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Ehe auf krummen Beinen

Ehe auf krummen Beinen

Titel: Ehe auf krummen Beinen
Autoren: Hans Gruhl
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herumtrugen. Hinter jedem Schlag saß die Erinnerung an die Ohrfeigen.
    Die schiefen Augen des Großen waren kaum mehr zu sehen. Seine Nase dafür um so mehr. Er schlug blind in die Gegend, und Dan stellte sich ihn zurecht und schmierte ihm eine, daß ihm die Ohren flatterten. Er stolperte hintenüber, krachte gegen einen Spielautomaten und blieb unten. Ein Wasserfall von Groschen rauschte heraus und kühlte ihm die geschwollene Birne. Auch Eugen war mit seinem zu Ende. Nach einem bildschönen Schwinger wankte der Gegner mit weichen Knien zur Tür. Er öffnete sie, Eugen gab ihm einen Tritt, und er war draußen — die Straße hatte ihn wieder. Sie griffen sich zu zweit den Großen und warfen ihn hinterher. Der dritte war schon getürmt, unbemerkt und ohne seine Anschrift zu hinterlassen. Die Zithermusik des bayrischen Trios brach ab. Urplötzlich war es still wie in einer Speisekammer. Nur der alte Herr lachte weiter.
    Dan schüttelte Eugen die Hand und bedankte sich für seine Mitwirkung. Sein Sonntagsanzug war nur noch für das Büro zu gebrauchen. Auch Eugen glich einem Niederbayern nach der Kirchweih.
    Sie sahen sich um.
    «Schöner Schaden», sagte Dan.
    «Warten wir auf den Ober», entgegnete Eugen. «Eine Halbe brauch ich sowieso.»
    Sie hoben die Möbel und Splitter auf. Dan sammelte die Groschen ein und steckte sie wieder in den Spielautomaten, ohne etwas zu gewinnen. Ich kam heran, um alles genau anzusehen. Der Mann in der Ecke war schon fast erstickt vor Lachen. Dann hörten wir schleunige Schritte. Die Tür hinter der Theke flog auf. Ein Mann stürzte herein, im Morgenrock, mit Bettfrisur und Triefaugen. Es war der Pächter.
    Er fing ohne Verzug an, lästerlich zu schimpfen, in Ausdrücken, die ein Krokodil hätten erröten lassen. Dann hörte er das Lachen in der Ecke und brüllte: «Sie, finden S' des so lustig? Wollen Sie des zahlen?»
    Der alte Herr kicherte und gluckste noch eine Weile. Endlich konnte er aufstehen. Hinter seiner Brille klebten die Tränen und sickerten über das Gesicht.
    «Des will i», sagte er keuchend. «Des war's wert.»
    Der Pächter bekam runde Augen.
    «Oh — der Herr Brauhuber — hab Sie gar nicht gesehen, Herr Brauhuber — Grüß Gott, habe die Ehre, Herr Brauhuber — ja, was sagen Sie zu so einer...»
    «Nix. Räumen S' des weg, Obermeier. Des zahl i. Und bringen S' uns Bier. Und einen Sekt. Die haben's verdient. Und angefangen haben die anderen. Kommen S' mit zu mir, meine Herren. Du auch, Hunderl.»
    Wir verstanden nichts. Dan und Eugen gingen mit. Ich trottelte hinterher. Sie stellten sich und mich vor. «Sehr erfreut», sagte der Herr Brauhuber. «Mei, war das eine Gaudi. Ich hätt so gern mitgetan. 's geht halt nimmer. Hab i eine Freud gehabt, als Sie die Hallodris aussig'schmissen ham, die lumperten!»
    Er klemmte sich ächzend auf seinen Sitz.
    «Mir gehörn nämlich die Häuseln da. Und des Lokal auch. Der Herr Obermeier ist mein Pächter. Ja.»
    Etwas begann Eugen zu dämmern.
    «Ach, von der Brauerei Brauhuber...»
    «So is. Daher der Name.»
    Wir hatten einen ausgewachsenen Millionär am Tisch, obwohl er nicht so aussah. Die Kämpfer redeten keinen Ton mehr von dem angerichteten Schaden. Das hätte Herr Brauhuber beleidigt. Hatten die ein Glück.
    Es kam viel Bier und auch Sekt. Die müden Helden blühten wieder auf. Herr Brauhuber schilderte Kampfszenen, die ihn besonders begeistert hatten und brach dabei in neues Gelächter aus. Nach etlichen Runden waren Dan und Eugen soweit, dem netten Gastgeber ihr Herz auszuschütten und zu erzählen, aus welchen fatalen Gründen sie hier zusammengetroffen waren.
    «Ja, gibt's des aa?» sagte Herr Brauhuber. «Des wer ma glei hab'n. Haben S' Ihre Telefonnummern?»
    Sie hatten sie. Einspruch war zwecklos. Der Boxmäzen ging zur Theke ans Telefon. Er erzählte zweimal dieselbe Geschichte.
    Brauereibesitzer Brauhuber. Streit in einem seiner Lokale. Blutbad ohnegleichen. Einrichtung vollständig zertrümmert. Kosten noch gar nicht abzusehen. Nein, nicht schwer verletzt, nur seelisch. Ob vielleicht irgendein Grund... ja, die Adresse wäre Ithaka. Ja. Ende. Er ließ noch eine Flasche kaltstellen und kam vergnügt grinsend zurück.
    «Gleich san s' do», sagte er.
    Und so geschah es. Knapp zehn Minuten vergingen. Dann rauschten Eva und Rosel gleichzeitig über die Schwelle, gefolgt von Loni, meiner bei weitem besseren Hälfte. Die Begrüßung war so, als hätte es nie einen Krach gegeben, und als wären wir von einer
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