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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
Autoren: Anthony Bourdain
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Maschinengewehre auf dem Klo zusammengebaut
… Ja, an der Bar wurde Kokain verkauft. Vertreter einer sizilianisch-amerikanischen Organisation kamen wirklich einmal in der Woche vorbei und trieben Geld ein. Selbst für den oberflächlichen Betrachter schien die Flotte der Shadow-Restaurants mit voller Kraft vorauszufahren, ohne dass jemand wusste, wohin die Reise ging oder ob überhaupt jemand am Ruder stand. Aber als ich die Fakten in meiner Shadow-Geschichte noch einmal durchging, erkannte ich, dass ich zwar die reißerischen Details dargestellt hatte, dabei aber sehr schockiert, empört und unerbittlich klang. Ich stellte den Mann wie einen Idioten dar - obwohl er das wirklich nicht war.
    Wenn sich der Shadow je etwas zuschulden kommen ließ, dann, dass er voll und ganz ein Kind seiner Zeit war. Nur in viel größerem Maßstab. An jenem Abend, als wir an zwei getrennten Tischen saßen und über unsere Vergangenheit sinnierten, sagte ich zu ihm: »Hey. Das waren die Achtziger … Wir haben sie hinter uns gelassen. Wir sind immer noch da.«
    Ich würde gern glauben, dass ihn das tröstete - oder ihm als Erklärung diente, vielleicht sogar als Entschuldigung. Aber dem war nicht so.
     
     
    Andererseits habe ich häufig miterlebt, wie Pino Luongo Leute fertigmachte. Und Spaß daran hatte.
    In meinem Buch stellte ich Pino als Mistkerl dar - und das ist trotzdem wahrscheinlich das Netteste, was jemals über den Kerl geschrieben wurde. Er jedenfalls glaubte es. Seit dem Erscheinen des Buches haben wir uns ein paarmal
gesehen. Er bat mich sogar, das Vorwort für seine Memoiren zu schreiben. Das tat ich mit Vergnügen - und werde deshalb wohl nie wieder einen Tisch in bestimmten Restaurants der Stadt kriegen, wo sein Name - immer noch - ein Unwort ist. »Pino hat mich fertiggemacht« ist ein Satz, den ich von fast jedem italienischen Küchenchef gehört habe, den ich kenne - normalerweise begleitet von einem Lächeln und einem Achselzucken. Man sollte vielleicht erwähnen, dass sie heute alle zu den besten ihres Fachs gehören. Die meisten werden zugeben, dass zwischen diesen »frühen Erfahrungen« und ihrem jetzigen Erfolg eine Verbindung besteht, vielleicht auch, dass sie dem ehemaligen Fürsten der Finsternis zu Dank verpflichtet sind, weil er ihnen gezeigt hat, wie es in dieser manchmal grausamen, kalten Welt zugeht.
    Von seiner einstigen Position an der Spitze der gehobenen italienischen Restaurants in New York stürzte Pino tief. Eine Expansion, bei der er schlecht beraten war, brachte sein ganzes Unternehmen ins Schlingern - und wie ich höre, hatte er Probleme, sich davon wieder zu erholen. Dazu kam das Problem, dass heute jeder anbietet, was Pino früher machte. Die authentischen, toskanisch angehauchten Gerichte, die öligen kleinen Fische, die Pasta in kaum bekannten Ausformungen, von deren Genießbarkeit er seine Gäste nur mit viel Mühe überzeugen konnte, das alles findet man heute in jedem Restaurant. Überall. Ebenso wie die Überlebenden seiner Schreckensherrschaft.
    Obwohl mich mein kurzes Gastspiel bei Pino regelrecht traumatisiert hat, tut es mir immer noch leid, dass es das Le Madri nicht mehr gibt. Was für ein wunderbares Restaurant.
Es verkörperte das Beste, was Pino zu bieten hatte. So viele unglaubliche Menschen gingen durch diese Küchentür, von denen ich in kürzester Zeit so vieles lernte. Es war ein magischer Ort.
    Später wurde das Gebäude abgerissen.
    Heute findet man Pino oft in seinem Restaurant, dem Centolire in der Madison Avenue. Er begrüßt die Gäste in der Kochjacke - und verschwindet dann in die Küche, wo er tatsächlich kocht.
    Der Pino von heute ist anders als früher. Glücklicher, zufriedener. Vielleicht, weil er von der drückenden Verantwortung für sein Imperium befreit ist. Heute kann er wieder mehr Späße machen, kann seine kindliche Seite zeigen, die wir damals nur ganz selten erlebten. Hin und wieder bei Tisch, wenn er eine Geschichte erzählte oder sich eine weitere frisch gegrillte Sardine auf den Teller legte.
     
     
    Bei Bigfoot handelt es sich nicht um Drew Nieporent - auch wenn viele Leute das glauben. Ich weiß nicht, wie man eine Verbindung zwischen den beiden herstellen kann, denn sie sind so verschieden, wie zwei Menschen nur sein können. Drew ist ein Romantiker. Bigfoot nicht. Wer je mit Bigfoot zusammengearbeitet oder mit ihm etwas getrunken hat - oder ihm in den Siebziger-, Achtziger- oder Neunzigerjahren zufällig über den Weg lief -, erkannte
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