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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume
Autoren: Jacques Berndorf
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Geschwister. Sie machte sich nach der Schule gemeinsam mit einem Trupp anderer Schüler auf den Heimweg. Wie immer. Die letzten paar hundert Meter lief Annegret stets allein. Donnerstag kam das Mädchen zu Hause nicht an. Die normale Rückkehrzeit war gegen ein Uhr mittags. Als Annegret gegen siebzehn Uhr immer noch nicht zu Hause war, telefonierten die Eltern in Hildenstein herum. Normale Reaktion. Gegen neunzehn Uhr haben sie dann die Polizei verständigt. Die Wache hat den Vorfall vorschriftsmäßig zur Kriminalpolizei nach Wittlich durchgegeben. Die jagte sofort einen Wagen mit zwei Beamten nach Hildenstein. Die Beamten sondierten die Besonderheiten, wobei es eigentlich keine Besonderheiten gab, außer der Tatsache, dass das Mädchen nicht nach Hause gekommen war. Sehr schnell haben sie die freiwilligen Feuerwehren angefordert, die in einem solchen Fall immer zuerst ins Geschäft kommen, weil die mit großer Schnelligkeit viele Hilfskräfte mobilisieren können. Jupp Leuer aus Kelberg hatte in etwa sechzig Minuten zweihundert Mann nach Hildenstein beordert, die im großen Maßstab die Suche aufnahmen. Sogar zwei Helis, die Wärmebildaufnahmen machen können, waren involviert. Die Leute haben Hildenstein durchpflügt, sie haben das Städtchen buchstäblich auseinander genommen. Kein Schuppen, den sie nicht geöffnet haben, kein Dachboden, der nicht untersucht wurde, kein Gehölz, das sie nicht Zentimeter für Zentimeter durchforstet haben. Ich weise dich in diesem Zusammenhang auf die Berichterstattung im Trierischen Volksfreund hin, die sehr gut und sehr umfassend war.«
    »Was ist das für ein Mädchen gewesen, diese Annegret?«
    »Ein Sonnenschein, wie eine ihrer Lehrerinnen gesagt hat. Ein umwerfend nettes Mädchen. Verdammt nochmal, Baumeister, du musst doch ihr Foto in der Zeitung gesehen haben!«
    »Habe ich nicht. Jedenfalls nicht bewusst. Hast du etwas in dieser Sache unternommen?«
    »Nein.« Er schwenkte sein Brandyglas. »Ich habe mich in den Fall nicht eingemischt. Wahrscheinlich deshalb, weil du kein Wort gesagt hast. Und weil Kischkewitz uns vor sechs Tagen in Heyroth besucht hat. Er hat einen neuen Stellvertreter aufs Auge gedrückt bekommen. Auf Anweisung vom Innenministerium. Der Mann war kaum in Wittlich angekommen, da begann er schon offen und unglaublich brutal gegen Kischkewitz zu intrigieren. Mobbing in Reinkultur. Er behauptete sofort, Kischkewitz sei eine Flasche. Erstens habe Kischkewitz einen unklaren Todesfall versaut. Dabei ist da einfach eine Scheißpanne passiert, wie sie immer und überall vorkommt. In Ediger-Eller an der Mosel lag ein Dreißigjähriger tot in seinem Bett. Kischkewitz hatte keinen Todesermittlungsbeamten an der Hand und schickte einen jungen Nachwuchsmann. Der war nicht nur neu, sondern auch noch leichenscheu und hat nicht entdeckt, dass der Tote stranguliert worden ist, denn er hat die Bettdecke nicht weggezogen. Zweites Mobbingdesaster ist eine junge Frau. Es geht das Gerücht, dass sie die Geliebte von Kischkewitz ist. Tatsächlich ist sie die Ehefrau eines Handwerkers aus Bitburg, der sich erhängt hat. Kischkewitz leistet Trauerhilfe. Und der Hammer ist nun die Entdeckung, dass sich plötzlich beide Vorfälle in der Personalakte von Kischkewitz wiederfinden, obwohl sie dem Ministerium kein Mensch offiziell berichtet hat.«
    »Wie geht er damit um?«
    »Eigentlich gar nicht. Ein solcher Angriff passt absolut nicht zu seinem Charakter. Leute, die mobben, betrachtet er wie Insekten, mit denen er nichts anfangen kann. Hilflos eben.« Rodenstock schnalzte mit den Fingern. »Das würde mir im Übrigen genauso gehen. Also – was machen wir jetzt?«
    Ich musste grinsen. »Ich denke, wir steigen ein.«
    »Ein erstes Lächeln«, grinste er zurück. »Sieh mal, meine Ehefrau rauscht heran.«
    Emma rauschte wie üblich und wie ihr Mann mit viel zu viel Gas auf den Hof und würgte den Volvomotor schlussendlich ab.
    Sie kam auf die Terrasse und erklärte mit steinernem Gesicht: »Das mit Anni ist richtig schlimm. Ich habe Detlev Horch zu Hilfe gerufen. Er sagt, wenn alte Leute keine Lust mehr haben weiterzuleben, dann kann er wenig machen. Und bei Anni scheint genau das der Fall zu sein. Was können wir tun?«
    »Was meint sie denn selbst?«, fragte Rodenstock.
    »Das ist es ja eben«, schimpfte Emma. »Sie sagt nichts, keinen Piepser. Sie liegt einfach rum und spricht kein Wort. Wie ein trotziges Kind.«
    »Hat sie unangenehme Post bekommen?«, fragte ich. »Irgendetwas
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