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Ehe auf krummen Beinen

Ehe auf krummen Beinen

Titel: Ehe auf krummen Beinen
Autoren: Hans Gruhl
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glattes, klebriges Haar.
    «Noch minderjährig», sagte Dan vernehmlich. «Nun passen Sie auf, mein Teurer. Nehmen Sie das Glas, bringen Sie mir ein volles, schreiben Sie es dem Herrn mit auf die Rechnung, und richten Sie ihm aus, mir wäre heute nicht witzig. Ein andermal gern. Also.»
    Der Ober machte ein Gesicht, als ahnte er kommendes Unheil und wollte seine Hände schon vorher in Unschuld waschen. Er ging zur Theke zurück. Eugen hatte gar nicht richtig mitgekriegt, was los war. Er war wieder zusammengesunken und dachte an Rosel und die Schmach, die ihm widerfahren war. Auch Dan achtete nicht mehr auf die Vorgänge an der Theke, bis der Ober zum zweitenmal kam.
    Wieder war das Glas angetrunken.
    «Na schön», sagte Dan.
    Er schnallte seine Armbanduhr ab und steckte sie in die Manteltasche. Dann stand er auf. Er faßte das Glas und ging langsam und lächelnd zum Tresen hinüber.
    Vor dem Schiefäugigen blieb er stehen. Dessen Grinsen ließ etwas nach.
    «Na, Opa?» quetschte er zwischen den Zähnen heraus.
    «Grüß Gott, Frühgeburt», sagte Dan. «Ich höre, Sie trinken immer erst vom Bier eines Fremden. Warum so bescheiden? Nehmen Sie alles!»
    Er machte eine kurze Bewegung. Ein halbes Glas guten Exportbieres klatschte dem Antrinker ins Gesicht.
    «Sehr zum Wohle», sagte Dan.
    Die Augen des anderen wurden noch schiefer. Er schoß von seinem Barschemel herunter und warf sich gegen Dan. Aber der war auf plötzliche Angriffe trainiert. Er wich aus. Seine rechte Faust krachte unter die Kinnlade des bierbenetzten Gesichtes. Aller Zorn des Morgens saß hinter dem Schlag. Den Schiefäugigen hob es hoch. Dann setzte er sich wie ein Sandsack auf seinen Niethosenboden. Ende der ersten Runde.
    «Bitte, ein neues Bier», sagte Dan zum Kellner. Er wollte zu uns zurückgehen. Da sprang ihn der an, der ihm im Rücken gesessen hatte, und umklammerte ihn von hinten.
    Gleichzeitig erhob sich der Große wutentbrannt, und auch der dritte wollte sich einmischen.
    Das war für Eugen, den Traurigen, das Angriffssignal. Bei dem Knall des Kinnhakens hatte er aufgeblickt, wie ein Gefangener in der Zelle, wenn die Schlüssel rasseln. Jetzt sah er die willkommene Gelegenheit, auch seinen Ärger loszuwerden. Er sprang hoch, war mit ein paar Sätzen drüben, faßte den rückwärtigen Angreifer am Kragen und zwirbelte ihm den zusammen. Das störte die Luftzufuhr erheblich. Der Bursche ließ Dan los, drehte sich halb um, und da setzte ihm Eugen die Faust aufs Auge, daß ich die Sterne bis zu meinem Platz sehen konnte.
    Jetzt wurde es interessant. Ich sprang vor Aufregung auf den Tisch, obwohl mir das sonst streng untersagt ist. Hier saß ich dicht am Ring. Der alte Herr in der letzten Nische legte die Zeitung weg und setzte eine andere Brille auf. Er schien äußerst zufrieden mit der Abwechslung. Der Kellner ließ seine Serviette fallen und floh durch die rückwärtige Tür.
    Inzwischen wollte der dritte der Lederfreunde seinem luftknappen Kumpel zu Hilfe kommen. Er rückte vor und schlug Eugen aus einiger Entfernung in den Bauch. Er traf offenbar nur eine beachtliche Speckschicht, steigerte aber Eugens Grimm. Eugen schleuderte den zweiten zur Seite, daß er taumelnd gegen die Musikbox bumste. Sie fing an zu spielen, einen bayrischen Ländler.
    «Sonntagsfrieden.»
    Dann schnappte sich Eugen den, der ihm den Speck massiert hatte. Er war der kleinste von den dreien. Das war sein elendes Pech. Es ballerte zweimal kurz und trocken. Dann hatten die vertriebenen Ehemänner nur noch zwei Gegner. Der Kleine lag lang und schlief. Von nun an konnte ich kaum mehr folgen. Der Große hatte sich aufgerappelt und auf Dan gestürzt. Eugen wandte sich dem zu, der den «Sonntagsfrieden» ausgelöst hatte. Die vier Herren schlugen mit beträchtlicher Fertigkeit aufeinander los. Auch meine Freunde fingen einiges ein, und einmal warf es Dan in unsere Nische. Er stieß den Tisch um und mich herunter. Eugens Bierglas zerbrach. Ich bellte aus voller Lunge. Es war ein Krach wie auf dem Oktoberfest. Der alte Herr in der Ecke freute sich unbändig und schlug sich auf die Schenkel.
    Eugen wischte mit einem verfehlten Hieb etliche Gläser und Flaschen von der Theke. Zwei Barstühle und ein Tisch wurden zu Feuerholz. Es war großartig. Von mir aus hätte es stundenlang so weitergehen können.
    Aber die Ledermänner waren im Nachteil. Sie hatten geringere Erfahrung, und sie mußten gegen den aufgespeicherten Groll kämpfen, den Dan und Eugen seit dem Morgen mit sich
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