianisches Stück!«
    »Keine Sorge, Mr. Bailey«, gab der erste Mann nicht weniger laut zurück.
    »Überlassen Sie nur alles Ronnie und mir!« Die Walnusskommode begann zu schaukeln und zu schwanken, als sie angehoben wurde.
    »Gut so. Heb dein Ende hoch, Ted!«, rief die Baseballmütze.
    »Passt auf die Schubladen auf!«, heulte die unsichtbare Stimme im Innern der Halle.
    »Wir legen ein Seil um sie!«, brüllte die Baseballmütze zurück.
    »Nicht um Sie, meine Liebe«, fügte er an Meredith gewandt hinzu, die das Geschehen interessiert beobachtete. Er nahm seine Mütze ab und kratzte sich am Kopf. Meredith stellte fest, dass er älter war, als sein Aussehen vermuten ließ. Die Baseballkappe war weniger ein jugendlicher Spleen als eine Methode, das dünner werdende Haar zu verbergen. Das Möbelstück war endlich gesichert und wurde nun Zentimeter um Zentimeter durch die Lücke geschoben. Meredith folgte den Männern mit der Kommode nach drinnen. Sie fand sich in einem großen, niedrigen Saal wieder. Sie blinzelte, und als ihre Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, sah sie, dass ringsum alles Mögliche an Mobiliar, Kitsch, Bildern, Büchern und geheimnisvollen Kisten unbekannten Inhalts aufgestapelt stand. Ronnie und Ted hatten inzwischen ihre Last auf der anderen Seite der Halle abgesetzt, wo sie vom Besitzer der dritten Stimme misstrauisch untersucht wurde. Er war ein großer, dünner Mann, dessen Goldrandbrille und kragenlanges ergrauendes Haar ihm ein gelehrtes Aussehen verliehen. Er trug einen karierten Prince-of-Wales-Anzug von altmodischem Schnitt und im Kontrast dazu eine recht poppig wirkende Fliege. Meredith wusste, dass dies Austin Bailey war und dass er, trotz des Schildes über der Tür, gegenwärtig der einzige Bailey war, der das Auktionshaus führte. Offensichtlich war er im Augenblick beschäftigt. Sie ließ ihn mit der Kommode allein und wanderte durch das Gewirr von Möbeln, an Gestellen voller Porzellan und Glas vorbei, wobei sie immer wieder neugierige Blicke auf vergilbte Ölgemälde und stockfleckige Drucke warf, bis sie schließlich im hinteren Teil der Halle ein winziges Büro erreichte. Das Büro war leer. Sie hatte erwartet, Sally Caswell anzutreffen. Vermutlich war Sally für ein paar Minuten nach draußen gegangen, obwohl der winzige Raum so sehr die Aura von Verlassenheit ausstrahlte, als hätte noch niemand an diesem Morgen einen Fuß in ihn gesetzt. Keine Spur von irgendwelchen Habseligkeiten, die einer bestimmten Person sich hätten zuordnen lassen, kein Mantel am Haken, nicht einmal Sallys Thermoskanne. Der Computer war ausgeschaltet, der Bildschirm kalt. Es war schon sehr eigenartig. Zwei Stapel bedrucktes Papier lagen auf dem Schreibtisch. Meredith nahm ein Blatt vom ersten Stapel und las. Wie das Plakat vor dem Eingang kündigte es die große Weihnachtsauktion an und listete die Besonderheiten auf, angefangen bei Möbeln über Bücher
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