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Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)

Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)

Titel: Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)
Autoren: Kerstin Hornung
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Mühen umsonst gewesen waren.
    „Komm!“, befahl der Mann.
    Luriellas Gesicht verwandelte sich in eine Fratze. „Nein“, kreischte sie.
    Zoe zählte sie Sekunden, bis Frau Huber ihre Tür aufreißen würde.
    „Luriella! Es ist alles vorbereitet für diesen Tag. Komm!“ Die Stimme des Zauberers war schneidend und bestimmt. Zoe drehte sich langsam um. Derdoran beachtete sie nicht. Fast kam es ihr vor, als wäre sie unsichtbar. Seine kleinen, schwarzen Augen waren auf Luriella geheftet. Er trug einen schwarzen Umhang, der seinen Körper vollständig umhüllte. Ob er hager oder kräftig war, konnte Zoe daher nicht ausmachen. Zumindest war er nicht sonderlich groß. Kaum größer als sie. Luriella überragte ihn.
    „Ich gehe nicht mit, Vater“, widersprach diese eisig. Sie wedelte mit dem Zettel neben Zoes Ohr. „Ich habe gewonnen. Alle Welt wird mich sehen und bewundern …“
    „Törichtes Weib! Du wirst die Herrscherin über alle Völker der bekannten Welt. Auch sie werden dich alle bewundern!“
    „Doch werden sie mich sehen?“, rief Luriella den Tränen nahe. „Bestimmt nicht! Ich werde eine Gefangene in den Türmen des Palastes sein. Vorgezeigt an den wenigen offiziellen Terminen.“
    „Luriella! Ich dulde keinen Wiederspruch! Du kommst jetzt mit!“
    „Sie können sie nicht gegen ihren Willen mitnehmen“, mischte sich nun Zoe ein und zog zum ersten Mal die Aufmerksamkeit Derdorans auf sich.
    Er musterte sie wie eine lästige Fliege an der Wand.
    „Luriella hat ein Recht auf ihr eigenes Leben“, protestierte sie.
    „Sei still“, zischte der Zauberer.
    Sich in ihrer eigenen Wohnung den Mund verbieten zu lassen, ging zu weit.
    „Hören Sie, wenn sie hier nicht augenblicklich verschwinden, rufe ich die Polizei“, drohte Zoe. Das war wahrscheinlich gar nicht mehr nötig. Bei dem Lärm sollte Frau Huber die Nummer schon gewählt haben.
    „Luriella!“ Der Zauberer streckte seine Hand aus, als wollte er seine Tochter zum Tanz auffordern.
    Luriella weinte, machte aber einen Schritt auf ihn zu. Sie hatte bereits aufgegeben. Derdoran schien eine Menge Macht über sie zu haben.
    Herdis schlich sich von hinten an das Tor heran und versuchte an dem Zauberer vorbei zu schlüpfen. Zoe musste den Schwarzgewandeten dazu bringen, einen Schritt vor das Tor zu treten, damit Herdis unbemerkt hindurch konnte. Entschlossen stellte sie sich vor Luriella.
    „Du musst nicht tun, was er dir sagt. Es ist dein Leben. Ich helfe dir. Du wirst berühmt werden. Die Menschen werden dich lieben …“
    „Geh mir aus dem Weg du widerwertiges Weibsstück“, zischte Derdoran, packte Zoe bei den Schultern und schleuderte sie mit Wucht zur Seite. Schmerzhaft schlug sie mit dem Schlüsselbein gegen Türstock, ehe sie auch mit der Augenbraue so schwungvoll an die Kante stieß, dass sie bunte Sterne sah. Der Schmerz war atemberaubend. Sie drückte die Hand gegen den Kopf und spürte, wie das Auge zu schwoll. Mit dem anderen Auge sah sie Herdis, der bereits im Tor stand. Die Pupillen seiner großen Augen waren rund und verdrängten die Iris vollständig. Sein schmallippiger Mund war zu einem Fletschen verzerrt und die Zähne glänzten spitz. Er sah aus wie eine wütende Katze.
    „Geh“, flüsterte Zoe, als ihr klar wurde, was er vorhatte.
    „Ach, noch so ein elender Kräuterwicht“, hörte sie da die spöttische Stimme des Zauberers.
    „Lauf, Herdis!“, rief sie ihm zu, doch Herdis hatte offensichtlich nicht die Absicht zu laufen. Mit einem fauchenden Laut stürzte er sich auf Derdoran und verbiss sich in seinem Bein.
    Der stieß einen wütenden Schrei aus und schleuderte den Wicht von sich. Zoe stürzte sofort zu dem benommen am Boden liegenden Körper.
    „Herdis“, flüsterte sie besorgt. Der Wicht schlug langsam seine schwerlidrigen Augen auf. Er starrte Zoe an, als wüsste er nicht so recht, wo er sich befand, sah kurz zur Seite und rappelte sich dann erschrocken auf.
    „Sie gehen zurück“, krächzte er.
    Derdoran zog Luriella durch das schimmernde Tor.
    „Wir müssen ihnen nach“, keuchte Herdis. Er atmete schwer. Wahrscheinlich waren einige seiner Rippen geprellt, vermutete Zoe. Eine Hand presste er gegen seine Seite, die andere reichte er ihr. Ehe der letzte diffuse Schimmer in Flur erlosch, traten sie durch das Tor des Zauberers.

8. Fremde Welt
    Zoe merkte erst, als sie die Augen öffnete, dass sie diese die ganze Zeit über fest geschlossen gehalten hatte. Die andere Welt hatte sie sich so nicht vorgestellt.
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