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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
Autoren: Kim Paffenroth
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auf mir, sie fühlten sich nun so an, wie er sie – das vermute ich jedenfalls – auch stets gemeint hatte: als Ausdruck seiner tiefsten Liebe und der Bewunderung und Hoffnung für mich, die er in sich trug. Und wie jedes andere Mädchen auch, ganz egal, in welcher Umgebung es lebt oder welche Erwartungen ihr Dad an es richtet, war alles, was ich wollte, dass er stolz auf mich war – auch wenn ich das damals, wie schon gesagt, noch nicht so genau verstehen oder zugeben konnte.
    Es war allerdings schwer für meine Mom, zuzusehen, wie ich meinem Dad immer näherkam. Auch sie brachte mir viele Dinge bei, die getan werden mussten, um unser Überleben zu sichern, etwa das Nähen, Weben oder Gärtnern oder dass im Sommer Obst, Kräuter und Nüsse gesammelt und das Essen, das wir für den Winter brauchten, konserviert, getrocknet oder geräuchert werden musste. Sie war eine der wenigen mit einer medizinischen Ausbildung, und die musste für Mensch und Tier reichen. Als die Anzahl der Gemeindemitglieder und die Viehbestände wuchsen, nahm sie mich oft mit, um ihr bei diversen Geburten zu helfen. Mit zwölf hatte ich mehr Menschen- und Tierbabys das Licht der Welt erblicken sehen als andere in ihrem ganzen Leben, und seither sind noch viele dazugekommen. Wie alle anderen auch, hatte sich meine Mom an dieses neue Leben angepasst und Stärken und Fähigkeiten in sich entdeckt, von denen sie nie etwas geahnt hatte.
    Das Leben war härter für sie als für meinen Dad. Auch für Leute wie Mr. Caine und Milton war es hart. Mr. Caine war Professor gewesen, Milton Wissenschaftler, aber nun lebten sie in einer Welt, in der ihre besonderen Fähigkeiten nicht mehr gebraucht wurden, sodass sie sich in mittleren Jahren völlig neu orientieren mussten.
    Aber für Mr. Caine, meinen Dad und viele andere, sogar unter den Älteren, hielt das Leben auch ohne die Dinge, an die sie gewöhnt waren, wenigstens ein paar Vorzüge bereit, auch wenn sie alle stets eilig versicherten, dass diese den entsetzlichen Preis all des vergossenen Blutes nie und nimmer wert waren. Unsere Welt war zwar entschieden gefährlicher und ungemütlicher, sie war jedoch auch sehr viel freier, weniger hektisch und in vielerlei Hinsicht weniger angespannt und bedrückend als die, in der sie zuvor gelebt hatten. Mr. Caine, mein Dad und die anderen lachten oft über veraltete Dinge, unter denen ich mir zwar nur wenig vorstellen konnte – studentische Darlehen, Kreditkarten, Hypotheken, Ratenzahlungen für Autos –, die ihr früheres Leben aber offenbar hin und wieder recht unangenehm gemacht und sich vor zwölf Jahren einfach in Wohlgefallen aufgelöst hatten. Tatsächlich erzählten sie mir, all das sei genau einen Tag, bevor ich geboren wurde, verschwunden.
    Meine Mom schien weniger lebendige oder einfach nur weniger Erinnerungen an die schlechten Seiten der alten Welt zu haben, empfand aber auch eine geringere Wertschätzung für die guten Seiten der neuen. Sie hat mich, meinen Dad und meinen Bruder immer geliebt – ich will auch gar nicht sagen, dass sie das nicht tut oder dass ihre Gefühle schwächer sind als unsere –, in ihrem Inneren hatte sich einfach ein größerer Teil abgeschaltet, als ihre Welt starb, und sie wird immer mehr Bedauern darüber empfinden als andere Menschen. Sie hielt auch, mehr als die anderen, an alten Bräuchen fest. Sie trug beispielsweise ihr Haar lang, wohingegen die meisten anderen es kurz trugen, einfach aus Bequemlichkeit oder aus praktischen bzw. hygienischen Gründen. Sie zog mir Rüschenkleidchen an – viel länger, als die meisten anderen Mütter es mit ihren Töchtern taten, falls sie sich überhaupt die Mühe machten, wenn ihre Mädchen noch ganz klein waren. Als die Stadt rund um das Museum dann geräumt war und wir nach einem neuen Zuhause suchten, weiß ich genau, dass sie unseres deshalb aussuchte, weil ein Klavier darin stand, auch wenn sie irgendwelche anderen Gründe erfand.
    Ein paar Leute beherrschten einige praktischere Instrumente und spielten beispielsweise Gitarre – Instrumente, die man leicht mitnehmen und selbst reparieren und stimmen konnte. Ein Klavier war im Hinblick auf die Zukunft in einer Welt wie der unseren wahrscheinlich nicht die beste Instrumentenwahl, aber Mom wusste noch, wie man spielte, und sie wünschte sich einfach eines. Roger und ich lernten beide darauf zu spielen. Auch ein paar der anderen Eltern schickten ihre Kinder zum Klavierunterricht zu uns, und vielleicht wird es in der nächsten
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