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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany
Autoren: Swan Karen
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gequält, hatte die Reden ertragen – die meisten davon von Gil, der mit bombastischer Bonhomie das Wort ergriffen und selbst von Archie irgendwann verständnislose Blicke geerntet hatte. Und jetzt hatte sich alles zerstreut. Kelly und Brett hatten ihren Auftakttanz hinter sich gebracht, Gil war zur Bar gegangen, um sich einen Whisky zu besorgen, Anouk tanzte mit Archie zu einem Abba-Song. Henry hockte, zwei Tische weiter, mit dem Jessica-Rabbit-Verschnitt zusammen. Cassie hatte sich so hingesetzt, dass sie ihnen den Rücken zukehrte, aber nach den nervösen Blicken zu schließen, die Anouk ihr gelegentlich zuwarf, wunderte es sie, dass Henry und diese Schnitte sich nicht längst ein Zimmer genommen hatten.
    Cassie richtete sich ein wenig auf und lächelte tapfer. »Ach, gar nicht, Hats, ich ruh mich bloß ein bisschen aus.«
    »Was du brauchst ist ein Kamillentee.«
    »Kamillentee? Auf einer Hochzeit?« Cassie schnitt eine Grimasse. »Höchst unüblich. Auf meiner Brautjungfernkarte stand, ich muss mich besaufen und mit einem Platzanweiser knutschen.«
    »Gut, dagegen hab ich ja nichts!«, rief Hattie anerkennend aus. »Du könntest dir so gut wie jeden hier angeln und eine bessere Wahl treffen als dieses Wiesel, das sich dein Ehemann nennt.«
    Cassie nickte stoisch. Das Urteil war demnach einhellig.
    Hattie reckte das Kinn. »Aber gut, ich sag ja nichts. Jedenfalls wäre Kamillentee jetzt gut für dich. Energy in Adversity . Energie in widrigen Umständen. Das brauchst du.« Sie tätschelte mitfühlend Cassies Hand und erhob sich, um zu gehen. Cassie packte ihren Arm. »Was hast du gesagt? Energie in widrigen Umständen?«
    »Ja, Liebes. Das wäre jetzt genau die richtige Medizin.«
    »Aber warum hast du diese speziellen Worte benützt? Du hättest doch auch sagen können, dass mich ein Kamillentee belebt?«
    »Hm, ja, das hätte ich wohl«, überlegte Hattie, »aber ich bin in solchen Sachen immer genau. Die Sprache der Blumen wird viel zu oft fehlinterpretiert.«
    »Die Sprache der Blumen?«
    »Ja. Die Viktorianer haben jeder Blume eine bestimmte Eigenschaft zugesprochen. Kamille eben Energy in Adversity oder Energie in widrigen Umständen.«
    Cassie ließ Hatties Hand los. Diese Worte kannte sie, genau diese Worte. Sie hatten auf dem Schildchen gestanden, das mit ihren Kamillesamen gekommen war. »Energie in widrigen Umständen« war Henrys Motivationsmotto für ihren New-York-Aufenthalt gewesen. Sie musste an seine Liste denken: ein Dinner geben, um den Park rumlaufen … er hatte sie in Bewegung bringen wollen, sie dazu bringen, wieder zu leben.
    Aber für Paris hatte es kein Motto gegeben. Er hatte ihr nicht sagen wollen, was er ihr für Samen geschickt hatte. Wollte er, dass sie es selbst herausfand? Welche Blumen es waren? Und danach ihre Bedeutung?
    Ihr Puls schlug höher. Sie wusste instinktiv, dass dies wichtig war.
    Hattie war inzwischen auf der Tanzfläche und wurde von dem unternehmungslustigen Vikar herumgewirbelt. Cassie stand auf und drängte sich durch die tanzenden, schwitzenden Leiber zu den beiden durch.
    »Hats … Hats«, rief sie und versuchte, Hattie auf die Schulter zu tippen. »Was bedeutet dann Sweet Alyssum ?«
    »Was?!«, brüllte Hattie und hielt sich eine Hand ans Ohr. Lady Gaga dröhnte aus den Lautsprechern, und man konnte sich nur brüllend verständigen.
    »Sweet Alyssum!« , brüllte Cassie »Steinkraut!« Sie versuchte verzweifelt mit Hattie mitzuhüpfen, denn der Vikar wirbelte sie gerade stürmisch herum und machte Anstalten, sie von den Füßen zu heben.
    »Uuuh! Iiiih!«, quiekte sie, als der Vikar sie tatsächlich hochhob.
    »Hats, bitte!«, rief Cassie. Sie konnte sehen, wie Gil das Geld für seinen Whisky über die Bar reichte. Gleich würde er wieder da sein.
    »Ich weiß nicht, es ist so lange her … worth beyond beauty , glaube ich!«, brüllte sie.
    Cassie blieb abrupt stehen. Worth beyond beauty . Ein Wert jenseits von Schönheit? Das war ihr Motto für Paris? Als sie in Paris war, hatte sie nicht mehr gewusst, wer sie war, hatte sich auch im Spiegel kaum wiedererkannt. Ihr fiel diese Brücke ein, an die Henry idiotischerweise ihr schönes Tiffany-Schloss gekettet hatte. Was hatte er da noch gesagt? Es ist mehr, dass du genau das getan hast, was ich gesagt habe, dass du nicht tun sollst: hingehen und dich schon wieder vollkommen ummodeln. Obwohl es nichts an dir auszusetzen gibt … Cassies Gedanken verlangsamten sich. In New York hatte er ihr Energie gegeben, den
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