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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg
Autoren: Jacques Berndorf
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möglicherweise ein Gewehr wie das berühmte Tokarew der Russen verwendet wurde. Es ist ein offenes Geheimnis, dass diese Waffen immer noch in den Schlafzimmerschränken der Leute in Thüringen stehen, weil russische Soldaten sie für kleines Geld verkauften. Infrage kommt aber durchaus auch eine Waffe wie das G 36, das die Bundeswehr in Afghanistan benutzt. Und jetzt kommt es, mein Freund: Beide Waffen sind auf bestimmten Märkten sowohl in Polen wie in Tschechien in Form von Einzelteilen zu haben. Du kannst dir so ein Ding also zusammenkaufen. Wir müssen die Waffe oder die Waffen nur finden. Wahrscheinlich redet jemand, irgendeiner redet immer.«
    »Vorausgesetzt, er tötet nicht weiter und verschwindet«, sagte ich.
    »Warum sollte er das tun?«, fragte Patt erstaunt. »Ich glaube fest daran, dass er so krank ist, dass er nicht daran denkt zu verschwinden.«
    Dann brüllte jemand: »Sie haben Reh! Sie haben Reh!«
    Kischkewitz’ Kopf schnellte hoch, er lehnte sich weit vornüber und kroch fast in seine Lautsprecher hinein. Dieser quäkte irgendetwas, es klang sehr angestrengt. Es war nicht zu verstehen, was gesagt wurde.
    »Sie haben Tessa!«, sagte Kischkewitz fassungslos.
    Es herrschte eine unnatürliche Stille.
    Kischkewitz griff zu den Kopfhörern und setzte sie auf. Er hob eine Hand und forderte Stille. »Nördlich von Üxheim«, sagte er. »Sie ist okay, sie legen sie auf eine Trage, sie ist okay. Aber sie kann nicht reden, sie hat Schmerzen. Wieso hat sie Schmerzen? Nach Adenau, sagen sie, nach Adenau.« Das Gesicht von Kischkewitz war tränenüberströmt. »Alles okay«, sagte er heiser.
    »Sie heißt bei uns Reh«, murmelte Patt. »Das wusstest du nicht, oder?« Er schniefte und flüsterte: »Das war verdammt knapp, sage ich, verdammt, verdammt knapp.«
    Dann war da die Miriam Keil neben uns und hatte in der rechten Hand eine Schnapsflasche.
Birne aus der Eifel
stand drauf. Sie machte mit dem ganzen Leib zuckende Bewegungen wie eine Bauchtänzerin, grinste wie ein Honigkuchenpferd und gurrte: »Was für die Nerven! Was für die Nerven!«
    Es gab Leute, die sich klatschend die Hand gaben, die sich gegenseitig umarmten. Es wurden Schultern geklopft, Arme in den Himmel gereckt. Es gab Frauen, die quietschten, und Männer, die einfach »Wow, Wow!« riefen. Eine ganze Mordkommission albern vor Glück.
    »Ich muss jetzt nach Adenau«, bemerkte ich etwas blöde.
    »Du fährst jetzt kein Auto!«, fuhr Holger Patt mich an. »Dir würde ich jetzt noch nicht mal ein Obstmesser anvertrauen.«
    Kischkewitz kam zu uns und sagte: »Wir fahren sofort zu ihr und schauen sie uns an. Mann, Junge, hast du ein Glück. Kannst du Rodenstock anrufen? Damit er schlafen kann?«
    »Haben wir jetzt auch die Kinder?«, fragte Patt.
    Kischkewitz schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Aber sie sind eingekreist. Wir haben drei Scharfschützen mit Betäubungsgewehren dabei.«
    Ich rief Rodenstock an. »Alles in Ordnung«, sagte ich. »Ich habe sie wieder.«
    Wir wurden mit einem Streifenwagen nach Adenau gefahren. Kischkewitz saß im Fond neben mir und telefonierte die ganze Zeit, sagte dauernd »So, so« oder »Ja, ja«, beendete eine Verbindung, steckte das Handy ein, um es sofort wieder herauszufummeln und erneut zu sprechen. Schließlich legte er es zwischen uns auf den Sitz. Dann friemelte er die Schachtel mit den Stumpen aus den Niederlanden aus seinem Jackett und zündete sich einen dieser fürchterlichen Dinger an.
    »In einem Streifenwagen darf nicht geraucht werden«, sagte einer der Uniformierten vor uns.
    »Bitte sehr, ihr könnt mich anzeigen«, murmelte Kischkewitz. Dann beugte er sich zu mir und murmelte: »Diese Kinder sind einfach schrecklich, wahrscheinlich werden sie lebenslang einen Therapeuten brauchen. Sie haben Tessa die Hände und die Füße mit Tape zusammengeklebt. Dann haben sie den Hals und die Füße mit einem kurzen Seil in ihrem Rücken verbunden. Sie lag krumm wie ein Fötus. Wenn sie sich bewegte, strangulierte sie sich selbst. Sie haben ihr den Mund mit Tape verklebt, sie konnte nicht frei atmen. Verstehst du das, ist das nicht unfassbar? Sag selbst, wie kann man so vorgehen?«
    »Der Eulenhof hat ganze Arbeit geleistet«, sagte ich und starrte hinaus in das Grün der Landschaft.
    Tessa, ich habe dir gesagt, dass du freikommst. Mir war das nicht immer klar, ich hatte sehr viel Furcht, ich war manchmal sprachlos vor Furcht. Jetzt ruh dich aus, nimm dir Zeit. Und mach dich darauf gefasst, ein öffentlicher
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