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Ein Clochard mit schlechten Karten

Ein Clochard mit schlechten Karten

Titel: Ein Clochard mit schlechten Karten
Autoren: Leo Malet
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Freundschaft...
    Jetzt hatte ich also meine
Pfeife zwischen den Zähnen. Wollte er mir etwa Vorhalten, daß ich rauchte? Also, diese Algerier reden immer von Befreiung und Freiheit, und
dabei sind sie Sklaven der blödesten Vorurteile!
    „Rauchen Sie ruhig“, sagte Zenana zu meinem großen Erstaunen. „Rauchen Sie! Das wird
Ihnen guttun.“
    „Ich dachte, Sie sind dagegen“,
erwiderte ich lachend.
    Er hob die eckigen Schultern.
    „Wir sind nicht fanatisch.“
    Ach nein? Na, um so besser! Er riß ein
Streichholz an und gab mir Feuer. Ich nahm ein paar Züge. Schmeckte scheußlich,
in meinem Zustand. Aber wenn ich die Pfeife im Mund habe, gewinne ich meine
Gelassenheit zurück.
    Die drei standen noch ‘ne Weile
um mich herum, dann setzten sich zwei von ihnen an den Tisch. Der dritte blieb
bei mir. Auf dem Tisch lagen ein Revolver und eine Brieftasche. Beides gehörte
mir. Die Kerle schnüffelten in meinen Papieren. Dafür setzte sich einer,
anscheinend der Chef, eine getönte Hornbrille auf die Nase über dem dichten
schwarzen Schnurrbart. Jetzt war er komplett! Er wirkte wie König Saud.
    Meine drei Araber sahen nicht
aus wie die, die man im allgemeinen auf Baustellen
sieht, wo sie die beschissensten Arbeiten verrichten müssen. Auch nicht wie
die, die vor Cafeterrassen ihren Ramsch anbieten,
unter dem sie fast völlig verschwinden. Nein, die drei hier sahen eher aus wie Kahil Cherif, nur unter anderen Bedingungen. Sie waren
schlecht rasiert und etwas schmuddelig, gehörten aber nicht zu der dreckigen
Sorte. Ob das nun günstig für mich war, wußte ich nicht. Wenn ich mir’s richtig überlegte: nein!
    Die Inventur meiner Brieftasche
wurde von Kommentaren in ihrer Sprache begleitet. Dann wurde lang und breit
diskutiert. Endlich haute der Brillenträger mit der Faust auf den Tisch und bellte
einen Befehl. Mein Sonderbewacher ließ mich aufstehen und ging mit mir zum
Tisch, seine nervösen Finger in meinen Oberarm gekrallt.
    „Die Sache ist sehr heikel“,
sagte der Chef fehler- und fast akzentfrei. „Sehr heikel. Wir mögen keine
Spione.“
    Er erwartete eine Antwort,
irgendeinen Kommentar. Ich ließ ihn warten. Der Schraubstock-Griff um meinen
Arm lockerte sich, ich wurde auf einen Stuhl mit kaputtem Strohsitz gedrückt.
    „Ihrer Kleidung nach zu
urteilen“, fuhr die arabische Brillenschlange fort, „sind Sie ein Clochard...
Ihre Papiere sagen... Sie sind ein Flic .
Bewaffnet...“
    Er klopfte auf den Revolver und
schob ihn dann noch weiter weg, für mich jetzt völlig außer Reichweite.
    „Sie hatten den Zimmerschlüssel
von oben. Sehr heikel. Woher haben Sie den Schlüssel, und was wollten Sie
dort?“
    „Zu einem Freund wollte ich“,
antwortete ich schnell. „Der wohnte in dem Zimmer und hat mir auch den
Schlüssel gegeben. Demessy heißt er.“
    „Tja, genau“, sagte mein
Gegenüber. „ Demessy war ein Spion. Und Sie sind sein Freund
und außerdem Flic .“
    „Ich weiß nicht, ob Demessy ein Spion war. Sie haben ihn zwar so behandelt,
aber das heißt noch lange nichts. Ich jedenfalls bin kein Flic .“
    Er wedelte mit meinen Papieren.
    „Privatdetektiv“, sagte er.
„Ich kann lesen.“
    „Aber nicht verstehen. Ein Privatflic und ein richtiger...“
    „...sind dasselbe“, unterbrach
er mich.
    „Nein. Und eure politischen
Aktivitäten sind mir scheißegal.“
    „Sie hatten einen Schlüssel“,
fing er wieder an. „Sie sind heimlich ins Haus geschlichen. Ihrer Kleidung
nach...“
    Und wieder erklärte er mir, die
Sache sei sehr heikel.
    „Sie sind gerade dabei“, sagte
ich, „eine Riesendummheit zu machen. Sie können sich doch wohl vorstellen, daß
ich Maßnahmen getroffen habe, bevor ich in eure Räuberhöhle gekommen bin. Wenn
ich in ein paar Stunden nicht zurück bin, zu Hause...“
    Er wischte meine gutgemeinten
Warnungen mit einer schroffen Handbewegung zur Seite.
    „In ein paar Stunden wird
keiner mehr hier sein. Das war unsere letzte Versammlung an diesem Ort. Pech
für Sie, daß Sie uns überrascht haben...“
    „Hören Sie“, versuchte ich’s
auf ‘ne ganz andere Tour, „hier geht’s doch überhaupt nicht um die Wurst. Die
wird in Schweinedarm verpackt, und das dürfen Sie doch gar nicht essen...“
    Ich setzte zu einer Spezialrede
nach Art des Hauses an, um Zeit zu gewinnen und über einen Ausweg aus dieser
beschissenen Lage nachzudenken. Ich redete und redete, ohne mir selbst
zuzuhören oder gar den Sinn meines eigenen Blödsinns zu verstehen. Außerdem war
mir
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