Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Echte Morde

Echte Morde

Titel: Echte Morde
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
schlage ich Aurora. Stimmt's, Schwesterchen?" Der Golfschläger schoss pfeifend durch die Luft, und Bankston brach mir das Schlüsselbein. Mein Schrei war so laut, dass er wohl Melanies Schritte übertönt hatte, denn plötzlich war sie auch da und starrte vergnügt auf mich herab.
    „Als ich zurückkam, war die Vogelscheuche gerade dabei, den Parkplatz abzusuchen", sagte sie. „Hier ist der Kassettenrekorder - ich kann es nicht fassen, dass wir den vergessen hatten!"
    Mein Gott, was für ein wahnsinniges Paar! Melanie hörte sich an wie eine Hausfrau, die mit ihren Lieben zu einem Ausflug aufbrechen will: Die gesamte Familie saß schon im Auto, und ihr fiel in letzter Sekunde ein, dass sie den Kartoffelsalat im Kühlschrank vergessen hatte.
    Der erste Schmerz war verklungen, ich konnte wieder einigermaßen denken. Mit „Vogelscheuche" war wohl Robin gemeint gewesen. Ich warf einen verstohlenen Blick auf Phillip: Der Liebe, er strengte sich so an, nur keinen Ton von sich zu geben, damit Bankston mich nicht wieder schlug. Ich versuchte, den Schmerz so weit zu verdrängen, dass ich ihm einen aufmunternden Blick zuwerfen konnte, schaffte es aber lediglich, ihn anzusehen und ebenfalls nicht zu schreien. Denn wenn ich schrie, würde Bankston mich erst recht schlagen. Heftig. Oder er schlug Phillip.
    „Was jetzt?", fragte Bankston.
    „Wir können sie unmöglich hier raus schaffen." Melanie klang völlig sachlich. „Der Typ sagte, er hätte die Polizei gerufen. Einer von uns sollte hochgehen und anbieten, suchen zu helfen. Wenn wir das nicht tun, erweckt das Misstrauen, und dann kommt womöglich noch die Polizei und will sich umsehen. Das können wir nicht gebrauchen, oder?" Mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen stieß sie mich mit dem Fuß an, als sei ich ein Stück Dreck, das man der guten Form halber lieber verschwinden lassen sollte, ehe Besuch kam. Als sie merkte, dass ich sie ansah, trat sie fester zu. „Steh auf und geh rüber zu dem Kleinen!", befahl sie. Ich stöhnte, worauf sie erneut zutrat und Bankston breit grinsend mitteilte, das hätte sie immer schon mal tun wollen.
    Nicht nur der Sturz, die Schläge und jetzt noch die Tritte machten es mir schwer, mich zu rühren. Am schlimmsten war der Schock. Da lag ich nun in diesem höchst alltäglichen Keller vor diesen höchst alltäglichen Menschen, die mich und meinen Bruder ermorden würden. Seit Jahren las ich Bücher über die unglaublichsten Mordfälle und hatte mich immer wieder gewundert, wie Leute Seite an Seite mit Psychopathen leben konnten, ohne dass ihnen etwas auffiel. Jetzt gehörte ich selbst zu diesen Menschen, hatte Haus an Haus mit einem Psychopathen gelebt und versuchte verzweifelt, über den Betonfußboden im Keller eines Hauses zu kriechen, das meiner Mutter gehörte, weil ich mir nicht hatte vorstelle können, dass mir passieren könnte, was gerade passierte. Nicht lange, dann hatte ich Phillip erreicht. Obwohl die junge Frau, die ich mein Leben lang gekannt und mit der ich oft gemeinsam die Kirchenbank gedrückt hatte, es mir nicht einfach machte und immer wieder vehement nach mir trat. Ich packte Phillips Stuhl an der Sitzkante, zog mich hoch, bis ich auf den Knien lag, und schaffte es, hilflos und ungeschickt meinen unverletzten Arm um den Kleinen zu legen. Wenn er doch nur das Bewusstsein verloren hätte. Der Anblick seines Gesichts war fast mehr, als ich ertragen konnte, und ich hatte ihm keinen Trost zu bieten. Er und ich waren gezwungen, in die Fratzen von Dämonen zu blicken. Alle Regeln der Höflichkeit und Güte, die man uns so sorgsam vermittelt hatte, galten nichts mehr. Es gab keine Belohnung für gutes Benehmen. „Jetzt habe ich extra den Kassettenrekorder geholt, und wir können ihn gar nicht benutzen", schmollte Melanie.
    „Ich glaube, da ist sie misstrauisch geworden, als ich vom Parkplatz fuhr. Ich wollte ihr nicht suchen helfen, also musste ich so tun, als hätte ich sie nicht gehört. Viel Spaß werden wir heute Abend nicht haben."
    „Ich hatte das alles nicht genau genug durchdacht", gestand Bankston zerknirscht. „Jetzt laufen die da draußen die ganze Nacht rum und suchen nach ihr und dem Jungen, und wir müssen uns auch noch zum Suchtrupp melden. Wenigstens haben wir ihren Schlüsselbund, so ohne Weiteres kommen sie hier also nicht rein." Er hielt die Schlüssel hoch, die ich wohl beim Sturz hatte fallen lassen.
    „Meinst du, sie bestehen darauf, sämtliche Häuser zu durchsuchen?", fragte Melanie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher