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Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)

Titel: Edgar und die Schattenkatzen (German Edition)
Autoren: Marliese Arold
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Tropfen, die wie Tränen herabrannen und auf dem Boden einen See entstehen ließen.
    »Also, ich finde, wir sollten uns schleunigst verkrümeln«, knurrte Algernon. »Ich würde zwar auch gern zugucken, wie die Katzen dahinschmelzen, aber es könnte für uns gefährlich werden. Wenn wir zu lange warten, kommen wir vielleicht nicht mehr mit heiler Haut davon.«
    »Einen Moment noch«, sagte Leyla, obwohl sie vor Erregung zitterte und man die Panik in ihren Augen sehen konnte.
    Die erste Wachskatze fiel auseinander. Die Hülle teilte sich, und die Schattenkatze stieg aus dem heißen Wachs. Sie schüttelte sich, öffnete den Mund – und ein silbrig-weißer Schmetterling flatterte heraus. Er flog zuerst etwas orientierungslos im Raum umher, segelte dann durch das Laboratorium und verschwand durch die offene Tür.
    Die Schattenkatze verließ das brennende Gewölbe, rannte auf Leyla, Algernon und Edgar zu, schlug kurz vor ihnen einen Haken und – verschwand durch die Kellerwand.
    »Habt ihr das eben gesehen?«, stieß Leyla atemlos aus.
    »Ja – und jetzt nichts wie weg!« Algernon stieß Leyla in die Seite, um sie zur Vernunft zu bringen und lief zur Tür. Leyla und Edgar folgten ihm. Sie jagten die Kellertreppe empor.
    Im Erdgeschoss war von dem Feuer im Keller noch kaum etwas zu bemerken, doch als Edgar sich umdrehte, sah er, wie der Rauch von der Kellertreppe heraufdrang. Und er bemerkte noch etwas anderes: zwei weitere silbrig-weiße Schmetterlinge, die an der Wand entlangflatterten. Edgar spürte Erleichterung: Diese Menschenseelen waren frei geworden! Mister Silver beziehungsweise der Teufel würde sie nicht bekommen!
    Algernon war schon auf dem Weg in den ersten Stock. Er drehte sich halb um. »Wo bleibt ihr? Beeilt euch! Das Feuer kann schneller da sein, als ihr denkt!«
    Edgar gab sich einen Ruck und löste seinen Blick von einem der Schmetterlinge, der gerade auf dem goldenen Rahmen eines Gemäldes verweilte. Zusammen mit Leyla erklomm der schwarze Kater die Stufen und kehrte in Mister Silvers Schlafzimmer zurück, um von dort aus ins Freie zu flüchten.
    Vom Fenstersims aus sah man schon den Feuerschein, der aus dem Keller drang. Gelbe und orangene Flecken tanzten auf dem Schnee. Vorsichtig balancierten die Katzen an der Fassade entlang, nutzten die Vorsprünge am Haus und gelangten heil nach unten. Vor dem Hauseingang wurden sie von Sue empfangen, die völlig aus dem Häuschen war. Sie konnte keinen Moment ruhig halten und drehte sich sogar ein paarmal im Kreis.
    »Die Schattenkatzen, die Schattenkatzen«, wisperte sie unablässig und wies mit dem Kopf auf eine huschende Gestalt hin, die vor dem Haus aufgetaucht war und dann über den Schnee sauste – so schnell, dass man meinen konnte, sie flöge. »Sie verlassen den Keller in Scharen!«
    »Dann ist unsere Aktion ja erfolgreich«, meinte Algernon. »Aber wohin laufen sie? Ich hoffe nicht, dass sie zu Mister Silver zurückkehren.«
    Leyla sagte nichts, sondern blickte nach oben. Durch das zerbrochene Schlafzimmerfenster flatterten weiße Schmetterlinge und verloren sich gaukelnd im Nachthimmel.
    »Die Seelen werden frei«, murmelte Edgar beeindruckt.
    »Ja«, sagte Leyla. Ihre Stimme klang bedrückt. »Ich wünschte, die toten Katzen bekämen ihre Seelen auch zurück. Der Schlächter hat sie verschluckt – und wahrscheinlich sind sie für immer verloren.«
    Edgar schämte sich ein wenig, weil er vor lauter Aufregung keinen Moment lang an die armen Katzenseelen gedacht hatte. Er schluckte und fühlte, wie seine Kehle eng wurde.
    Die Flammen schlugen bereits aus den Kellerfenstern. Die Katzen hielten etwas Abstand vom Haus und beobachteten das Schauspiel. Ständig verließen Schattenkatzen das Haus, und unablässig flatterten Schmetterlinge aus dem Schlafzimmerfenster. Edgar roch den Duft nach Honig. Wahrscheinlich erfüllte der Geruch inzwischen den ganzen Park. Rauch vernebelte die Gegend. Deswegen entdeckten die Katzen die große Gestalt erst, als diese fast das Haus erreicht hatte.
    »Mister Silver kommt zurück!«, zischte Sue.
    Die Katzen gingen augenblicklich hinter einem Busch in Deckung und beobachteten von dort aus, wie Mister Silver die Eingangstür aufschloss.

 
     
     
     
     
     
    M onty Silver hatte den Rauch schon gerochen, als er den kleinen Park betreten hatte, und fing an zu laufen. Als Pyrotechniker kannte er sich mit Feuer aus und wusste, wie gierig und unersättlich Flammen waren und wie schnell sie die Arbeit vieler Jahre
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