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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser
Autoren: Henry Slesar
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Kaffee.«
    »Nein, danke.« Lottie setzte sich und zog den Rock über ihre Knie. »Ein Jammer, dass Eileen schon zur Schule musste«, sagte sie. »Ich hätte sie so gern gesehen.«
    »Sie vergessen dabei etwas«, sagte Birdwell barsch. »Sie dürfen Eileen nicht wiedersehen – nie. Das gehörte zu unserer Abmachung vor sieben Jahren.«
    »Vor sieben Jahren? Mein Gott, wie die Zeit vergeht.«
    »Vergeht stimmt«, sagte der Mann und blickte auf seine Uhr. »In einer halben Stunde geht mein nächster Zug, Miss Mead; vielleicht kommen Sie jetzt lieber zum Thema.«
    »Wissen Sie was?« sagte Lottie strahlend. »Ich glaube, ich trinke doch eine Tasse Kaffee, Mrs. Birdwell.«
    Als die Tasse vor ihr stand, die die Frau mit zitternder
    Hand eingegossen hatte, war Lottie bereit, ihren Wünschen Ausdruck zu verleihen.
    »Ich habe meine Ansicht über Eileen geändert. Ich will sie zurückhaben.«
    Birdwell fluchte, und seine Frau machte ein Geräusch, das entweder ein Seufzen oder ein Stöhnen bedeutete. Dann sagte der Mann: »So etwas Ähnliches hatte ich mir schon gedacht. Aber schlagen Sie sich das aus dem Kopf; abgemacht ist abgemacht, und Eileen hat von Ihnen nicht die geringste Ahnung.«
    »Ich bin auch keine Ahnung. Ich bin immerhin ihre Mutter.«
    »Als wir uns kennenlernten, waren Sie einverstanden, Eileen wegzugeben. Damals war es Ihnen egal, ob das Mädchen lebte oder starb...«
    »Das hätte ich auch nicht tun sollen!« jammerte Lottie und brach plötzlich in Tränen aus. »Bestimmt wäre es besser gewesen, ich hätte sie auf eine Kirchentreppe gelegt oder sonst wohin, statt sie geizigen Leuten wie Ihnen zu überlassen...«
    »Wovon reden Sie eigentlich?« sagte Birdwell ärgerlich. »Wir haben Ihnen damals das Geld gegeben, das Sie brauchten; wir haben Eileen zu uns genommen und sie wie unser eigenes Kind aufgezogen. Wenn es nicht so schwierig gewesen wäre, Sie zu finden, hätten wir sie schon lange adoptiert.«
    »Kann ich etwas dafür, dass ich krank war? Aber jetzt geht es mir besser, und ich will mein Kind zurückhaben. Ich werde mir einen Anwalt nehmen...«
    »Einen Anwalt nehmen! Das wird Ihnen meiner Ansicht nach kaum etwas nützen; es wird uns nämlich keineswegs schwerfallen zu beweisen, welche Sorte von Mutter Sie sind.«
    Lottie öffnete ihre Handtasche und suchte nach einem Taschentuch. Sie fand auch eines, aber erst, nachdem die Taschenflasche klirrend an ihre Hausschlüssel gestoßen war. Daraufhin klappte sie die Handtasche wieder zu und setzte sich aufrecht hin.
    »Also gut«, sagte sie ruhig. »Ich bin ein Mensch, mit dem man reden kann. Sie lieben zwar Eileen, ich aber bin ihre Mutter. Das mindeste, was Sie tun können, ist, mir um ihretwillen zu helfen.«
    »Auf welche Weise?«
    »Ich hatte schrecklich große Ausgaben. Habe ich Ihnen nicht erzählt, dass ich krank war? Ich brauche mindestens hundertfünfzig Dollar pro Woche.«
    »Ich will es anders ausdrücken«, sagte Birdwell langsam. »Sie verlangen von uns, dass wir Ihnen jede Woche Geld geben?«
    »Ist das so ein Unrecht? Sonst habe ich doch niemanden, an den ich mich wenden könnte. Es kann Ihnen doch nicht egal sein, dass Eileens Mutter im Rinnstein schlafen muss – oder?«
    »O mein Gott«, flüsterte die Frau.
    Birdwell trommelte mit den Fingern auf die Sofalehne. »Miss Mead, wissen Sie eigentlich, was Sie verlangen? Ich bin Bauingenieur. Ich verdiene in der Woche zweihundertzwanzig Dollar, und das reicht kaum für uns. Und Sie erwarten von mir, dass ich Ihnen hundertfünfzig davon gebe?«
    »Also gut«, erwiderte sie. »Sagen wir hundert.«
    »Tut mir leid.« Der Mann stand auf. »Das kommt nicht in Frage. Sie wollten sich einen Anwalt nehmen – bitte.«
    »Glauben Sie etwa, das tue ich nicht? Ich werde mir einen Anwalt suchen und Ihnen Eileen wegnehmen. Ich habe nie etwas unterschrieben. Und ihr werdet sie nie wiedersehen, ihr Geizkragen.«
    »Das wird Ihnen nicht gelingen. Man wird sehr schnell herausfinden, was Sie sind: eine Schlampe und Trinkerin.«
    Lottie warf die Stola zurück. »Ich komme ziemlich lange ohne Drinks aus, Mister. Und Sie werden überrascht sein, was mir alles gelingt, wenn ich mich einmal zu etwas entschlossen habe. Überlegen Sie es sich lieber noch einmal.«
    Sie ging zur Haustür, öffnete sie und wollte sie dann hinter sich zuknallen. Aber dann überlegte sie es sich anders, lächelte dünn und ließ die Tür offen. Birdwell musste sie selbst zuschlagen.
    Lotties Suche nach einem Anwalt war in der
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