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Ein altes Haus am Hudson River

Ein altes Haus am Hudson River

Titel: Ein altes Haus am Hudson River
Autoren: Edith Wharton
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Whartons deutschen Sprachkenntnissen bestand übrigens in einer vollendeten Übersetzung von Hermann Sudermanns Drama Es lebe das Leben (1902), das in ihrer Version von amerikanischen Kritikern den Dramen Ibsens an die Seite gestellt wurde.
    Trotz oder gerade wegen ihres literaturfernen familiären Hintergrunds: Edith Whartons Lektüre war von staunenswertem Umfang. Sie las belletristische, wissenschaftliche, historiografische, philosophische und religiöse Werke in fünf Sprachen. Ihre Auseinandersetzung mit Zeugnissen der deutschsprachigen Literatur nahm dabei neben der französischen, vor allem im Hinblick auf Intensität und Lebensbezogenheit, eine Ausnahmestellung ein. So betonte sie verschiedentlich, das Leseerlebnis ihrer frühen Jahre sei Goethe gewesen; später kam Nietzsche hinzu. Beide hinterließen deutliche Spuren in ihrem Werk. Die Briefe, die Wharton gegen Ende ihrer ebenso ekstatischen wie schwierigen bis selbstquälerischen, drei Jahre dauernden Beziehung zu Morton Fullerton schrieb, variieren gelegentlich Nietzsches These, wonach die Frau womöglich lernen müsse, sich von der Emanzipation zu emanzipieren. Aufschlussreich ist, dass am Anfang dieser Affäre mit Fullerton eine intensive Nietzsche-Lektüre belegt ist, insbesondere von Jenseits von Gut und Böse . Nietzsche wird ihr zur Lebenshilfe, wie später auch Richard Wagners Autobiografie Mein Leben , die ihr das ihre«gerettet»habe, wie sie 1911 schrieb. In Berlin besuchte sie dann 1913 eine Gesamtproduktion der Tetralogie Der Ring des Nibelungen , die bis in ihren letzten Roman The Gods Arrive (1932) nachwirken sollte. Zudem machte sie sich mit den Dichtungen Walthers von der Vogelweide vertraut und befasste sich mit den Gedichten Hofmannsthals. Mit Schopenhauer setzte sie sich auseinander, kehrte aber immer wieder zu Goethe zurück, auch zu dessen Briefwechsel mit Schiller. Wharton, selbst eine bedeutende Briefschreiberin, bemerkte mit einer für sie charakteristischen subtilen Ironie:«Wann immer Goethe an Schiller schrieb, schillerte er.»
    Auch was politische Fragen betraf, zeigte sich Wharton an der Entwicklung in Deutschland interessiert, wie aus einigen ihrer Briefe hervorgeht. So empfahl sie mehrfach die Lektüre der Studie The Anglo-German Problem (1912) als eine der«besten Arbeiten zu diesem Schlüsselproblem unserer Zeit». Ihr Verfasser, Charles Sarolea, hatte den Lehrstuhl für Französische Literatur an der University of Edinburgh inne und zeichnete als verantwortlicher Herausgeber der renommierten Buchreihe Everyman . Erwähnenswert erscheint dies deswegen, weil Wharton in politischen Fragen eine französische Sichtweise bevorzugte.
    Whartons literarisches Schaffen, ihre schiere schriftstellerische Arbeitsleistung, überstieg alles, was eine Amerikanerin bis dahin vorgelegt hatte. Beginnend mit ihrer ersten Sammlung von Kurzgeschichten und kleinen Novellen, The Greater Inclination (1899), weist ihre Bibliografie Werke auf, die sich wie ihre Romane Ethan Frome (1911), The Reef (1912) und The Age of Innocence (1920), für den sie den Pulitzerpreis erhielt, ins Bewusstsein des literarischen Amerikas eingetragen haben. Und damit nicht genug. Sie war eine beachtliche Lyrikerin, der einige Kritiker die Begabung zusprachen, die Nachfolge Emily Dickinsons anzutreten. Sie wurde zu einer Expertin der Gartenbaukunst, wobei sie – auch bei der Gestaltung ihrer eigenen Gärten in«The Mount», dem Sommerlandsitz bei Lenox in den Berkshire Hills, und später in Sainte-Claire und Pavillon Colombe, den beiden französischen Wohnsitzen – an Italien Maß nahm. Erneut wurden ihre Leidenschaften zu Büchern: 1904 veröffentlichte sie ein bis heute gültiges Referenzwerk über Italian Villas and their Gardens , das ihre Faszination für die Ästhetik des Hauses, des Wohnens widerspiegelt. Folgerichtig mündete auch ihre zweite, ganz ihrem Freiheitsdrang entsprechende Passion, das Automobil, in ein Buch mit dem bezeichnenden Titel A Motor-Flight through France (1908). Sie reflektierte hierin den Erlebniswert der technischen Mobilität und die durch sie ermöglichte Freizügigkeit. Ihre dritte, damit verbundene Leidenschaft galt dem Reisen. Vermutlich kannte kaum ein Amerikaner, Morton Fullerton eingeschlossen, Frankreich (und Nordafrika) genauer als Edith Wharton; diese Kenntnisse schlugen sich in bemerkenswerter Reiseprosa nieder, vor allem in ihren Aufzeichnungen In Morocco (1920), die mit ihrer Beschreibung der Stimmenvielfalt in jener Region
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