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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
Autoren: Kim Paffenroth
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sah ihn weiter an. Die anderen, die mit mir eingesperrt waren, traten neben ihn vor den Zaun und lehnten sich dagegen, sodass er um sie herumrennen musste, um mich wieder sehen zu können. »Hast du gerade den Kopf geschüttelt?«, rief er, bevor er wieder auf die andere Seite der kleinen Gruppe rannte, die ihm nachgeschlurft war und ihm nun wieder die Sicht auf mich versperrte. »Verstehst du, was ich sage?«
    Ich rüttelte an der Tür und wollte sagen: »Ja, natürlich tue ich das, und könntest du bitte diese Tür öffnen?«, aber alles, was aus mir herauskam, war schmerzerfülltes Gebrüll, also nickte ich stattdessen nur.
    Er sah sehr überrascht aus, trat einige Schritte vom Zaun zurück, setzte sich hin und wartete, bis Milton sich zu ihm gesellte. Ich konnte sie wieder reden hören. Ich beneidete sie darum, dass sie sich einfach so miteinander unterhalten und sich einer anderen Person mitteilen konnten, und nicht gefangen waren, allein, in ihrem eigenen Kopf. »Ich glaube, einer von denen versteht, was ich sage!«, teilte Will Milton mit.
    Milton trat an den Zaun, und die anderen auf meiner Seite der Grenze wichen schlurfend zurück. Milton sah zwar überrascht, aber durchaus erfreut aus. »Wirklich? Welcher?«
    Will deutete auf mich. »Der da, der Typ im Anzug, dem man die Eingeweide rausgerissen hat. Der neben der Tür von dem Lagerraum dort sitzt. Ich habe nur ein bisschen mit ihm gespielt und ihm gesagt, dass da drin niemand ist, den er fressen könnte, und dass er die Tür in Ruhe lassen soll, und da hat er den Kopf geschüttelt, so, als ob er mich verstanden hätte. Dann hab ich ihn gefragt, ob er mich versteht, und da hat er genickt!«
    Nun sah Milton mich an. »Und was noch viel wichtiger ist, Will, das klingt nicht so, als habe er die Türe nur öffnen wollen, um jemanden zum Fressen zu finden! Das ist auch so etwas, worauf ich gehofft hatte – dass die weniger Aggressiven, wenn wir sie von den anderen trennen, sich besser erinnern und klarer würden denken können.«
    Milton lächelte mich an, und mir wurde bewusst, dass er noch freundlicher war, als ich bislang vermutet hatte. Ich versuchte, zurückzulächeln, aber nach den Grimassen zu urteilen, die die beiden daraufhin zogen, nahm ich an, dass dies ebenfalls zu den Dingen gehörte, von denen ich vergessen hatte, wie man sie richtig anstellte.

Kapitel 3
    An den meisten Tagen in jenem Frühling verbrachte ich eine Menge Zeit mit meinem Dad. Da ich nun zwölf war, war es an der Zeit, dass ich mein erstes Gelübde zum Dienst an der Gemeinschaft ablegte. Milton, Mr. Caine, meine Mom und alle anderen Erwachsenen brachten mir etwas bei, gaben mir Ratschläge und halfen mir dabei, mit den neuen Erwartungen und der neuen Verantwortung zurechtzukommen. Natürlich fiel die Hauptverantwortung für meine Ausbildung aber meinem Dad zu. Ich weiß, dass er das sehr genoss, genauso, wie er es in ein paar Jahren genießen würde, meinen jüngeren Bruder Roger auszubilden. Mein Dad hat es immer geliebt, Leute zu unterrichten und ihnen zu helfen, und die Tatsache, dass wir seine Familie waren, machte es nur umso schöner für ihn. Dabei war es von Vorteil, dass sich der Großteil der Ausbildung um »Männerkram« drehte, wie er es ausdrückte, und dass er sich in diesen Dingen bestens auskannte. Oft lachte er und sagte, dass er selbst in der »normalen« Welt – seiner Welt, der alten Welt – ohnehin versucht hätte, einen »echten Mann« aus seiner Tochter zu machen – noch so einer seiner archaischen Sprüche –, aber nun erwartete auch die Gemeinschaft, dass er das tat. Mir schien, als ginge es deshalb für ihn in Ordnung, sodass er kein schlechtes Gewissen deswegen haben musste.
    Natürlich war er aber nicht der Einzige, der es genoss. Das taten wir beide. Wir waren zusammen, waren draußen unterwegs und hatten Spaß – beim Jagen, Angeln und Fährtenlesen. Auch wenn uns die Welt die meiste Zeit über trostlos, verlassen und einsam erscheinen mochte, hatten wir doch wenigstens an ein paar Tagen in jenem Frühling das Gefühl, dass genau die richtige Anzahl Menschen in dieser Welt lebte – nämlich zwei – und dass diese beiden sich sicher und lebendig fühlten und einander sehr zugetan waren. An diesen Tagen machte es mir nichts aus, dass mein Dad mich anders ansah – sein Blick brachte etwas Starkes, Hartes und Unerbittliches aus meinem tiefsten Inneren zutage. Seine Erwartungen lasteten nicht mehr wie eine schwere Bürde oder eine lästige Pflicht
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