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Ein gefährlicher Plan

Ein gefährlicher Plan

Titel: Ein gefährlicher Plan
Autoren: Sylvie Kurtz
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mit...
    „Alyssa!"
    Das raue Flüstern ließ sie erschrocken aufsehen. Der Mann in der Tür starrte sie mit einer Intensität an, die ihr den Atem nahm. Dunkle Augen, ein Gesicht wie gemeißelt, ein Blick wie ein Raubtier und die gleiche angespannte Haltung, als setze er zum Sprung an. Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
    Notizbuch und Stift fielen ihr aus der Hand. Die Tasche glitt ihr von der Schulter, sie machte noch einen Schritt zurück, wie um ihre hilflose Schwester vor dieser unbekannten Gefahr zu schützen.
    „Alyssa."
    Vor Jack Chessman stand das Wunder, das die Ärzte ausgeschlossen hatten. Alyssa war aus dem Koma erwacht, anscheinend bereit, nach Hause zu gehen.
    Das Sonnenlicht strömte hinter ihr durchs Fenster herein und lag um sie wie ein Heiligenschein. Ihr langes hellblondes Haar fiel ihr schimmernd über die Schultern, das luftige, blau und pink gemusterte Kleid schmiegte sich um ihren schlanken Körper – um Formen, die ihm bisher nie richtig aufgefallen waren. Ihre Haut hatte einen goldenen Ton und war völlig heil. Als er die Hand nach ihr ausstreckte, fuhr sie zurück.
    Ein seltsames Gefühl durchrieselte ihn. Er wollte sie berühren, halten, den blumigen Sommerduft einatmen, der auf ihn zutrieb.
    Irgendetwas stimmte nicht.
    Er zwinkerte, runzelte die Stirn. Ihre großen grünen Augen waren voller Furcht. „Alyssa?"
    „Wer sind Sie?"
    Die Stimme passte nicht, sie war sanfter, als er sie in Erinnerung hatte. Dann sah er die Finger mit den polierten, rosa lackierten Nägeln, die über dem Notrufknopf verharrten.
    Und im Bett Alyssas reglose Gestalt.
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in den Magen.
    Es war nicht Alyssa.
    Die Frau, die vor ihm stand, sah aus wie sie – und doch auch wieder nicht. Etwas Strahlendes ging vo n ihr aus, während Alyssa immer etwas Düsteres umgab.
    Wer war sie? Woher kam sie? Warum war sie hier?
    „Mein Name ist Jack Chessman." Kurz hatte die Überraschung ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, aber nun fand er wieder zu der kühlen professionellen Distanz zurück, die sein Beruf als Polizist erforderte. „Ich bin ein Freund von Alyssa. Und wer sind Sie?"
    Die Frau nahm den Finger nicht von dem roten Knopf, musterte Jack mit einem Blick voller Misstrauen, und er spürte ihre Furcht fast körperlich.
    „Ich bin ihre Schwester. Brooke. Brooke Snowden."
    „Brooke Snowden." Jack trat näher, vermochte den Blick nicht von dem Gesicht zu nehmen, das Alyssas ähnelte und doch so anders aussah. Der Schnitt der Augen, der Schwung der Nase, die Wangenknochen, die Sommersprossen, selbst die moosgrünen Augen kamen ihm vertraut vor und gleichzeitig fremd.
    Konnte es wahr sein? Hatte Alyssa eine Schwester, von der er nichts wusste?
    Nein, das war unmöglich. Alyssa hatte alle Schicksalsschläge, alle Enttäuschungen, jeden Schmerz mit ihm geteilt. Etwas derart Wichtiges wie eine Schwester hätte sie ihm nicht verheimlicht.
    „Ich kenne Alyssa, seit sie sechs ist." Jack nahm ihre Finger von der Klingel. „Sie hat keine Schwester."
    Die Frau entzog ihm ihre Hand, dann schob sie sich an ihm vorbei ans Fußende des Betts.
    „Ich hielt sie vierundzwanzig Jahre lang für tot. Mein Vater hat ihr wahrscheinlich erzählt, ihre Mom und ich seien ums Leben gekommen – so wie Mom mir erzählte, Dad und Alyssa wären bei einem Autounfall gestorben."
    Sie zog eine Schulter hoch, wie Alyssa es tat, wenn sie sich einer Sache nicht ganz sicher war.
    „Warum sollten sie so grausam gewesen sein?"
    „Das weiß ich nicht." Brooke zuckte die Achseln, schaute ihn traurig und verwirrt an. „Dad zog mit uns in das Haus am See. Unsere Eltern stritten sich fürchterlich. Dann nahm Mom mich und fuhr mit mir weg. Sie weigerte sich, meine Fragen zu beantworten. Irgendwann hörte ich auf, welche zu stellen."
    Ihre Augen faszinierten ihn. Das Grün wurde intensiver, wenn sich Gefühle auf ihrem Gesicht zeigten. Plötzliches Verlangen ließ sein Herz hämmern.
    Wütend auf sich selbst, weil er solche Regungen zuließ, sagte er scharf: „Hier ist nichts zu holen."
    Sie starrte ihn ungläubig an. „Was erlauben Sie sich, Mr. Chessman?"
    „Lieutenant Chessman, Polizeirevier Comfort."
    „Lieutenant", fuhr sie fort und ballte die Fäuste, „mich interessiert es nicht, ob Alyssa Vermögen besitzt oder nicht. Nach vierundzwanzig Jahren wollte ich eigentlich nur meine Schwester wiedersehen." Sie schaute auf die reglose Gestalt, und ihre Miene wurde
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