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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss
Autoren: Joe R. Lansdale
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gewusst, dass er sterben würde«, sagte ich zu Callie.
    »Sieht ganz danach aus«, antwortete sie.
     
    Erst einige Jahre später besuchte ich sein Grab, und da konnte ich es nicht mehr finden. Nahezu überall wucherte Gras, Erdhügel gab es keine mehr, und die paar Steine, die dort gestanden hatten, waren verschwunden oder zerbrochen.
    Nach Busters Tod veränderte sich einiges. Das Thema Bürgerrechte hing in der Luft wie ein drohendes Gewitter, es gab viel Hin und Her und großes Zähneknirschen, aber mit der Zeit setzte der Wandel ein.
    Farbige mussten im Kino in der Innenstadt nicht mehr auf den letzten Rängen sitzen. James Stilwind verkaufte alles und zog fort.
    Mrs Stilwind wurde eines Morgens im Swimmingpool hinter der alten Villa gefunden. Sie war in das Becken gefallen und hatte einige Tage dort gelegen, bevor sie vermisst wurde – oder besser gesagt, bevor sich jemand Sorgen um sie machte. Am deutlichsten ist mir von der ganzen Geschichte in Erinnerung geblieben, wie ein Junge in der Schule davon erzählte, dass »ihr die Augen von Krähen ausgepickt« worden seien.
    Mr Stilwind verklagte das Altenheim, gewann den Prozess, trieb den Laden in den Ruin und kaufte ihn auf. Er riss das Gebäude ab, erbaute auf dem Grundstück eine neue Siedlung und verdiente eine Stange Geld. Niemand hat ihm je irgendetwas vorgeworfen, ebenso wenig seinem Sohn James.
    Nicht lange, nachdem die Siedlung hochgezogen worden war, fand man den alten Stilwind erschossen in seinem Hotelzimmer. Niemand wusste, wer es getan hatte. Es kursierten Gerüchte, eine junge Dame sei zu ihm hinaufgegangen, um ihn zu besuchen. Dann wurde gemunkelt, es habe viele solcher jungen Damen gegeben. Diese allerdings hatte eine Pistole und noch eine Rechnung mit ihm offen. Sie schoss ihm erst ins Herz, dann viermal in den Kopf, nur um sicherzugehen, dass er nicht von den Toten auferstehen würde.
    Dann verschwand sie, ohne dass jemand Stilwinds Tod bemerkt oder auch nur die Schüsse gehört hätte. Das Einzige, was sie zurückließ, war ein Paar Handschuhe, und über diese Handschuhe konnte man lediglich in Erfahrung bringen, dass ein Etikett innen auf einen Hersteller mit Sitz in London verwies.
    Darüber musste ich lächeln.
    Bis heute habe ich niemandem außer meiner Frau erzählt, wer Bubba Joe umgebracht hat. Auch nach all den Jahren habe ich hin und wieder Albträume von ihm. Sehe vor mir, wie er mich, Callie und Richard verfolgt. Richard ist weit hinter mir zurückgefallen, Callies Pferdeschwanz weht mir ins Gesicht, Bubba Joe holt auf, und der Zug jagt auf den Schienen heran.
    In diesen Träumen erwischt er mich manchmal.
    Daddy übernahm das Kino, das James verkauft hatte. Irgendwie fand ich das ironisch. Er machte gerne Witze darüber, dass er Dewmonts Lichtspielmogul sei, für drinnen wie für draußen.
    Mama fing an, die World Book Encyclopedia von Tür zu Tür zu verkaufen, und das gefiel ihr. Rosy betrieb das Autokino, und ich bediente den Projektor. Rosy bekam ihr Zimmer im Dachgeschoss. Und eine Klimaanlage. Im ganzen Haus wurden Klimaanlagen angebracht: eine in jedem Schlafzimmer, eine im Wohnzimmer und eine in der Küche.
    Während der gesamten Highschool-Jahre waren Drew und Callie ein Paar, aber als Callie ans College ging, um auf Lehramt zu studieren, konnten sie ihre Beziehung nicht aufrechterhalten. Callie wurde Englischlehrerin. Sie heiratete, ließ sich scheiden und traf sich einige Jahre später wieder mit Drew. Er war inzwischen ebenfalls geschieden. Sie heirateten und zogen zurück nach Dewmont, wo sie an der Schule unterrichtet und Drew den Eisenwarenladen seines Vaters weiterführt, als ob er das nötig hätte. Drew hat geerbt. Eine Riesensumme. Callie trägt hübsche Kleider, aber keinen Pferdeschwanz mehr. Die Männer sehen ihr immer noch nach und seufzen, wenn sie vorbeiläuft.
    Mom und Dad machten mehrere Jahre weiter wie bisher, dann beschloss Daddy, das Dew Drop zu schließen. Von da an war es nur noch ein Wohnhaus. Er sagte ständig, dass er die Lautsprecher abbauen und Gras auf dem Parkplatz säen würde, aber das tat er nie. Das Vorführhäuschen füllte sich mit Rasenmähern und Gartengeräten, mit denen er den Vorgarten in Schuss hielt.
    Das überdachte Kino lief einige Jahre lang ganz gut. Rosy Mae arbeitete am Imbissstand und Mama riss Karten ab, doch dann gab Daddy auch das auf und ging in Rente.
    Aber das hielt er nicht lange aus. Mom und er beschlossen, wieder ins Filmgeschäft einzusteigen. Ihnen gehörte
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