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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg
Autoren: Jacques Berndorf
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Blickwinkel bemerkte ich Erstaunliches: Kischkewitz saß vor seinen kleinen Lautsprechern und schlief, der Mund halboffen, das Gesicht vollkommen gelöst. Ein Mann quäkte über den Lautsprecher: »Gruppe sechs wechselt jetzt über in das Planquadrat zwölf.«
    Gegenüber kam Gerhard Hahn aus dem Haus und wechselte vier Türen weiter in den Nachbarbau. Es fiel mir auf, dass er sich nicht im Geringsten um die Mordkommission, die vielen uniformierten Polizisten und die vielen Autos auf dem Hof kümmerte. Das wirkte vorsätzlich, fast künstlich: Er wollte sich raushalten, er hatte sich immer rausgehalten. Das war seine Rettung.
    Ich hob zwei Meter von Holger Patt entfernt die Hand und hoffte, dass er mich sah. Er bemerkte mich, schickte die beiden Kollegen weg, mit denen er gesprochen hatte, und deutete auf den Stuhl neben sich.
    »Wie geht es denn deiner Seele?«, fragte Patt.
    »Beschissen«, sagte ich und setzte mich. »Alles ist so eng, ich kann nicht mehr gut atmen. Das ist kein Zustand, das ist krank.«
    »Sie fehlt dir«, nickte er. »Sie ist ja auch eine gute Type. Wir hatten so was Gutes auch noch nicht. Aber sie wird wiederkommen.«
    »Glaubst du das im Ernst?«
    »Ja«, sagte er sehr bestimmt.
    »Warum?«
    Er beugte sich nach vorn über den Tisch, stützte beide Ellenbogen auf und schloss die Augen. »Sie haben sich überfressen«, sagte er. »Der Happen ist zu groß. Was sollen sie jetzt machen? Sie haben Waffen, Armbrust und Axtstiel, sie können damit töten. Sie sind schnell, sie sind garantiert wieselflink. Aber die Tessa ist nicht schnell. Mit Tessa sind sie zu langsam, mit Tessa kommen sie nicht weit. Tessa ist auch nicht gewohnt, schnell durch einen Wald zu laufen.«
    »Und sie töten sie«, sagte ich. Das war ein schwerer Satz.
    »Nein«, sagte er ganz sanft und schüttelte den Kopf. »Sie töten sie nicht. Das Mädchen wird das nicht zulassen, das Mädchen denkt weiter als die Jungs.«
    Hastig sagte ich: »Lass uns über Waffen reden.« Ich hatte einen trockenen Mund.
    Er sah mich aufmerksam an und fragte sicherheitshalber: »Kannst du überhaupt zuhören?«
    »Das kann ich, ja.«
    »Okay. Ich habe mit unserem ehemaligen Kollegen Robert Honnacker in Gotha gesprochen, du erinnerst dich, der Mann ist eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Ich habe das Problem mit Paul Henrici, den du gefunden hast, auf den Tisch gepackt. Wir sind uns einig, dass es eine tschechische CZ war, Kaliber neun Millimeter. Wir haben hier in der Waffenkammer eine CZ gefunden, aber es war nicht die Tatwaffe. Es hat, nach einem Zeugen zu urteilen, eine zweite CZ gegeben, die aber verschwunden ist. Wir nehmen an, dass sie benutzt wurde, um Blue zu erschießen. Und wir glauben, dass Weidemann Ulrich Hahn gezwungen hat, die Tötung von Blue zu erledigen. Wir nehmen das an, weil Zeugen inzwischen zugegeben haben, dass zwischen Doktor Hagen Weidemann und Ulrich Hahn erhebliche Spannungen herrschten. Hahn soll Weidemann wiederholt vorgeworfen haben, den Eulenhof wie ein absolutistischer Herrscher zu strangulieren und gute Anlagen bei den Leuten durch blödsinnige Anordnungen und Befehle abzuwürgen. Wir sind sicher, dass Weidemann von Hahn so eine Tat verlangt hat, um damit zu demonstrieren, dass allein sein Wort gilt – und das von Hahn eben nicht. Wir brauchen also Ulrich Hahn, um die tschechische CZ zu finden. Das ist nur eine Frage der Zeit. Jetzt zu den Langwaffen, die benutzt wurden. Du musst wissen, dass man Gewehre im freien Handel kaum noch bekommt. So etwas klappt manchmal noch in der Türkei und in Polen oder Tschechien. Aber nur sehr, sehr selten. Kasachstan ist auch möglich, aber du kriegst die Waffe nicht aus dem Land heraus. Robert Honnacker sagt aber auch, dass man sowohl in Polen wie auch in Tschechien Gewehre auf bestimmten Trödelmärkten kaufen kann. Aber nicht als Gewehr, sondern als eine Summe von Ersatzteilen. Du kannst dir buchstäblich ein Gewehr zusammenkaufen, du hast dann eine Waffe, die in der Zusammensetzung garantiert noch nirgendwo in Erscheinung getreten ist. Der Schütze hier bei uns hat mit hoher Sicherheit ein Gewehr mit optischer Visierung benutzt, also ein Zielfernrohr. Es dürfte sechzehnfache Vergrößerung haben. Das ermöglicht einen gezielten Schuss über fünfhundert Meter. Immer vorausgesetzt, du kannst damit umgehen. Aber das lässt sich ja lernen. Der Schütze benutzte immer dieselbe Munition, deren Kopf präpariert war. Das brachte diese entsetzlichen Wunden mit sich. Honnacker sagt, dass
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