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Echtzeit

Echtzeit

Titel: Echtzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Reitz
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sich ihre bösartige Bemerkung vor ihrem Sohn zu verkneifen. Tom jedoch konnte sich für den heutigen Abend wieder auf ein zermürbendes Telefongespräch einstellen.
    »Können wir jetzt zu Opa fahren, Mama?« Paul hatte inzwischen ein Gefühl dafür entwickeln, wann er den Streit seiner Eltern am sinnvollsten unterbrechen konnte.
    Tom verabschiedete sich noch ausgiebig von seinem Sohn und auch für Katrin hatte er ein fröhliches »Guten Abend« übrig, dann verschloss er die Tür hinter ihnen. Als er sich umwandte, stand Nina im Eingangsbereich des Studios und betrachtete die frisch gestrichene Wand, die nun auch das Logo ihrer kleinen Firma zeigte. Vier Asse eines Pokerspiels, Four Aces.
    »Und, wie findest du es?« Tom trat neben sie.
    »Sieht super aus. Ich bin zufrieden mit dem Namen.«
    »Obwohl du zu Beginn nicht begeistert warst, oder?«
    Sie zuckte nur mit den Schultern. »Naja, jetzt weiß ich wenigstens, wie ich mich am Telefon melden kann.« Sie wedelte mit dem schnurlosen Apparat in ihrer Hand. »Außerdem sieht es verflucht geil aus.«
    »Geil?« Er schmunzelte.
    »Lass dir bloß nichts von Katrin einreden.« Sie wandte sich ihm zu. »Paul ist ein toller Junge und du bist ein guter Vater.«
    Damit hatte Tom nicht gerechnet. Er war platt.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du dich jemals mit Paul gut verstehst.«
    »Er ist dir halt ziemlich ähnlich.«
    »Mmh ...« Tom legte einen Finger auf seine Lippen und sah auf sie herab. »Soll ich das jetzt als Kompliment verstehen?«
    Sie lachte. Er mochte ihr Lachen. Hatte er schon immer. Und jetzt, wo es so ehrlich klang, sorgte es für ein Kribbeln in seiner Magengrube. Seine Mundwinkel zuckten und seine Hände hoben sich. Er wollte sie in den Arm nehmen, sie halten und nie wieder loslassen. Zur Hölle, nein! Er wollte nicht wieder dieses Gefühlschaos durchleben müssen. Er hatte sich damals entschlossen zu gehen, weil er begriffen hatte, dass sie ihm nie wirklich gehören würde. Warum sollte sich jetzt etwas geändert haben?
    »Du hast noch immer Farbe im Gesicht«, sagte sie und rieb mit ihrer Hand über seine Wange. Sie war ihm näher als vorhin. Bei jedem Atemzug berührte sein Brustkorb beinahe ihren Busen. Es waren nur Millimeter und die Luft zwischen ihnen knisterte wie bei einem bevorstehenden Gewitter.
    Sie hob ihre Hand und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Ihre Narbe war deutlich zu sehen – sie hob sich in hellem Weiß von dem Rest ihrer Haut ab. Und es war tatsächlich nicht gelogen: Ihre wundervollen, blauen Augen wurden dadurch nur betont.
    Nina ergriff nun sein rechtes Handgelenk und betrachtete das »True Love«-Tattoo. »Du hast es selbst entworfen, oder?«, fragte sie, während ihr Blick an der kleineren Version ihrer Gitarre auf seinem Arm hing.
    »Ich dachte, es … es wäre … an der Zeit, mir eine … meiner Zeichnungen … stechen zu lassen.« Er stammelte und versuchte, seine Unsicherheit mit einem schiefen Lächeln zu überdecken.
    Jetzt strich ihr Finger über die Buchstaben. »Wahre Liebe«, murmelte sie und hob den Kopf. Ihre Augen glänzten und sie führte seine Hand an ihre Wange. Sein Herz raste wie verrückt, als sie sich weiter näherte. Er spürte ihren Atem, der an seinem Hals entlang glitt. Langsam senkte er den Kopf, beobachtete, wie sie ihre Augen schloss und ihren Mund leicht öffnete. Ja, er wollte sie. Er wollte sie schmecken, fühlen und sie lieben. Er berührte ihre Oberlippe, spürte die feine Struktur ihrer Lippen und schmeckte den süßen Geschmack der Karamellbonbons, die sie sich mit Paul geteilt hatte. Er senkte seinen Mund auf ihren, stieß vorsichtig mit seiner Zunge zwischen ihre Lippen und fuhr mit der Hand an ihrem Nacken entlang. Sie seufzte tief und jetzt gab es kein Zurückhalten mehr. Er zog sie fest und eng an sich, hielt ihren Kopf in Position, neckte ihre Zunge und knabberte an ihren Lippen. Er spürte, wie sie sich mehr und mehr an ihn drückte. Lange würde er ihr nicht widerstehen können.
    Ihre Hand wanderte zu seinem Hosenbund. Sie begann, an seinem Knopf herumzufummeln.
    »Nicht!« Unsanft drückte er sie von sich. Er schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht dein Spielzeug!« Er drehte sich auf dem Fuße um, ging hinaus und ließ die Stahltür mit einem Rumms ins Schloss knallen.
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    Kapitel 22
    2. November 2011, Berlin
     
    Nur widerwillig öffnete Tom die schwere Eingangstür zum Four Aces-Studio und ließ die Jugendamtsmitarbeiterin eintreten. Katrin hatte es tatsächlich

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