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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition)
Autoren: John Marsden
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Fläschchen für die neugeborenen Lämmer herzurichten, über die ich immer genörgelt hatte, weil ich entweder zu faul war oder gerade mit Corrie telefonierte. Ich wollte diese Sorgen nicht, ich wollte keine Verantwortung. Vor allem aber wollte ich diese Angst nicht.
    In meinem Wachtraum wurden wir nicht gejagt. Wir mussten nicht ständig auf der Hut sein. Wir mussten nicht töten und zerstören.
    Die Soldaten waren mit den Unterkünften der Scherer fertig und kehrten nun sichtbar entspannter zu ihren Fahrzeugen zurück. Vermutlich hatten sie nichts Auffälliges entdeckt. Aber vielleicht war das nur einer ihrer Tricks. Vielleicht wussten sie jetzt, dass wir irgendwo in der Nähe waren, und verhielten sich nur deshalb so gelassen, damit wir uns in Sicherheit wiegten. Ich weiß nicht, ob die anderen ähnlich dachten. Wir redeten nicht darüber. Den ganzen Nachmittag rührten wir uns nicht von der Stelle, starrten durch die Bäume und behielten die Koppeln im Auge. Niemand sprach. Und niemand schlief. Wir waren alle müde, so müde, dass es in den Knochen wehtat und die Augen brannten und ich das Gefühl hatte, hundert Jahre alt zu sein.
    Endlich begann es zu dämmern. Die Kaninchen kamen aus ihren Erdlöchern, blickten sich ängstlich um, hoppelten ein paar Meter weit und knabberten ihre ersten Happen für den Abend. Wieder erschrak ich, wie viele es waren. Ich machte mir Sorgen um das Land und dass sich keiner richtig darum kümmerte. Hoffentlich hatten die Kolonisten zumindest eine Ahnung, wie sie mit diesem Land umgehen mussten. Besser, sie kümmerten sich darum, als gar keiner.
    Als die Kaninchen ausschwärmten, fingen wir zu reden an. Es sah nun so aus, als hätten wir den Tag überstanden und würden auch noch die nächste Nacht überleben. Das Gespräch verlief ruhig und emotionslos. Für Gefühle war kein Platz mehr. Wir sprachen darüber, was wir als Nächstes tun, wie wir uns in Sicherheit bringen und uns am besten verhalten sollten. Wir waren alle sehr ruhig. Wir waren uns einig, dass wir vor unserer Rückkehr in die Hölle noch Vorräte beschaffen mussten. Je mehr, desto besser, da wir davon ausgingen, dass sich dazu eine ganze Weile keine Gelegenheit mehr bieten würde. Außerdem wollten wir versuchen die Dinge zu ersetzen, die wir bei den Harveys Heroes verloren hatten, und möglichst viele Nahrungsmittel und zusätzliche Kleider beschaffen. Solange unser Angriff auf die Turner Street frisch in Erinnerung war, würden wir keinen Schritt aus der Hölle machen können.
    Es gab ein Grundstück, auf dem wir noch nicht gewesen waren und das ungefähr fünf Kilometer südlich von Homers Haus lag. Das Haus hieß »Tara« und gehörte den Rowntrees. Meine Eltern mochten die Rowntrees nicht besonders – Mr und Ms Rowntree waren, wie sie meinten, mehr an Partys interessiert als an der Farmarbeit. Sie hatten sich vor einem Jahr getrennt und lebten in Scheidung. Es war ein großes Grundstück, dreimal so groß wie unseres, aber es war nicht anzunehmen, dass die Kolonisten schon so weit gekommen waren. Es lag zu weit außerhalb der Stadt, noch dazu in einer hügeligen Gegend, die sich nur mit Mühe verteidigen ließ.
    Um zehn Uhr setzten wir uns auf die Räder, kurbelten unsere Beine an und fuhren zu meinem Haus. Dort holten wir den Landrover. Wir hatten immer noch den Ford Pick-up, der am Tailors Stitch gut versteckt war und den wir ab und zu benutzten, um ihn in Schuss zu halten. Aber mir war der Landie lieber, weil ich ihn schon seit vielen Jahren fuhr. Er war wie ein alter Freund. Wie immer spuckte und hustete er, bevor er ansprang. Er klang immer müde, aber er ließ mich nie im Stich. Auf dem Weg zu »Tara« fuhr ich langsam, denn ich kannte die Straße nicht. Es gab ein eigenes Haus für den Verwalter, das wir uns später ansehen wollten, falls uns Zeit dafür blieb, und ungefähr einen Kilometer weiter, am anderen Ende der Auffahrt, stand das Haupthaus. Wir hätten die Abkürzung über die Koppeln nehmen können, aber ich entschied mich dagegen, weil es zu nass und zu dunkel war. Stattdessen krochen wir die Auffahrt hinauf, die von zwei Reihen riesiger alter Fichten gesäumt war, und hielten ungefähr auf halber Strecke an. Homer und Robyn stiegen aus, um nachzusehen, ob Eindringlinge im Haus waren.
    Als sie uns mit einem Winken der Taschenlampe das vereinbarte Signal gaben, fuhren wir weiter und hielten vor der Eingangstür. Die Häuser anderer Leute zu durchstöbern macht auf eine gewisse Weise sogar
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