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Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz
Autoren: Jaques Berndorf
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übersehen. Aber dort war nichts. Ich ging so weit, daß ich dem Mann ins Gesicht sehen konnte. Das Gesicht war sehr weiß und wirkte ausgeblutet, die Augen weit auf. Vielleicht war er dreißig oder fünfunddreißig Jahre alt, sicher nicht älter. Er war sorgfältig rasiert. Unterhalb seines Kinns hatte sich der Hemdkragen hochgeschoben und war total verkrustet. Das Blut war rabenschwarz und glänzte trocken. Merkwürdig war, daß er beide Arme sehr weit vor dem Körper hielt und daß alle zehn Finger weit auseinander gespreizt standen.
    Ich kniete mich nieder und legte die letzten Zentimeter in der Hocke zurück. Ich faßte einen der Finger an. Die Totenstarre hatte eingesetzt.
    »Hier ist dein Fotoapparat«, sagte Erwin.
    »Komm her, aber geh in meiner Spur.«
    Er näherte sich vorsichtig. »Und wen rufen wir jetzt an?«
    »Langsam, der Reihe nach«, meinte ich. Ich fotografierte das Gesicht des Toten, den ganzen Mann, ging um ihn herum, das Loch im Genick. »Du rufst jetzt die Bullen in Daun über Handy. Die sagen dann der Mordkommission Bescheid.« Ich drehte mich zu der Frau um.
    Sie war hübsch, sie war sogar ausgesprochen hübsch, wenngleich der Tod ihr Gesicht verzerrt hatte. Sie trug einen leichten Sommerpulli in Schwarz über einem sandfarbenen Rock. Der Rock war über dem linken Bein hochgerutscht. Es war, wie Erwin erzählt hatte, darunter war sie nackt. Sie trug leichte blaue Sommerslipper aus dünnem Wildleder. Ich faßte sie vorsichtig am Kinn, dann sah ich das Loch über dem rechten Ohr.
    »Das kannst du nicht machen«, sagte Erwin.
    »Was kann ich nicht machen?«
    »Die anfassen«, präzisierte er unwillig.
    »Sie ist steif, sie liegt seit Stunden tot. Sie ist über dem rechten Ohr in den Kopf getroffen worden. Ruf die Polizei.«
    »Machst du das nicht besser? Ich meine, du hast doch Erfahrung mit den Bullen. Und wenn das ihr Mann war? Ich meine, wenn die was hatten und ihr Mann ist dahintergekommen...?«
    »Gib mir das Handy, wir brauchen die Bullen jetzt.«
    »Und mein Vorstand oder der Geschäftsführer?«
    »Die rufst du dann an.«
    Ich tippte die Dauner Nummer, und jemand meldete sich gelassen: »Polizei.«
    »Ich brauche Ihre Hilfe. Auf dem Golfplatz in Berndorf liegen zwei Leichen. Erschossen. Ein Mann und eine Frau.«
    Eine Weile sagte er nichts. »Wer sind Sie denn?«
    »Baumeister, Siggi.«
    »Der?«
    »Genau der. Also, was ist?«
    »Ich schicke wen«, versprach der Bulle. Ehe er auflegte, brüllte er noch: »So eine Scheiße!«
    Ich reichte Erwin das Handy. »Jetzt zieh mal den Rock etwas höher«, bat ich.
    »Bist du verrückt?« Er konnte es nicht fassen.
    »Ich will das fotografieren«, sagte ich. »Nimm den Zipfel da, und heb den Rock hoch.«
    »Aber die ist nackt.«
    »Eben deswegen«, bekannte ich. »Glaubst du vielleicht, ich gehe hier meinen abartigen Neigungen nach?«
    »Aber wieso denn?« Er war verwirrt.
    »Es ist ganz einfach«, erklärte ich. »Wenn die beiden unterwegs auf dem Golfplatz waren, um eine Runde zu spielen, wenn die Frau dabei keinen Slip trug, dann wollten sie vermutlich mal kurz in die Büsche. Ist doch menschlich, oder?«
    »Kann schon sein«, murmelte er und guckte irgendwohin.
    »Na gut. Jetzt blitze ich aus rund dreißig Zentimetern Entfernung unter den Rock. Weil ich dann vielleicht sehen kann, ob sie etwas miteinander hatten.«
    »Ach, so ist das?«
    »So ist das«, nickte ich. »Heb also mal den Rock hoch.«
    Er hob den Rock hoch. »Ist ja kriminalistisch«, murmelte er. »Das weiß man ja nicht als einfacher Angestellter. Also, du kannst sehen... Darfst du sowas?«
    »Natürlich nur, wenn ich nicht frage«, sagte ich. Dann drehte ich mich um und stand auf. Ich fotografierte vom Platz der Toten aus die ganze Runde.
    »Erklär mir mal diese Bahn. Wie wird sie gespielt?«
    Jetzt war Erwin in seinem Element. »Sie ist ziemlich zickig, die sechzehn. Also, du spielst da hinten an, zweihundert Meter ungefähr. Du mußt den Ball in diesen Knick spielen. Du kannst nicht direkt aufs Grün spielen, weil du das vom Abschlag nicht sehen kannst. Die Bahn wird halbiert gespielt. Also: erst hierhin. Du mußt verdammt gut plazieren. Wenn du nur zehn Meter zu weit spielst, landest du da vorne zwischen den Tannen. Da kommst du nicht mehr raus, dann ist over. Du mußt in diesen Knick. Und dann mußt du aus diesem Knick die nächsten hundertzwanzig Meter durch die schmale Schneise aufs Grün. Anders geht es nicht. Wer hier mit drei Schlägen durchkommt, schafft den Volvo-Cup
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