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Ein Gott der keiner war (German Edition)

Ein Gott der keiner war (German Edition)

Titel: Ein Gott der keiner war (German Edition)
Autoren: André Gide , Arthur Koestler , Ignazio Silone
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durch die staatlichen Verstärker übertragenen Klänge. Jedoch wird die Vernichtung dieser Freiheit durch ein Schlagwort gerechtfertigt, nämlich: die Freiheit sei die Anerkennung der Not. Die politische Freiheit der Notwendigkeit ist die Notwendigkeit staatlicher Version über die Bedürfnisse des typisierten, kollektivierten Menschen.
    Die Freiheit oder die Kunst sprechen für die Individualität eines jeden einzelnen Menschen. Obwohl Kunst nicht dasselbe ist wie Politik, so ist die Kunst doch politisch, indem sie für alle Zeiten unsere Auffassung von menschlicher Freiheit weitet, und dieser Vorgang des Ausweitens ändert unsere Lebensauffassung von Generation zu Generation und hat schließlich und endlich eine Einwirkung auf die politischen Bestrebungen der Gesellschaft.
    Ein unfreundlicher Kritiker könnte vielleicht sagen, daß dieser Artikel sich eher als Kritik an meiner eigenen Person, als am Kommunismus wirksam erweist. Ich hoffe, daß er dies sagt, denn ich habe die Absicht gehabt, mich selber in Verbindung mit dem Kommunismus einer Kritik zu unterziehen, viel eher, als mich auf die hoffnungslose Aufgabe einzulassen, den Kommunismus zu kritisieren. Der Kommunismus ist der Glaube daran, daß sich die Gesellschaft verändern läßt, indem man Menschen in Maschinen verwandelt, um die Gesellschaft zu verändern. Wenn man mit der Gesellschaft in ihrer heutigen Form unzufrieden ist – so wie ich es bin —, kann man diese Ansicht nicht kritisieren, man kann sich nur selber in eine Beziehung dazu bringen und dies als Mittel benutzen, um sich selber und die eigenen Glaubenssätze zu kritisieren und einer Prüfung zu unterziehen. Das ist es, was ich hier versucht habe zu tun.
    Blicke ich zurück, so kann ich sehen, daß meine Selbstkritik bei meiner ersten Unterredung mit Pollitt begann, als er von der Notwendigkeit sprach, den Kapitalismus hassen zu müssen. Ich empfand keinen derartigen Haß in meinem Herzen.
    Ich wurde von einem Gefühl sozialer und persönlicher Schuld getrieben, das mich zuerst empfinden ließ, daß ich Partei ergreifen müsse, zweitens, daß ich mich selber von einer anomalen Individualität befreien könne, wenn ich mit der Arbeiterbewegung zusammenarbeitete.
    Heute ist es mir klar, daß ich mich nicht hätte den Kommunisten anschließen müssen, weil ich bereits Partei ergriffen hatte. Meine Partei war jeder, der an soziale Gerechtigkeit und Freiheit glaubte und die Wahrheit über die Methoden sagte, die man notwendigerweise anwenden mußte, um diese Ziele zu erreichen. Wenn die Politiker nicht anständig und offen Partei ergreifen können, dann müssen die Intellektuellen ihre Wahl treffen und die Politiker unterstützen, die am wenigstens unehrenhaft sind, müssen ihnen augenblicklich helfen und sie kritisieren, indem sie ihre Gewaltmethoden und Lügen bloßstellen.
    Der Konflikt des liberalen Gewissens der Männer guten Willens in den dreißiger Jahren drehte sich in der Hauptsache um das Problem der Mittel und des Zweckes. Es wurde behauptet, daß man, um Macht zu gewinnen, üble Mittel anwenden müsse, während man gleichzeitig empört abstritt, daß man nach dieser Devise handle. Meine Pflicht als Schriftsteller und Intellektueller war, dieses Dilemma festzustellen.
    In gewissem Ausmaß habe ich dies nach meinem anfänglichen Fehler auch getan. Nichtsdestoweniger habe ich mir selber Vorwürfe gemacht und mich kritisiert wegen dessen, was nicht nur in mir an Wert war, sondern was Pflicht war; dies war eine Art sozialer Angst, gepaart mit der Realität, selber eine halsstarrige Persönlichkeit zu sein, die nicht in eine soziale Bewegung hineinpassen würde.
    Ich ließ mich in die Stellung zwingen, ein Schuldgefühl nicht nur wegen meiner eigenen Unentschlossenheit zu empfinden, sondern auch wegen der Tugenden der Liebe und des Mitleids und einer Leidenschaft für individuelle Freiheit, die mich dem Kommunismus nahegebracht hatten. Die Kommunisten sagten mir, daß dies „bourgeoise" Gefühle seien. Der Kommunist, der der Partei beigetreten ist, hat sich von den Gründen zu kastrieren, die ihn zu einem Kommunisten gemacht haben.
    Heute ist es mir ganz klar, daß es meine Pflicht ist, ohne Partei zu ergreifen das zu sagen, wofür ich eintrete. Keine der Parteien in der heutigen Weltkonstellation stellt das dar, was ich für die einzige Lösung der Weltprobleme halte. Es liegt an den Völkern und Staaten, die die Freiheit lieben, einer Bewegung in der gesamten Welt den Weg zu bahnen, um
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