Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ehe auf krummen Beinen

Ehe auf krummen Beinen

Titel: Ehe auf krummen Beinen
Autoren: Hans Gruhl
Vom Netzwerk:
zusammenschnürte. Als wir vor der Wohnungstür standen, wußte ich, was es war, und mir wurde übel vor Angst.
    Eva war da.
    Ich versuchte, Dan zu warnen, indem ich ihn am Hosenbein zog. Er hielt es für dummen Ulk und achtete nicht darauf. Er sah Eva, als er die Wohnzimmertür mit Schwung aufstieß. Sein Unterkiefer sank ihm auf die Krawatte.
    Sie saß im Erker, mit dem Gesicht zur Tür. Obwohl sie schön war wie immer, verhieß ihr Gesicht Sturm, und die Luft rundherum war dick.
    Dan zog seine Kinnlade hoch und sammelte sich.
    «Eva!» rief er. «Mädchen! Das ist ein Ding! Ich denke, du kommst morgen!»
    «Ich habe es gemerkt.»
    Oh. Sie war sauer wie eine Dose Rollmöpse. Dennoch eilte Dan auf sie zu und umarmte sie. Kuß und Umarmung nahm sie hin mit der Teilnahme einer steinernen Brunnenfigur.
    Ich hatte inzwischen Loni erspäht. Eva hatte sie von Wasingers abgeholt, und sie kam aus dem Körbchen heraus und mir entgegen, ganz liebende Gattin. Aber dann roch sie an mir, und ihre Wiedersehensfreude erstarb. Sie erschnupperte Topsys Geruch und Renis Parfüm. Beides war merkbar in mein Fell übergegangen. Ich war sozusagen imprägniert, nur ich selbst roch es nicht mehr.
    Loni hörte auf zu wedeln und zog die Nase kraus. Dann machte sie kehrt, stolzierte zum Körbchen zurück und knallte sich hinein. Da hatte ich den Salat. Dan erging es nicht besser.
    «Wo warst du?» fragte Eva mit einer Stimme wie ein Tiefkühlfach.
    Dan faßte sich an die nunmehr freiliegende Krawatte. «Ich —wir — ich — wir waren eingeladen. »
    «Bis jetzt?»
    «Nicht gerade bis jetzt... es wurde etwas später.»
    «Etwas früher? Wo?»
    Die Katastrophe nahte gleich einem Schnellzug. Dans lügnerische Begabung war wie weggeblasen, trotz seines täglichen Umganges.
    «Ach... Bekannte...»
    An dieser Stelle eines Dramas findet die Heldin beim Helden grundsätzlich ein verräterisches Haar auf dem Anzug. So auch bei uns. Eva stand auf und nahm ein solches von Dans Schulter. Es hatte im Sonnenlicht gegleißt, denn es war weißblond und stammte nicht gerade aus einem Bürstenhaarschnitt.
    «Bekannte. Entfernte, wie? So entfernt, daß sie Haare auf deinem Anzug lassen. Und parfümiert waren sie auch. Guerlain. Das neueste Herrenparfüm.»
    Dan wollte stottern. Nicht einmal das schaffte er mehr. Eva stellte auf Grund der zwei Symptome die Diagnose messerscharf.
    «Fräulein Reni, was?»
    Dan nickte mit hängender Birne. Leugnen war zwecklos.
    Eva ließ das Haar fallen. Sie ging vor zur Tür und öffnete sie.
    «Bitte! Geh gleich wieder hin. Sie wird noch nicht angezogen sein.»
    Dan sah sie an mit dem Blick eines sterbenden Hundes. «Eva — ich schwöre dir, es ist nichts gewesen. Absolut nichts! Ich war blau. Habe geschlafen und bin wieder gegangen...»
    «Das darfst du jetzt auch tun. Bitte.»
    Na ja, es war verständlich. Sie hatte uns überraschen wollen, hatte sich gefreut, wollte mit uns erzählen und feiern. Und wir waren weggeblieben, die ganze Nacht und den halben Vormittag. Sicher machte sie es zu dramatisch, sie hätte erst zuhören sollen, aber sie war wütend und Verhandlungen abgeneigt. Hätte ich bloß reden können!
    Und nun kam der Kurzschluß auch bei Dan. Er hatte noch etwas Sprit im Blut, und anstatt schön und artig zu sein, blies er sich auf und machte auf Haushaltungsvorstand.
    «Willst du hier mit aller Gewalt ein Theater inszenieren?» fragte er scharf. «Was soll der Unsinn?»
    «Ich will, daß du gehst. Und zwar sofort!»
    «Das ist zur Hälfte meine Wohnung!» brüllte Dan. «Und sie war ruhiger, solange du Urlaub hattest...»
    Eva holte aus. Ich schloß die Augen.
    Peng! Einen Schlag hatte das Mädchen wie eine Domglocke. Ich öffnete schüchtern die Lider. Eva stand kampfbereit vor ihrem mißratenen Ehemann. Ihre Augen funkelten. Über seine frisch rasierte Wange zogen sich fünf rote Streifen. Der Orden für schlechtes Betragen. Dan starrte sie ein paar Sekunden an mit angespannten Kaumuskeln und Stielaugen. Dann drehte er sich auf dem Absatz. «Blasi! Komm!»
    Was sollte ich machen? Der Hund gehört zu seinem Herrn. Dan hatte mich in die Ehe eingebracht. Auch mein Weib hatte mich mit Verachtung geschlagen und sich von mir gewendet. Ich folgte Dan.
    Er riß Hut und Mantel vom Garderobenhaken und rannte hinaus. Ich kam gerade noch durch die Tür. Er ballerte sie zu, wie es sich für die echte Tragödie gehört. Im Flur fiel ein Bild herunter. Kein Wunder. Dan hatte es angenagelt.
    Wir stürmten auf die Straße.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher