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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs
Autoren: Anthony Bourdain
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zu sehen, auf dem wir, trotzig an die Wand gelehnt, unsere Messer präsentieren. Sam brauchte nur ein bisschen länger als ich, um sich wieder nach oben zu kämpfen. Er saß eine Zeit lang im Gefängnis - was ihm, wie er sagt, das Leben rettete. Seit einiger Zeit ist er clean und abstinent und verkauft Fleisch in Kalifornien. Vielleicht haben Sie ihn schon mal in einer Fernsehsendung gesehen - meiner zum Beispiel.
     
     
    Beth Aretsky, die selbst ernannte »Grill Bitch«, wurde nach langen Jahren als professionelle Köchin meine Assistentin. Im Grunde organisierte sie mein Leben, als nach dem Erscheinen von Geständnisse eines Küchenchefs und der Ausstrahlung der Fernsehserie alles so verrückt und kompliziert wurde und ich plötzlich feststellen musste, dass ich nun zu den

     
     
    Leuten gehörte, die einen Assistenten brauchen. Sie war zehn Jahre lang meine rechte Hand, meine Verteidigerin und Vertraute - manchmal sogar meine Leibwächterin. Einmal wurde ich nach einer Lesung von einem hyperaggressiven Veganer bedroht, und sie drängte ihn an die Wand, drückte ihm den Unterarm an die Kehle und hielt ihn so in Schach. Manch alkoholisierten, aufdringlichen weiblichen Fan hielt sie mir mit einem, wie es im Polizeibericht immer so schön heißt, »stumpfen Gegenstand« vom Leib. Beth heiratete einen Mann, den sie jahrelang immer wieder in der Karibik besucht hatte - und schon bald hatten die beiden eine Tochter. Vor einem Jahr wechselte sie in einen Job, der mehr Sicherheit bietet und familienfreundlicher ist - und bei dem vermutlich auch keine Kampfsportkenntnisse erforderlich sind.
     
     
    Les Halles in Tokio, der Anlass - Sinn und Zweck - meiner ersten Reise nach Asien, meiner ersten, überwältigenden Erfahrung am anderen Ende der Welt, musste bald darauf schließen. Ich werde dem Eigentümer Philippe Lajaunic ewig dankbar sein, dass er mir diese Erfahrung ermöglichte - und sie mit mir teilte. Es heißt, und das glaube ich gern, dass er ein schwieriger Geschäftspartner sei. Seltsamerweise redeten wir nie übers Geschäft, selbst wenn ich mit ihm als Restaurantbesitzer geschäftlich zu tun hatte. Er ist der beste Reisebegleiter. Immer neugierig, unermüdlich - und ohne jede Angst.

     
     
    José de Meirelles, Philippes ehemaliger Partner, der mich als Koch fürs Les Halles einstellte, hat sich anderen Dingen zugewandt und führt jetzt allein die sehr erfolgreiche koschere französische Brasserie Le Marais im Diamond District. Außerdem hat er eine Tapasbar im spanisch-portugiesischen Stil eröffnet. Das Les Halles in Washington ist geschlossen, das Les Halles in Miami hat den Besitzer gewechselt. Gott sei Dank, würde ich sagen. Beide Restaurants waren für das Mutterschiff in der Park Avenue und den erfolgreichen Ableger in der John Street immer ein Klotz am Bein, was den Ruf und die Finanzen betraf. Ich liebe die beiden Restaurants, schaue vorbei, wenn es mir möglich ist, und bin froh, dass die verkommenen Vettern im Hinterland keine Probleme mehr machen.
     
     
    Der Kellner Tim hält immer noch Hof im Gastraum von Les Halles in der Park Avenue und nutzt seinen schlechten Ruf weidlich aus. Wenn man dort essen geht und nach mir fragt, wird er sagen, ich sei gerade eben gegangen oder ich sei in Thailand und unterziehe mich einer Geschlechtsumwandlung oder fahre mit dem Hundeschlitten durch die Antarktis. Alles, nur nicht die Wahrheit - und das heißt, dass ich wahrscheinlich schon eine Weile nicht mehr da war.
     
     
    Küchenchef vom Les Halles ist heute verdientermaßen Carlos Llaguna Morales, der vor vielen Jahren an der Grillstation anfing. Er ist ein fantastischer Koch - viel besser, als ich es je war - und zu meiner Überraschung auch ein besserer Organisator.
Die schmuddeligen Ecken in den alten Kellerräumen vom Les Halles blitzen jetzt vor Sauberkeit. Logistik und Kontrolle sind heute eine ganz andere Liga. Und die Küche hat zwar immer noch dieselbe Größe und beschäftigt die gleiche Anzahl Köche, doch der Gastraum wurde deutlich erweitert und umfasst heute auch den Laden nebenan, wodurch sich die Zahl der Plätze fast verdoppelt hat. Während wir früher einen Abend mit dreihundertfünfzig Essen als Monster betrachteten, werden heute sechs- bis siebenhundert Essen rausgeschickt.
    2007 hatte ich die famose Idee, zurück ins Les Halles zu gehen und an meinem alten Platz zu arbeiten. Die Doppelschicht am Dienstag, drunter wollte ich es nicht machen. Früher kam ich morgens um acht, bereitete
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