Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein EKG fuer Trimmel

Ein EKG fuer Trimmel

Titel: Ein EKG fuer Trimmel
Autoren: Friedhelm Werremeier
Vom Netzwerk:
Namen?«
    »Antonia Berta Sieglinde, Leertaste, Irene Luise, zwo eins vier«, zitiert sie, ohne zu stottern, und deutet auf die Inschriften ringsum. »Außerdem… lesen Sie Zeitung?«
    »Selten. Warum?«
    »Na ja, weil da dauernd vom Star von Hamburg die Rede ist, wenn’s um den Computer geht…«
    »Schon drei Namen für diesen Johnny!«
    »Mit Johnny vier…«, lächelt sie, und es sieht in der Tat ungewöhnlich hübsch aus.
    Fünfzehn Leute im Raum, dazu eine Leiche und ein Computer. Ein Computer als einziger Tatzeuge. »Abgesehen davon, daß Jake Tennessy ne sehr fähige und allenfalls etwas schwule Seele von Mensch war« – Trimmel zeigt mit der Fußspitze auf den Toten, und Jills Augen gehen ganz flüchtig mit und kommen rasch wieder zurück –, »was war er denn sonst für n Typ?«
    »Sein Gehabe mit Mike war die pure Affenliebe«, meint sie zögernd. »Als er mir neulich sagte, Mike sei der einzige Kumpel, den er je gehabt hat – also, da hatt ich echt den Eindruck, jetzt hebt er ab! Dazu kam sein sonstiges Verhalten… kein Mensch, beispielsweise, arbeitet dauernd am Wochenende, wenn’s gar nicht nötig ist. Aber er lungerte zum Schluß Tag und Nacht hier rum; von daher ist es an und für sich nur logisch, daß er heute hier war. Bloß…«
    »Bloß was?«
    »Bloß, daß er erschossen wurde«, sagt Jill mit einemmal überraschend kaltschnäuzig, »das paßt gar nicht in unser Programm!«
    Trimmel sieht sie schräg an. Auch wenn sie’s tatsächlich mal mit Jake Tennessy versucht hat: Sehr nah ist ihr sein Tod nicht gegangen, denkt er.
    »Er war Amerikaner mit deutschem Paß«, sagt sie. »Sein Vater war Amerikaner; ich glaube, er hatte sich erst vor zwei, drei Jahren für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden. Hat die meiste Zeit drüben gelebt und ist in Kalifornien auch ausgebildet worden…«
    »War er beliebt?«
    Sie denkt nach. »Den einen oder anderen, der neidisch auf ihn war, gibt’s sicher. So als halber Ami, da heißt’s in der Branche schon mal leicht, daß da einer zur kalifornischen Mafia gehört.«
    »Aber direkte Feinde…?«
    »Nee, das wohl nicht. Und ich meine, je länger ich darüber nachdenke… von den üblichen Querelen abgesehen galt er doch wohl als ganz dufter Typ!« Dabei hat sie allerdings deutlich ein leichtes Flackern in den Augen.
    »Sagen Sie’s schon!« drängt Trimmel.
    »Ach, ich weiß nicht… irgendwie war er in den letzten Monaten einfach anders als sonst, und das ging vielen auf den Geist. Er war dauernd auf Achse, wenn man ihn brauchte, telefonierte von morgens früh bis abends spät, war oft merkwürdig depressiv – im nächsten Moment war er dann wider unberechenbar und albern wie ein Baby…«
    »Und warum?«
    Aber da zuckt sie nur noch die Schultern.
    »Mit wem traf er sich, wenn er unterwegs war?«
    Neues Zucken: auch da hat sie keine Ahnung.
    »Na gut«, sagt Trimmel. »Dann zu Ihnen. Wo waren Sie heute nachmittag?«
    »Im Bett«, sagt sie, »leider Gottes allein…«
    »Wieso leider?«
    »Wegen eines Alibis. Wahrscheinlich wär’s ja leichter für mich, wenn ich hiergewesen wär.« Winzige Pause. »Das Komische ist, fast hätt ich sogar mit Mike gespielt…«
    »Was denn?«
    »Was heißt was? Was man so spielen kann?«
    »Zum Beispiel…«
    Prompt zeigt sie in die viereckige Runde wie eine Fremdenführerin auf der Akropolis. »In einer Stunde können Computer der vierten Generation abhängig von der Zahl der angeschlossenen Einheiten« – sie zeigt auf die Einheiten – »die Drucker zum Ausspucken von vielen hunderttausend Zeilen Klartext veranlassen, die Zeile zu hundertzweiunddreißig Anschlägen. Oder sie können pro Sekunde Millionen von Zeichen verarbeiten, die man in der Fachsprache Bytes nennt…«
    »Wahrhaftig erstaunlich?« meint Trimmel. Dabei verzieht er keine Miene.
    Und Jill, so sieht’s aus, schmollt. Sie hat offensichtlich keine Lust, sich mit einem Mann zu unterhalten, der sie nicht ernstnimmt. Warum fragt er überhaupt?
    Weil er einen Mörder fangen will, sagt sich Trimmel. Weil er einen Mörder fangen muß, besser gesagt, und weil er schon jetzt den Eindruck hat, daß ihm so recht und freiwillig niemand dabei helfen will – ganz gewiß nicht dieses Ungetüm der vierten Generation aus den allerletzten Jahrzehnten des zweiten Jahrtausends.
    »Haben Sie sonst noch Fragen?«
    »Doch, doch!« knurrt Trimmel.
    »Und warum fragen Sie nicht?«
    »Ich wär froh«, sagt er, deutlich etwas hilflos und vielleicht endlich mal ehrlich,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher