Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
Schatten. Büsche sind am besten.«
    »Was heißt Büsche?«
    »Brachflächen«, antwortete er. »Also Flächen, wo einmal Wald war. Den Wald hat man geerntet, oder ein Sturm hat ihn umgelegt. Die Stämme nimmt man raus, wenn es sich lohnt. Möbelbau und solche Dinge. Dann lässt man die Flächen ein paar Jahre atmen. Da schießt dann alles hoch, was du dir vorstellen kannst. Vogelbeere, Haselnuss, Eschen, Fichten, Kiefern, Buchen, Ulmen. Da kannst du erkennen, wie viele Samen in der Erde waren und gewartet haben. Du weißt ja, kleine Bäume können lange warten.«
    »Was heißt das jetzt?«
    »Sieh dir alten Buchenbestand an. Fünfzig bis siebzig Jahre. Und unten auf dem Boden stehen junge Buchen. Zwei bis fünf Jahre alt, ganz kleine, krumme Kerlchen. Nicht mal so hoch wie du. Also, sie warten darauf, dass die alten Stämme kippen, sie haben eine sehr große Geduld. Du kannst nicht einmal sehen, dass sie wachsen, ein paar Zentimeter pro Jahr, sage ich mal. Dann kippt ein alter Stamm, und sie schießen in die Sonne hoch, weil sie jetzt das Licht kriegen, der alte Stamm mit seinem Schatten behindert sie nicht mehr.«
    »Wo würdest du dich verstecken?«
    »Auf Buschflächen«, antwortete er sofort. »Du kannst auf zwei Meter an mir vorbeigehen, du siehst mich nicht.«
    »Wo kann ich so etwas sehen?«
    »Zwei Kilometer von hier. Wir nehmen aber den Schlepper.«
    Ein Hubschrauber kam zurück, flog einen Bogen und verschwand dann wieder.
    »Und wenn wir den Suchtrupps in die Quere kommen?«, fragte ich.
    »Die sind noch kilometerweit weg. So schnell können die gar nicht laufen«, entgegnete Häh souverän.
    Ich bekam meinen Platz auf dem Kotflügel, und Häh gab seinem Gaul die Sporen. Es ging wieder auf die Straße nach Bongard und Kelberg. Diesmal allerdings fuhr er nach ungefähr zwei Kilometern rechts von der Straße ab in einen gut ausgebauten Waldweg, der mit Splitt versiegelt war.
    »Hier sind zwei Holzplätze«, rief er mir über den Lärm des Motors hinweg zu. »Hier wird Holz abgefahren. Brennholz auch.« Irgendwann hielt er an und zeigte nach rechts.
    Die Fläche war überwältigend grün, vielleicht dreihundert Meter tief und vierhundert Meter in der Breite. Sie fiel sanft bergab auf uns zu und wirkte unter der Sonne wie ein Teich, der ganz mit Entengrütze bedeckt ist. Erst als ich mir die Mühe machte genau hinzusehen, einzelne, kleine Büsche herauspickte und ihre Struktur begriff, verstand ich, weshalb sich Häh auf dieser Fläche verstecken würde.
    Häh schaltete die Maschine ab. »Hier kannst du sehen, was ich meine. Die Fläche ist ungefähr fünf Jahre alt. Hier standen Fichten, am Rand auch viele Kiefern, sehr gutes Möbelholz, sehr gutes Zirbelholz.« Er kletterte von seinem Schlepper hinunter und machte mir Platz, damit auch ich Boden unter die Füße bekam.
    »Du siehst ja meinen Blaumann, Jung. Ich zeig dir jetzt mal, was wir gemacht haben, als wir jung und knusprig waren.«
    Er ging ein paar Schritte in die Büsche hinein, sodass die Büsche der ersten Reihe ihn verdeckten. Dann war er plötzlich nicht mehr zu sehen, hatte sich in Luft aufgelöst.
    »Du musst nach Blau gucken«, sagte er gemütlich von irgendwoher.
    Ich guckte also nach Blau, ich sah kein Blau.
    »Du kannst ruhig ein paar Schritte machen«, gab er Anweisung.
    Ich machte ein paar Schritte. Es war sehr verwirrend.
    »Wenn du jetzt den rechten Fuß heben würdest, dann trittst du mich nicht mehr. Also, meinen Blaumann, meine ich.«
    Er hatte sich unter einer üppig wuchernden Vogelbeere rund um den kleinen Stamm ins hohe Gras gelegt und kicherte ganz hoch. Er rappelte sich hoch. »Also, es gab in meiner Jugend welche, die nahmen sich ihr Mädchen und gingen auf solche Flächen. Niemand suchte sie, weil alle wussten: Die findest du nie mehr wieder, wenn sie nicht wollen.«
    Ich rief sofort Kischkewitz an.
    »Ich bin hier bei meinem Waldflüsterer. Du kannst vielleicht an die Chefs der Suchenden weitergeben, dass sie besonders in Gebieten mit vielen Büschen aufpassen müssen. Diese furchtbaren Kinder können sich dort beliebig in Luft auflösen.« Ich beschrieb ihm so genau wie möglich, welche Art von Bewuchs Häh mir gerade gezeigt hatte.
    »Glaubst du das im Ernst?«, fragte Kischkewitz.
    »Ich habe gerade beinahe meinen Flüsterer getreten, ich stand über ihm.«
    »Ja, ist gut, ich gebe das weiter.«
    »Aber ihr habt noch nichts?«
    »Richtig«, sagte er.
    Häh stand in der Sonne und hatte ein Problem. »Sag mal, Jung, die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher