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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany
Autoren: Swan Karen
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erschrocken hervor. »Aber … da ist doch so gut wie nichts dran! Gil würde in den Boden versinken, wenn ich so …«
    »Au contraire« , widersprach Anouk, »das wird ihn umhauen! Du wirst alle umhauen, Cassie! Komm, nun schlüpf schon rein.«
    Da sie ohnehin keine Wahl hatte, gab Cassie sich geschlagen. Der Stoff fühlte sich herrlich auf der Haut an. Jetzt, wo sie es anhatte, sah sie auch, dass das Kleid zwei kleine, mit Spitze ausgeschlagene halbmondförmige Schlitze über den Hüften hatte. Ein kleines, aber ungeheuer erotisches Detail.
    »Wow!«, hauchte Suzy.
    »Aus der neuesten Kollektion, nehme ich an?«, fragte Anouk.
    Kelly nickte. »Bebe Washington. Gisele wird’s in ein paar Wochen in der Schau vorführen.«
    »Das muss ich haben«, schnurrte Anouk.
    »Und das sollst du auch. Irgendein besonderer Anlass?«, wollte Kelly wissen.
    »O ja.« Und mehr sagte Anouk nicht.
    Cassie stand fassungslos vor dem Spiegel. Sie sah so … anders aus. Wie eine Fremde, gar nicht wie sie selbst. Sie war sich ganz und gar nicht sicher, was Gil dazu sagen würde, egal was ihr die Mädchen einredeten. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Schon halb acht. Draußen stimmte ein einsamer Dudelsackpfeifer eine getragene Melodie an: das Signal zum Beginn der Feierlichkeiten. Langsam schritt er auf dem Rasen auf und ab und rief die Gäste zu dem großen Anwesen.
    Ob Wiz wie versprochen ein wenig früher kommen würde? Wiz würde ihr sagen können, ob dieses Kleid ein wenig zu viel für den schottischen Landadel war. Oder besser gesagt: zu wenig. Wiz war ihre Freundin, ihre Vertraute, ihr Fels, ihre Ratgeberin in dieser ihr anfangs völlig fremden Welt. Wiz hatte sie unter ihre Fittiche genommen, als sie vor zehn Jahren aus der klimatisierten Enklave der englischen Oberschicht von Hongkong hier angekommen war, ohne einen blassen Schimmer, was beispielsweise die Aufzucht und Pflege von Moorhühnern betraf.
    Voller Zuneigung musterte sie ihre drei Freundinnen, die nun mit untergeschlagenen Beinen auf dem Teppich saßen und den Haufen von Schuhen bewunderten, den Anouk aus Paris mitgebracht hatte. Ihre Freundschaft war praktisch von Geburt an vorprogrammiert gewesen. Ihre Väter waren alle Geschäftsführer beim multinationalen Kosmetikkonzern Neroli gewesen – Kellys für Amerika mit Sitz in New York, Anouks für Europa (mit Ausnahme von England) mit Sitz in Paris, Suzys war für Großbritannien von London aus zuständig gewesen und Cassies für den asiatischen Raum mit Hauptsitz in Hongkong. Ihre Mütter, ebenfalls beste Freundinnen, waren sich auf den Konferenzen und Firmenkongressen der Ehemänner begegnet und beim gemeinsamen Shoppen und bei Ausflügen nähergekommen. Und als dann irgendwann die Mädchen geboren worden waren, alle im selben Jahr übrigens (was bestimmt kein Zufall sein konnte), war die Freundschaft automatisch an die nächste Generation weitergereicht worden. Kinderkrippe, Rassel oder Nanny – sie teilten alles miteinander. Und es konnte ihre Eltern wohl kaum überrascht haben, als sie mit dreizehn einen Aufstand anzettelten und verlangten, auf dasselbe Internat geschickt zu werden. Es folgten fünf herrliche Jahre auf einer englischen Privatschule. Sie schliefen zusammen im selben Schlafsaal, spielten in derselben Lacrosse-Mannschaft, schwärmten für die gleichen Jungs, waren buchstäblich unzertrennlich … bis sie, Cassie, alles verdorben hatte.
    »Verdorben« war vielleicht ein zu hartes Wort. Aber Cassie hatte das Gefühl, durch ihre frühe Heirat mit Gil die rosa Seifenblase, in der sie lebten, zum Platzen gebracht zu haben. Sie hatte ihn auf dem Grosvenor House Ball kennengelernt, und er hatte sie schlichtweg umgehauen. Was nicht nur an seinem unerschütterlichen Selbstbewusstsein und seiner Intelligenz lag, sondern vor allem an seiner herrlichen Stimme: klangvoll und klar, mit einem ganz leichten schottischen Einschlag. Für diese Stimme war sie bereit, alles zu tun – diese Stimme hatte sie dazu verführt, ihm ihre Jungfräulichkeit zu schenken, ihre Freundinnen zu verlassen und sich ein Kind von ihm zu wünschen, ein Wunsch, auf dessen Erfüllung sie noch immer sehnsüchtig wartete …
    Ein lautes Klopfen an der Tür.
    »Cassie?« Wenn man vom Teufel spricht.
    Cassie geriet in Panik. So durfte er sie nicht sehen – halb nackt, ungeschminkt und obendrein in ihrer ausgeleierten Unterwäsche.
    Die Mädchen waren offenbar derselben Ansicht, denn sie sprangen auf und stellten sich schützend vor sie, wie
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