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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg
Autoren: Jacques Berndorf
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schwule Freunde erschießen lassen, wie wir wissen, einfach so. Und mein Mann sollte mit dem Richard den beiden jungen Männern folgen, um zu beweisen, dass sie ein schwules Verhältnis hatten. Alfie war ganz stolz, dass er so einen wichtigen Auftrag von dem Weidemann bekam. Stimmt, sie waren zweimal da. Einmal, als die beiden Jungens hinfuhren und einmal, als sie zurückkamen. Aus Polen oder Tschechien oder so. Kann das sein? Oh Gott, ich hasse diesen Bauernhof. Er macht mein Leben kaputt.« Sie hustete wieder.
    Ich hörte, wie ein paar Glasscherben bewegt wurden und dachte: Ich muss angreifen. Ich fragte: »Ist Ihr Mann denn inzwischen mit diesen Neonazis fertig?«
    »Nicht die Spur«, antwortete sie. »Er ist sogar damit einverstanden, dass wir uns nach einer angemessenen Schamfrist scheiden lassen. Und ich freue mich darauf. Er hängt da immer noch drin. Ich habe die Schnauze total voll.«
    »Also sind Ihr Mann und der Chirurg mit einem Auftrag Weidemanns den beiden jungen Männern nachgefahren?«
    »Ja, ich weiß noch, wie ich Alfie angeschrien habe. Wie ich geschrien habe, dass er ein Schwein sei, wenn er solche Aufträge annimmt. ›Warum kannst du denn nicht diese beiden Jungens in Ruhe lassen?‹, hab ich ihn angeschrien. Da hat er geantwortet, Weidemann hätte entschieden, dass der Hof es sich nicht erlauben könne, Menschen mit so abartigen Neigungen in seinen Mauern zu dulden. Das sei ein Verrat an der Idee. Diese jungen Männer wären pervers. ›Du bist wahnsinnig!‹, habe ich gebrüllt. Und wir wissen ja, dass Adolf Schwule in die Konzentrationslager schickte. Oder?«
    »Ja, das war so«, murmelte ich.
    »Und wissen Sie, was die beiden in der Pension in Dresden wollten?« Ihre Stimme war ganz hoch.
    »Sagen Sie es mir«, antwortete ich.
    »Sie wollten die Bettlaken aus dem Doppelzimmer der Jungens haben, sie wollten sie kaufen. Als Beweis. Für Weidemann.«
    »Haben sie die Laken bekommen?«
    »Das weiß ich gar nicht. Ist das wichtig?«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte ich. »Kann ich Sie anrufen, wenn ich weitere Fragen dazu habe?«
    »Aber immer«, sagte sie. Dann musste sie wieder husten.
    Ich bedankte mich für das Telefonat und wünschte ihr eine gute Nacht. Dann ging ich hinaus in den Garten, wanderte herum und sah nach meinem Igel, entdeckte ihn aber nicht. Es war zu wenig Licht da. Ich dachte an Tessa und fragte mich, was ich ihr jetzt sagen könnte. Es war nicht viel, es war nur ein sehr Hilfloses: »Halte durch, Tessa! Wir holen dich da raus, wir kommen ganz bestimmt!«
    Der Wald war jetzt mein Feind. Ich erschrak bei dem Gedanken.

21. Kapitel
    Ich hatte erwartet, dass ich die ganze Nacht kein Auge zumachen würde. Weil ich aber die Erschöpfung des Tages in den Knochen spürte, legte ich mich trotzdem ins Bett. Bisweilen schlagen wir uns Schnippchen, die wir uns selbst niemals zutrauen würden. Ich konnte es kaum fassen, als ich aufwachte und der Wecker schon den nächsten Morgen vermeldete. Es war schon halb sieben, ich musste gut sieben Stunden tief und fest geschlafen haben. Ich hatte von Tessa geträumt, sehr intensiv. Mir war, als hätte sie mir zugerufen: »Es wird alles gut.« Mit diesem Lächeln in den Augen.
    Ich setzte mich an den Computer und versuchte eine erste Version dieser Geschichte. Ich überdachte dies und jenes, Querverbindungen und ihre möglichen Bedeutungen, gab aber schnell auf und machte mir einen Kaffee. Ich warf die Geschichte in den virtuellen Papierkorb. Es war einfach noch zu früh, ich hatte noch zu viele Fragen – und vor allem noch keinen Täter mit einer glaubwürdigen Motivation.
    Gegen sieben verließ ich das Haus und fuhr nach Bongard hinüber zum Eulenhof. Sie waren schon wieder dort – oder immer noch, das war nicht zu erkennen. Sie standen zusammen, diskutierten, rauchten, tranken Kaffee. Dann kamen die Busse. Es waren nur zwei mit jeweils fünfzig Polizeibeamten.
    Kischkewitz war der Einsatzleiter. Er stellte sich vor sie hin und machte es kurz: »Ihre Chefs wissen, auf was es ankommt. Sie werden fächerförmig vorgehen. Ihre Kollegen kommen mit einem gleichen Fächer von der anderen Seite dieser Waldungen auf Sie zu. Sie haben Fotos von den Jugendlichen, Sie haben Fotos von Frau Doktor Tessa Brokmann. Ich möchte Sie nur auf einen wichtigen Punkt aufmerksam machen. Diese Jugendlichen sind nach unserer Überzeugung gewaltbereit und Profis im Umgang mit ihren Waffen. Und sie bewegen sich im Wald, als wären sie dort zu Hause. Sie
sind
dort zu
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