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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen
Autoren: Jan Seghers
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ein Team, also müssen wir auch arbeiten wie ein Team. Anders geht
     es nicht.»
    Marthaler nickte. «Das hätte ich euch eigentlich heute Morgen alles in der Besprechung erklären wollen.»
    Er deutete auf seinen Schädel. «Aus offensichtlichen Gründen ist nichts daraus geworden. Aber ihr müsst mir vertrauen. Ich
     verspreche, nachher alles zu erklären. Jetzt bitte ich euch um etwas Geduld. Lasst uns erst dieser Sache mit dem Geständnis
     auf den Grund gehen.»
    «Gut», sagte Liebmann. «Wie auch immer wir es wenden, es passt vieles zusammen. Wir haben den gesamten heutigen Tag darauf
     verwendet, die Aussagen Girods zu überprüfen. Bislang |458| konnten wir keinen Widerspruch entdecken. Wir haben sogar Herbert Weber noch einmal vernommen, den Wachmann der Kelster-Sekuritas.
     Tatsächlich ist ihm noch etwas eingefallen. Er hat an jenem Tag auf dem Lerchesberg ein Auto gesehen, das ihm merkwürdig vorkam.
     Es war ein weißer Pajero. Genau ein solches Auto fährt Jean-Luc Girod.»
    «Ein weißer Pajero?»
    «Ja.»
    Marthaler dachte an den Wagen, den er am Tag zuvor gegenüber vom Präsidium im Halteverbot hatte stehen sehen. «Aber kommt
     es euch nicht merkwürdig vor, dass es jemandem gelingt, über Tage hinweg eine Frau in einer fremden Stadt zu beschatten?»
    «Merkwürdig ist es schon, aber nicht unmöglich», erwiderte Kerstin Henschel. «Girod sagt, er habe das gelernt. Er war während
     seines Militärdienstes bei einem Spähtrupp in der Normandie.»
    «Und was ist mit den Spuren? Wenn er drei Leute umgebracht hat, müsste es doch irgendwelche Spuren geben.»
    Liebmann nickte.
    «Ja. Das müssen wir noch überprüfen. Aber wie du weißt, hat es überall unzählige Spuren gegeben. Mit was hätten wir sie vergleichen
     sollen, da wir ja nichts von der Existenz Jean-Luc Girods wussten. Für uns gab es immer nur das Mädchen und die drei Männer.
     Alles andere haben wir beiseite geschoben.»
    Marthaler musste ihm Recht geben. Immer wieder hatten sich Walter Schilling und Sabato über die Vielzahl der Spuren beschwert.
     Und immer wieder war ihnen gesagt worden, sie sollten sich bei der Sicherung und Auswertung auf die vier Hauptpersonen des
     Geschehens konzentrieren.
    Gerade wollte Marthaler seinen Kollegen darüber berichten, wie er auf das Dorf im Elsass gestoßen war, als die blonde |459| Krankenschwester vor ihnen auftauchte. «Hier treiben Sie sich herum. Sie müssen sofort nach oben kommen.»
    «Zehn Minuten noch», bat Marthaler.
    «Nicht eine einzige», sagte die Schwester. «Das Abendbrot haben Sie bereits ausfallen lassen. Das ist Ihr Problem. Dann müssen
     Sie halt hungrig ins Bett gehen. Aber gleich ist Visite. Und die Ärzte werden nicht auf Sie warten. Dafür werde ich sorgen.»
    Sie fasste ihn unter den Arm und schob ihn in Richtung Eingang. Er machte eine Geste der Resignation.
    «Hat er irgendwas zu seinem Motiv gesagt?», wollte er noch wissen.
    «Er sagt: Eifersucht.»
    «Natürlich. Und warum hat er sich gestellt?»
    «Weil er will, dass seine geliebte Manon wieder freikommt. Weil sie unschuldig ist.»
    Die Schwester drängte ihn zur Tür des Aufzugs. Er wandte sich noch einmal um. «Trägt dieser Girod eigentlich Schmuck?»
    «Ja», sagte Kerstin. «Er trug ein Armband. Mit irgendwelchen Anhängern dran. Während wir ihn vernommen haben, hat es die ganze
     Zeit geklappert. Warum fragst du?»
    «Nur so. Ich würde mir dieses Armband bei Gelegenheit gerne einmal anschauen», sagte Marthaler. Und dann, als wolle er davon
     ablenken, dass er seine Kollegen schon wieder mit einem Rätsel entließ: «Ach, Kerstin, eine Frage noch: Was ist mit Manfred?
     Seid ihr beiden nun ein Paar oder nicht?»
    Kerstin Henschel war offensichtlich überrascht von dieser Frage. Sie lächelte unsicher. «Ja», sagte sie dann. «Jedenfalls
     wollen wir es versuchen.»
    Marthaler nickte, ohne noch etwas zu sagen.

|460| Sieben
    Als ihm Marie-Louise Geissler am späten Nachmittag vorgeführt wurde, wusste der Richter Magnus Sommer bereits, dass es ein
     Geständnis gab. Er hatte sich umgehend das Protokoll der Vernehmung Jean-Luc Girods aus dem Polizeipräsidium zufaxen lassen.
     Wie Kerstin Henschel und Sven Liebmann hatte auch er den Eindruck, dass die Angaben Girods nicht unplausibel waren.
    Auch im Büro des Richters machte Marie-Louise Geissler keinerlei Aussagen. Sie saß auf einem Stuhl, starrte vor sich hin und
     schwieg. Sie machte auf Magnus Sommer einen erschöpften und hochgradig verwirrten
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