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Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)

Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)

Titel: Edorei und die Tochter des Zauberers (German Edition)
Autoren: Kerstin Hornung
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Was sie sah, erschreckte sie.
    Sie stand auf einer hohen Zinne, vor einem Panorama aus grauen, steinigen Bergspitzen. Die Sonne ging in dieser Welt gerade hinter dichten Wolken auf, obwohl sie in ihrer Welt erst vor wenigen Stunden untergegangen war. Der Wind blies kräftig und kalt. Er riss an Zoes Haaren und flatterte unter ihrer Kleidung, als hätte er es sich zur Aufgabe gemacht, all ihre Körperwärme zu rauben. Immer noch hielt sie Herdis´ Hand. Der betrachtete besorgt das graue Mauerwerk, das der Landschaft in Form und Farbe angepasst war. Ohne auch nur einen Raum dieser weitläufigen Burg gesehen zu haben, wusste Zoe, dass hier alles so frostig wie diese Zinne war. Dann sah sie auf der schmalen Treppe Luriella, die ihrem Vater hinterher trottete. Selbst von hinten konnte man sehen, dass sie zornig war. Zornig aber auch hilflos. Sie tat Zoe leid.
    „Wir müssen Edorei finden“, flüsterte Herdis.
    „Aber wir brauchen doch den Zaubertrank! Wir sollten erst die Weise Isbilde aufsuchen.“
    Der Wicht sah, sie zweifelnd von unten an.
    „Es wird Tage, wenn nicht Wochen dauern, um die nördlichen Berge zu überwinden und ins Tal der Blumen zu gelangen.“
    „Wochen?“, fragte Zoe einfältig, dann schlug sie sich mit der flachen Hand gegen die Stirn, was den vergessenen Schmerz an ihrer Augenbraue wieder zum Leben erweckte.
    Das hätte sie sich gleich denken können, dass der Zauberer und Isbilde nicht vom gleichen Ort aus ein Tor öffnen würden.
    „Und nun?“, fragte sie ratlos.
    „Ich habe doch den Trank“, grinste Herdis. „Ich habe ihn zu Ende gebraut nachdem du mir den Nieswurz gebracht hast.“
    „Dann nichts wie los.“ Sie griff erneut nach Herdis´ Hand und wollte Derdoran und Luriella hinterher eilen, als sie drei gepanzerte Männer die Stufen herauf kommen sah.
    Einen Fluchtweg gab es keinen. Nach allen Seiten fiel das Mauerwerk steil ab. Der einzige Weg hinunter, war die schmale Treppe und die war verstopft.
    „Herdis, was auch geschieht, du musst versuchten hindurch zu schlüpfen. Ich beschäftige die Wachen. Schau nicht zurück. Du bist der Einzige, der Edorei jetzt noch helfen kann.“
    Herdis Pupillen waren schon wieder so weit, seine Zähne gefletscht.
    „Du darfst nicht kämpfen“, beschwor ihn Zoe. „Nicht kämpfen. Rette den Prinzen.“
    Sie spürte, wie ihr Herz bis zum Hals schlug und wusste, dass sie nur verlieren konnte. Aber sie musste versuchten, die drei Wachen von Herdis wegzulocken. Sie wartete bis die Gepanzerten die letzte Stufe betreten hatten, drehte sich dann plötzlich um, lief zum anderen Ende der Plattform und sprang mit einem Satz auf die niedrige Mauer, die sie begrenzte. Als sie nach unten sah, wurde ihr schwindlig. Schnell warf sie einen Blick zurück. Die Männer folgten ihr. Einer von ihnen ergriff mit eiserner Faust ihr Handgelenk und zog sie unsanft vom Mauervorsprung herunter. Ein zweiter packte zeitgleich den anderen Arm – aber der Dritte hatte Herdis überwältigt. Der Wicht zappelte unter dem Arm des Hünen und versuchte ihn mit Tritten zu bedrängen, doch der Mann lachte bloß.
    Zoe versuchte gar nicht erst, sich zur Wehr zu setzen. Beide Wachmänner überragten sie um mehr als zwei Kopflängen. Jeder von ihnen umklammerte mit nur einer Hand Zoes Oberarme mühelos. Verzweiflung und Wut schlugen über ihr zusammen. Sie war mit ihrem oft so trostlosen Leben, alles andere als zufrieden gewesen, aber wenn sie sich die Kerker dieser düsteren Burg ausmahlte, schien es ihr mit einem Mal schillernd und schön.
    Am Fuß der Treppe wartete Derdoran mit höhnischem Lächeln.
    „Noch mehr Hochzeitsgäste“, schnarrte er und wirkte unglaublich zufrieden.
    „Ich hatte nicht vor zu bleiben“, giftete Zoe zurück.
    „Aber, aber. Es wird das Ereignis des Jahrtausends. Alle Völker haben ihre Vertreter hierher geschickt. Sie werden beeindruckt sein, einen Gast aus der anderen Welt hier zu sehen. Das wird diesem Ereignis erst den richtigen Glanz verleihen.
    „Werden die anderen Gäste auch in Ketten liegen?“, fragte Zoe bissig.
    „Sicher nicht. Und du auch nicht.“ Er lachte hämisch. „Deine Begeisterung bei dieser Feier wird noch viele Jahre das Hauptgesprächsthema im ganzen Land sein. Deine Verzückung wird diese Ehe erst ins rechte Licht setzten.“ Die Augen des Zauberers waren kalt. Mir einer gezielten Handbewegung griff er Zoe in die Haare und riss ihren Kopf zurück. Blitzschnell träufelte er ihr mit der anderen Hand eine Flüssigkeit in den
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