Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz
Autoren: Jaques Berndorf
Vom Netzwerk:
begonnen, das Dorf war still, aus den Schornsteinen kräuselte Rauch und gab den Dächern das Aussehen von Spielzeug. Als ich die Kölner Straße hochzog, querte ein Habicht schnell wie ein Geschoß meinen Weg und fegte mit einem hellen Schrei hinter die Haselbüsche. Wen auch immer es traf, requiescat in pace. Im Osten bekam der grünblaue Himmel einen rosafarbenen Schimmer, links in den beiden Pappeln räkelten sich Krähen. Dann das Golfclubhaus mit den roten Dächern, die sich in eine Senke duckten, rechts Alwins großer Teich, seine Herde Böcke und Rehe, dann der Fischweiher, die Bundesstraße. Ich schoß geradeaus über die graue Asphaltbahn in den Wald. Endlich zog ich rechts ran, ließ mir kaum Zeit, den Schlüssel zu drehen, und kletterte über den Zaun.
    Ich rannte mit kurzen Schritten die Wiese hinauf und war erstaunt, daß ich das mühelos schaffte, obwohl ich in der letzten Zeit ziemlich viel rauchte. Die Szene war komisch, denn ich sah nur Erwin auf seinem Rasenbesen hocken, der so aussah wie ein teures Kinderspielzeug. Der Motor lief nicht, Erwin hockte in dem Luxussitz mit dem Rücken zu mir und bewegte sich nicht. Er zeigte einfach geradeaus.
    »Da sind sie. Die leben nicht mehr, also, wenn du mich fragst, leben die wirklich nicht mehr.«
    Ich blieb neben seinem Rasenbesen stehen. »Wie nah warst du dran?«
    »Also, ich habe die gesehen, dann habe ich die Karre stehenlassen und bin rangegangen. Du siehst ja, die Frau liegt mit dem Gesicht hierher. Ziemlich blaß, also weiß, würde ich sagen. Siehst du den Mann, der dahinter liegt? Ich bin sofort umgekehrt und habe das Handy genommen und dich angerufen. Sie bewegen sich nicht. Und jetzt?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich.
    Die beiden Menschen lagen in zwanzig Metern Entfernung. Es hatte den Anschein, als habe eine furchtbare Gewalt sie einfach zu Boden geworfen und jede weitere Bewegung blockiert.
    »Also, unten rum ist sie nackt«, murmelte Erwin.
    »Wie bitte?«
    »Also, sie ist unten rum nackt. Also, das kannst du von hier nicht genau sehen, weil sie ja das Knie so komisch angewinkelt hat.« Er schnaufte, weil ich so schwer von Begriff war. »Also, du weißt doch, wie Frauen unten rum aussehen. Die meisten Frauen, die hier spielen, tragen ja auch Hosen, also lange Hosen. Die Frau da vorne trägt einen Rock..., also, sie hat keine Buxe an.«
    »Wie lange bist du jetzt hier?«
    Er sah auf die Uhr. »Genau sechzehn Minuten. Und sie rühren sich nicht. Kein Muckser, jedenfalls habe ich nichts gesehen.«
    »Lauf mal runter zu meinem Auto. Im Handschuhfach ist eine Kamera. Kennst du die eigentlich?«
    Erwin nickte. »Also, er ist Banker oder sowas. Und sie macht irgendwas mit Hotel. Sie sind verheiratet, das weiß ich. Aber nicht miteinander. Also, er hat eine zierliche, dunkelhaarige Frau. Kinder hat er auch. Und sie hat einen Mann, der... Moment mal, jetzt weiß ich es wieder... also, der Mann von ihr ist Schreiner oder sowas. Hat einen eigenen Betrieb...«
    »Das ist jetzt nicht so wichtig. Was erzählen die Leute im Club?«
    »Das weiß ich nicht. Die bezahlen mich, aber sie reden nicht mit mir.«
    »Galten sie als ein Liebespaar?«
    »Also, das weiß ich wirklich nicht. Ich gehe jetzt mal den Fotoapparat holen. Aber ich weiß nicht, ob du hier fotografieren darfst. Ist ja Clubgelände.« Er kratzte sich wieder in den Haaren. Er war blaß, es ging ihm gar nicht gut.
    »Ich sage den Bullen, daß ich fotografiert habe«, beruhigte ich ihn. »Und komm schnell wieder. Bist du um sie herumgegangen?«
    Er schüttelte, den Kopf. »Nein. Kannst du auch im Gras sehen. Ungefähr bis fünf Meter ran. Ich habe nur geguckt. Dann bin ich in meiner eigenen Spur zurück.«
    »Sehr gut«, sagte ich.
    Erwin kletterte von der Maschine. Ich ging langsam auf die Leichen zu.
    Beide trugen nicht die typische Golfkleidung, die sich im wesentlichen durch ungeheure Schlabbrigkeit und ebenso ungeheure Preise auszeichnet.
    Von mir aus gesehen, befand sich der Mann leicht seitlich rechts hinter der Frau. Er lag auf der Seite mit dem Rücken zu mir. Er trug ganz normale Sommerhalbschuhe, ganz normale neuwertige Jeans, ein ganz normales kariertes Baumwollhemd, rot-schwarz, mit langen, halb aufgerollten Ärmeln. Er hatte dunkle, sehr dichte, ordentlich geschnittene Haare. Unterhalb des Haaransatzes klaffte ein rundes, blutiges Loch. Es sah aus wie eine Einschußwunde.
    Ich schlug mit weiten Schritten einen Halbkreis, wobei ich sehr genau darauf achtete, nichts im Gras zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher